Ein Hypo-Gipfel als PR-Gag

 ALEXANDER PICKER
ALEXANDER PICKER APA/HYPO ALPE-ADRIA-BANK INTERNA
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Die Großbanken haben die Regierung bei der Hypo-Sanierung abblitzen lassen. Heißt es. Ganz so war es freilich nicht: Die Banken hatten einen konkreten Beteiligungsvorschlag, der aber nicht einmal diskutiert wurde.

Es ist alles wirklich höchst verwirrend. 19 Milliarden? 13 Milliarden? Oder wird uns das Desaster der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank doch „nur“ maximal weitere vier Milliarden Euro kosten, wie deren neuer Chef, Alexander Picker, mutmaßt? Der mittlerweile zurückgetretene Hypo-Aufsichtsratspräsident Klaus Liebscher hat eine neue Zahl ins Spiel gebracht – nämlich 300 bis 400 Millionen Euro. Klingt natürlich gleich viel besser, ist aber als jährliche Budgetbelastung definiert. Über die Jahre kommt man damit leider auch locker auf einen ansehnlichen Milliardenbetrag.

Halten wir also fest: Bei den prognostizierten Kosten des Bankenfiaskos tappen alle noch völlig im Dunkeln. Fix ist derzeit bloß eines: Die vor zwei Wochen von der Bundesregierung präsentierte „Anstaltslösung“ für die Hypo ist die für den Steuerzahler teuerste Variante: Sämtliche riskante Hypo-Assets – eben im Ausmaß von rund 19 Milliarden Euro – werden in eine Bad Bank ausgelagert. Und diese schlagen voll auf die Staatsschuld durch. Unschön, aber so ist das eben. Alternativlos, angeblich. „Man muss den Tatsachen ins Auge blicken“, sagte ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger am 10. Februar.

Das war jener Montag, in den noch große Hoffnungen gesetzt worden waren. Damals hatten sich Vertreter der Regierung mit Vertretern der Großbanken getroffen. Und bei jenem Hypo-Gipfel sollte die für den Steuerzahler günstigere Option ein für allemal geklärt werden: Es ging um die Frage, ob sich die Banken an der Sanierung der maroden Kärntner Bank beteiligen werden.

Der Termin war eine einzige Enttäuschung: Um 16.40 Uhr verschickte die Austria Presse Agentur eine sogenannte Vorrangmeldung. Der Titel: „Hypo-Bad-Bank mit Banken geplatzt“. Und weiter: „Die Regierung hat es nicht geschafft, die heimischen Großbanken für eine Mitfinanzierung einer Bad Bank für die staatliche Krisenbank Hypo Alpe Adria zu gewinnen.“ Um 17.50 Uhr kam eine weitere Meldung der Agentur. Inhalt: „Die Großbanken verweigern sich einer Mitfinanzierung einer Bad Bank für die staatliche Hypo Alpe Adria.“

Aus der Traum. Aber keineswegs das Ende der Geschichte. Diese sollte jedenfalls erzählt werden. Denn gar so, wie die Regierung glauben machen will, war es nicht.

Der Reihe nach: Der Termin fand an besagtem Montag um 14 Uhr im Bundeskanzleramt statt. Journalisten waren unerwünscht. Logisch: Sie hätten nämlich sonst mitbekommen, dass der Termin nur rund eine halbe Stunde dauerte. Ein damals anwesender Banker: „Für das Gespräch war eine Stunde eingeplant. Die Regierungsvertreter haben uns aber eine halbe Stunde warten lassen.“

Eine gute halbe Stunde für „Verhandlungen“ – das ist für eine Runde dieser Größe ein durchaus ehrgeiziger Zeitplan. Anwesend waren an jenem Montag nämlich: Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Spindelegger. Die Staatssekretäre Jochen Danninger (ÖVP) und Sonja Steßl (SPÖ). Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) und der Chef der Statistik Austria, Konrad Pesendorfer. Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny und Hypo-Aufsichtsratschef Liebscher. Von den Banken waren Erste-Chef Andreas Treichl und Bank-Austria-Chef Willibald Cernko anwesend. Raiffeisen wurde von Risikovorstand Johann Strobl vertreten.

