Einsparungen: Die Länder und ihr föderaler Nanny-Staat

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Die umstrittenen Rasenmäherkürzungen im Budget bringen noch keine nachhaltige Budgetentlastung. Für echte Finanzreformen braucht der Bund die Länder. Diese drohen aber wieder mit „sehr schwierigen“ Verhandlungen.

Dass Finanzminister Hans Jörg Schelling die Staatsausgaben bis 2019 per Rasenmäherkürzung über Ministerien und Länder um rund 1,1 Mrd. Euro zusammenstreichen möchte, sorgt derzeit gerade für gebührenden Wirbel. Dabei ist das Sparprogramm weder besonders ambitioniert noch – mangels Eingriffs in Strukturen – besonders nachhaltig. Und hoffentlich nur ein Anfang bei der Sanierung der Staatsfinanzen.

Grundsätzlich ist die Idee, einfach die Budgets der Ministerien zu kürzen, effizient und nicht so schlecht. Es ist die Zweitbeste hinter echten Strukturreformen. Aber in Jubel verfallen müssen wir deshalb noch nicht: Eine gesamtstaatliche Ausgabeneinsparung von 1,1 Mrd. Euro entspricht einer Kostensenkung um 0,64 Prozent. Ein Unternehmen, das ein Einsparungspotenzial im Zehntelprozentbereich als großes Kostensenkungsprogramm verkaufen würde, hätte eher die Lacher auf seiner Seite.

Vor allem wenn man die Kostenentwicklung als Vergleichsbasis heranzieht: In den vergangenen vier Jahren sind die gesamtstaatlichen Ausgaben im Schnitt um fünf Mrd. Euro im Jahr gestiegen. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben lag in diesem Zeitraum im Schnitt bei 6,7 Mrd. Euro.

Wenn es jetzt gelingt, die Verwaltungskosten (ohnehin erst ab 2019) um 1,1 Mrd. Euro zu senken, dann hätte man für die nächsten Finanzrahmen nur die jährlichen Ausgabenzuwächse ein wenig eingebremst. Und man hätte das erwartbare gesamtstaatliche Defizit ein wenig verringert. Aber nicht weggebracht. Sanierung der Staatsfinanzen sieht anders aus.

Wahrscheinlich ist in der herrschenden Konstellation auch nicht viel mehr drin. Finanzminister Schelling hat ja dankenswerterweise schon ein paar kleinere Schritte in Richtung Staatssanierung zumindest angekündigt. Aber selbst solche selbstverständlichen Trippelschrittchen, etwa die seit 40 Jahren von Ländern und Gemeinden blockierte einheitliche Bilanzierung, die einen echten Überblick über die finanzielle Lage des Staates ermöglichen würde, stoßen auf heftigsten Widerstand in den Tiefen des Föderalismus.

Man hat das vorgestern gesehen, als der niederösterreichische Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (Niederösterreich hat zurzeit den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz) gemeinsam mit Gemeindebundpräsident Mödlhammer dem Finanzminister mit „sehr schwierigen Finanzausgleichsverhandlungen“ gedroht hat, falls dieser sich erdreisten sollte, ein einheitliches Haushaltsrecht auch für Gemeinden unter 10.000 Einwohnern – also für die Mehrzahl der Kommunen – vorzuschreiben.

Die demnächst startenden Verhandlungen für den Finanzausgleich zwischen Ländern und Gemeinden sind aber entscheidend dafür, ob Österreich das teure Finanzgeflecht zwischen den Gebietskörperschaften effizient reformieren – und damit die Basis für eine echte Staatsreform schaffen kann oder nicht.

Groß dürfte die Reformbereitschaft in den Ländern nicht sein: Sie haben es sich ja recht bequem in einem föderalen Nanny-Staat eingerichtet, in dem sie zwar die wahre politische Macht im Land repräsentieren, aber keine finanzielle Verantwortung übernehmen wollen, dafür hat man ja den Bund.

Einen Einblick in diese Gedankenwelt gewährte der niederösterreichische Finanzlandesrat ebenfalls vor ein paar Tagen: Man wolle sich die 1,2 Milliarden, mit denen die Länder und deren Hypos über die Hypo-Pfandbriefstelle im Kärntner Hypo-Skandal stecken, über den Finanzausgleich zurückholen, weil die Rechnung für Kärnten „nicht Dritte zahlen“ sollen.

Dritte? Kann irgendjemand den Ländern einmal schlüssig erklären, dass sie hier nicht Dritte sind, sondern schlicht Haftungen übernommen haben, für die sie jetzt auch einstehen müssen? Ist das wirklich so schwer zu verstehen? Und: Was ist in diesem Gedankenumfeld eine Landesgarantie noch wert?

In den Ländern scheint es also wenig Bereitschaft zu geben, an einer zukunftsfähigen Neugestaltung der Staatsfinanzen konstruktiv mitzuarbeiten. Damit wackelt aber die gesamte Staatsreform. Und das macht die jetzigen Einsparungsmaßnahmen noch ein bisschen kleiner und unwirksamer.

Dass in einem so negativ konnotiertem Umfeld niemand wirklich investieren und konsumieren will (was Voraussetzung für einen Aufschwung wäre), ist wenig verwunderlich. Die jüngst veröffentlichten Jubelumfragen über mehr Optimismus schlagen sich in der Realität jedenfalls nicht nieder. In den ersten Monaten dieses Jahres sind beispielweise die Mehrwertsteuereinnahmen leicht gesunken (nicht gerade ein Zeichen für bessere Konsumneigung). Budgetiert ist für das Gesamtjahr aber eine Erhöhung der Mehrwertsteuereinnahmen um 3,3 Prozent. Wenn der Trend sich nicht dreht, dann fehlt im Budget allein aus diesem Titel zum Jahresende eine Milliarde. Und die jetzt so umstrittenen Einsparungen wären allein damit schon wieder „aufgejausnet“.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2015)

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