Die zehn besten Wirtschaftslügen

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Wir haben keine Inflation, Nebenbahnen sind umweltfreundlich, E 10 ist ein Biosprit, die Wohnbauförderung dient der Förderung des Wohnbaus und Schuldenbremsen retten den Euro? Selten so gelacht!

Das Jahresende naht und damit die Zeit der Rankings. Wir listen hier die zehn besten Wirtschaftsflunkereien, mit denen man uns derzeit bei Laune hält, auf.

Lüge 1: Die Notenbanken überschwemmen die Märkte zwar mit Geld, zumindest der EZB gelingt es aber, die Teuerung in der Eurozone moderat zu halten.

Die Wahrheit: Angesichts der praktisch zum Stillstand gekommenen Konjunktur ist die Teuerung mit deutlich über drei Prozent viel zu hoch. Der Miniwarenkorb (der alles enthält, was man so im Lauf der Woche zum Leben braucht) ist zuletzt konstant um mehr als sieben Prozent teurer geworden. Bei Sparzinsen, die nicht einmal die Hälfte der Teuerung ausmachen, ist die „Vermögensbesteuerung“ via Inflation also schon in vollem Gang.

Lüge 2: Die Wohnbauförderung fördert den Wohnbau.

Die Wahrheit: Der zwangsweise einbehaltene Wohnbauförderungsbeitrag (ein Prozent vom Bruttolohn) ist längst nicht mehr zweckgebunden und wird zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet. Selbst die Rückflüsse aus bestehenden Darlehen werden von vielen Ländern teilweise zweckentfremdet (etwa durch den Verkauf offener Darlehensforderungen wie in Niederösterreich) .

Lüge 3: Biosprit verbessert die Klimabilanz.

Die Wahrheit: Die erhöhte Zwangsbeimischung von Ethanol zum Benzin (E 10), wie sie demnächst in Österreich eingeführt wird (und den nächsten Benzinpreisschub auslösen dürfte), ist nichts anderes als der Einsatz des Öko-Schmähs für die Einführung einer weiteren versteckten Agrarförderung. Bei seriöser Rechnung, die alle Faktoren einbezieht, ist die Umweltbilanz des „Bio“-Sprits negativ, selbst die CO2-Emissionen sind beim „Öko“-Treibstoff höher als bei rein fossilem Sprit.

Lüge 4: Für die Unternehmensführung ist es egal, ob der Eigentümer ein Privater oder die öffentliche Hand ist.

Die Wahrheit: Einem privaten Großaktionär, der die erwarteten Gewinne der nächsten fünf Jahre per „Vorabdividende“ einkassiert, um damit ein akutes Kapitalloch in einer anderen AG zu stopfen, würden seine Mitaktionäre wohl den Staatsanwalt auf den Hals hetzen. Das Land Tirol macht genau das mit der „Vorabdividende“ der Tiwag zugunsten der an die Wand gefahrenen Landes-Hypo – und hält das wohl noch für eine gelungene Lösung.

Lüge 5: Die Bahn ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel.

Die Wahrheit: Auch wenn man bei den Bahnen anderes erzählt: Das deutsche Ifo-Institut hat die Sache vor ein paar Jahren umfassend durchgerechnet und ist dabei auf eine, wie das die deutsche „FAZ“ nannte, „unbequeme Wahrheit“ gestoßen: Im Nahverkehr verbraucht die Bahn im Schnitt 7,2 Liter „Erdöläquivalent“ pro Passagier und 100 Kilometer, also deutlich mehr als ein durchschnittlich besetzter Mittelklasse-Pkw. Besser sieht die Umweltbilanz der Bahn im Langstreckenverkehr aus: Da matcht sich die Deutsche Bahn mit 3,9 Litern pro Passagier und 100 Kilometer mit dem Auto und dem Flugzeug in einer Liga. In Österreich ist die Fernverkehrsbilanz der Bahn wegen des hohen Wasserkraftanteils in der Stromerzeugung natürlich deutlich besser, im Regionalverkehr mit Dieselloks kommt die Bahn umweltmäßig mit dem Auto aber nicht mit.

Lüge 6: Die österreichischen Banken sind im Europavergleich überdurchschnittlich gut aufgestellt.

Die Wahrheit: Der Kapitalbedarf zur Erfüllung der neuen EBA-Bestimmungen ist bei den österreichischen Banken in Relation zur kumulierten Bilanzsumme wesentlich größer als bei den deutschen.

Lüge 7: Schuldenbremsen können den Euro retten.

Die Wahrheit: Die Rückführung der Schuldenquoten (von einer absoluten Schuldenverringerung redet ohnehin niemand) ist ein wichtiger Schritt, der Grundkonstruktionsfehler des Euro (Einheitswährung ohne einheitliche Strategie) bleibt aber bestehen.

Lüge 8: Die Schwellenländer werden unsere Konjunktur retten.

Die Wahrheit: Anleger wissen: Die BRIC-Story ist seit zwei Jahren vorbei.Die hohe Exportabhängigkeit lässtautonome Konjunkturschübe nicht zu.

Lüge 9: Die Refinanzierungsprobleme europäischer Staaten basieren auf einem US-„Angriff“ auf den Euro.

Die Wahrheit: Ein sehr großer Teil der europäischen Staatsanleihen wird von europäischen Anlegern gekauft. Wenn der „Käuferstreik“ ein „Angriff“ wäre, dann würden also auch Deutsche Bank & Co. den Euro attackieren – ein eher wenig wahrscheinliches Szenario.

Lüge 10: Crime does not pay.

Die Wahrheit: Kein einziger der zahlreichen hiesigen Korruptionsskandale des letzten Jahrzehnts hat bisher zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2011)

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