Ein Banker erzählt, er habe den Eindruck gehabt, der Termin sei bloß aus PR-Gründen über die Bühne gegangen. Denn „wirklich verhandelt wurde dort mit uns nicht“. Dabei hatten die Banken durchaus einen Vorschlag anzubieten. Es ging um die Bankenabgabe, die seit Anfang 2011 eingehoben wird.

In den Medien war im Vorfeld des montäglichen Termins verlautbart worden, die Banken wollten die Streichung oder zumindest die Kürzung dieser Abgabe, quasi als Entgegenkommen für eine Beteiligung, erwirken. Das stimmt so auch nicht: Tatsächlich machten sie an jenem Montag den Vorschlag, die Bankenabgabe im vollen Umfang für die nächsten drei Jahre zu akontieren – dies allerdings zweckgebunden für die Hypo. In Summe hätte dies immerhin fast zwei Milliarden Euro gebracht.

Das war gleichsam die Bedingung für eine Beteiligung – eine Beteiligung aller Banken, die die Abgabe bezahlen müssen. Bedingung Numero zwei: eine sogenannte Due-Diligence-Prüfung – also die Offenlegung aller Hypo-Daten. Auf diese hatten die Banken bestanden. Verständlicherweise, schließlich müssen sie ihren Aktionären Rede und Antwort stehen. Deswegen wollten sich die Banken auch vertraglich absichern lassen, dass – sollten im Lauf der Zeit irgendwelche Leichen im Hypo-Keller auftauchen – die Regierung dafür geradestünde.

Das Ansinnen wurde schlichtweg abgelehnt, über den Vorschlag der Banken wurde nicht einmal ansatzweise diskutiert. Ein Banker formuliert das so: „Es gab kein gemeinsames Arbeiten an einer Lösung.“

Warum? „Faymann hat uns gleich mitgeteilt, dass für ihn eine Zweckwidmung der Bankenabgabe undenkbar ist.“ Keine große Überraschung: Faymann hatte sich von Anfang an dafür starkgemacht, dass die Bankenabgabe – anders als in anderen europäischen Ländern – für das Stopfen von Budgetlöchern verwendet wird. Als dann noch Statistik-Chef Pesendorfer einwarf, dass mit einer Bankenbeteiligung die Hypo-Schulden sehr wohl den Staatschulden zugerechnet werden könnten, war das Gespräch beendet. Machten die Banken bloß einen Vorschlag, von dem sie wussten, dass er niemals akzeptiert würde? Mag sein. Jedenfalls sind sie jetzt aus dem teuren Hypo-Desaster fein raus, der Steuerzahler nicht.

Aus politisch-populistischer Sicht ist es daher nur logisch, dass die Mär verbreitet wird, die Banken hätten einfach Nein gesagt. Klaus Liebscher, der den beschriebenen Gesprächsverlauf der „Presse“ bestätigt, meint: „Die in der Öffentlichkeit vertretene Meinung ,Banken lassen Regierung abblitzen‘ greift zu kurz.“ Ihm hätten die Banken jedenfalls schon vorher von ihrem Vorschlag berichtet; diesen habe Liebscher „bereits in der Sitzung am 27. Jänner der Regierungsspitze mitgeteilt“. Trotzdem habe die Regierung auf dem Termin mit den drei Banken an jenem 10. Februar bestanden.

Selten klare Worte im allgemeinen Hypo-Wirrwarr.

AUF EINEN BLICK

Die Großbanken werden sich nicht an einer Sanierung der Hypo Alpe Adria beteiligen. Das wurde am 10.Februar offiziell – jenem Montag, an dem die Regierungsspitze die Bankenvertreter öffentlichkeitswirksam ins Bundeskanzleramt zum Hypo-Gipfel baten. Was der Öffentlichkeit vorenthalten wurde: Das Gipfelgespräch war rasch vorüber. Und das Ondit, dass die Banken die Regierung haben abblitzen lassen, stimmt so auch nicht.

Vielmehr unterbreiteten die Banken der Regierung einen Vorschlag, über den allerdings erst gar nicht diskutiert wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2014)

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