Glücksspiel: Jeder macht sein Spiel

(c) FABRY Clemens
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Noch im Juni werden drei Lizenzen für neue Casinos vergeben. Die Politik mischt natürlich ordentlich mit. Während die SPÖ strategisch nichts dem Zufall überlässt, bahnt sich in der ÖVP Streit an.

Die Ausschreibung läuft schon seit eineinhalb Jahren. Muss also eine höchst komplizierte Sache sein. Ist es auch, zumal in Österreich. Aber das Ende naht: Noch im Juni soll das Finanzministerium unter ÖVP-Chef Michael Spindelegger entscheiden, wer die drei ausgeschriebenen Lizenzen für neue Casinos bekommt. Es wäre nicht Österreich, würde daraus nicht ein Politikum der Sonderklasse werden. Die Sache verspricht also, noch recht lustig zu werden – schrägen Humor vorausgesetzt.

Aber der Reihe nach, weil die Angelegenheit gar so kompliziert ist: Zwei der zu vergebenden Konzessionen sind in Wien, eine in Niederösterreich.

Konzession Numero eins betrifft die Wiener Bezirke 3 bis 19 und 23. Um diese Lizenz buhlen gleich vier Bewerber: Die Casinos Austria haben sich um einen Standort im 19. Bezirk beworben. Novomatic-Chef Franz Wohlfahrt hingegen möchte seine Automatenhalle im Böhmischen Prater zu einem Casino ausbauen. Dann gibt es noch Immobilieninvestor Michael Tojner: Ihm gehört bereits das Wiener Hotel Intercontinental, er will dort ein elegantes Casino errichten, gemeinsam mit den börsenotierten Century Casinos. Auch ausländische Unternehmen sind an einem Wiener Standort interessiert: die Schweizer Stadtcasinos Baden hat mit der deutschen Gauselmann-Gruppe ein Auge auf das Palais Schwarzenberg geworfen.

Konzession zwei ist für zwei Bewerber interessant – nämlich Novomatic und die Casinos Austria. Hier geht es um den Standort im Wiener Prater. Novomatic betreibt im Prater ja bereits eine Halle mit 400 Automaten und will das Ganze zu einem Casino umbauen. Die Casinos Austria wollen dort überhaupt neu errichten – beim Riesenrad.

Auf Konzession drei, die niederösterreichische, hoffen ebenfalls Casinos Austria und Novomatic. Es geht um die Standorte Krems und Bruck/Leitha.

So weit, so erfreulich. Wettbewerb ist ja immer höchst belebend. Das Problem ist nur: Der sogenannte Glücksspielbeirat, der die Bewerbungen bewertet, hat schon seine Favoriten auserkoren. Und siehe da: Für alle drei Konzessionen rangieren die Casinos Austria auf Platz eins.

Kein Wunder, könnte man meinen. Das Glücksspielgesetz kommt der Casinos AG auch sehr entgegen. Dort, im Paragraf 21, wird nämlich die „Erfahrung“ als wichtiges Kriterium für einen Zuschlag angeführt. Und unter diesem Gesichtspunkt können die Casinos Austria fein Punkte sammeln.

Aber es ist schon auch so, dass die Politik da heftig mitmischt. Klar: Kaum eine Branche ist so mit der Politik verzahnt wie die Glücksspielbranche. Sie ist ja auch eine immens wichtige Steuerquelle. Gleichzeitig ist das Problem Spielsucht ein politischer Dauerbrenner. Da schadet es nicht, auf bestes Einvernehmen zu bauen. Gute Beziehungen sind in der österreichischen Wirtschaft ja unerlässlich, in der Glücksspielbranche erst recht.

So hat Casinos-Chef Karl Stoss seiner Bewerbung vorsichtshalber ein Schriftstück beigelegt, in dem er sich auf die „Unterstützung von Bürgermeister Michael Häupl“ für die Standorte in Wien beruft. Um auf Nummer sicher zu gehen, hat sich Stoss – der ja der schwarzen Reichshälfte zuzuordnen ist – einen besonderen Schachzug ausgedacht: Sein Vorstandskollege Dietmar Hoscher muss antichambrieren.

Hoscher ist lupenreiner Sozialdemokrat – unter Genossen wird er übrigens schon als möglicher Nachfolger von Kanzler Werner Faymann gehandelt. Jedenfalls wird Hoscher neuerdings regelmäßig im Finanzministerium gesehen – bei der für das Glücksspiel zuständigen SPÖ-Staatssekretärin Sonja Steßl.

Die Roten überlassen also nichts dem Zufall. Und die Schwarzen? Da bahnen sich wieder einmal gröbere Wickel an. Wegen der Konzession in Niederösterreich.

Auch hier sind die Casinos Austria topgereiht. Dadurch ist Finanzminister Spindelegger in der Zwickmühle. Just der mächtige ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll hat zu dem Thema nämlich eine höchst eindeutige Meinung.

Der „Presse“ liegt die Stellungnahme der niederösterreichischen Landesregierung vor, die „für den Landeshauptmann“ ans Finanzministerium geschickt wurde. Das Schreiben enthält Klartext: Der für ein Casino in Erwägung gezogene Standort Krems berge „wesentlich mehr Planungsrisken und Konfliktpotenziale“ als der Standort Bruck/Leitha. Das liege daran, dass sich ein Casino in Krems im Zentrum befände. Ein Casino in Bruck/Leitha würde hingegen „in einem Wirtschaftspark außerhalb der Zentrumszone“ entstehen. Die NÖ Landesregierung kommt aus dem Schwärmen gar nicht heraus: „Die zu erwartende Belastung durch vermehrten Kfz-Verkehr in den Abendstunden wird sich demnach nicht unmittelbar auf die Wohnbevölkerung auswirken.“

Und erst die regionalen Faktoren. Auch da hat Bruck/Leitha bei der Landesregierung die Nase vorn: Da der Standort „direkt an das Burgenland angrenzt, werden auch die burgenländischen Nachbarbezirke in die Berechnung miteinbezogen. Zudem ist bei diesem Standort, aufgrund der Nähe zu Bratislava, auch das ausländische Kundenpotenzial zu beachten.“ Krems stinkt in dem Papier ziemlich ab: „Am Standort Krems ist nicht davon auszugehen, dass Nachbarbundesländer bzw. Nachbarstaaten im Einzugsgebiet dieses Standorts liegen.“

Fazit der Pröll-Beamten: Bruck/Leitha sei „klar zu präferieren“.

Klingt fundiert, hat aber in Wahrheit einen politischen Hintergrund: Für den (verschmähten) Standort Krems haben sich die Casinos Austria beworben. Für (das bejubelte) Bruck/Leitha setzt sich Novomatic ein. Und das Unternehmen ist mit seiner Zentrale in Gumpoldskirchen allemal ein niederösterreichisches. Mit Erwin Pröll als Schutzpatron.

Armer Michael Spindelegger. Staatssekretärin Steßl ist zwar für das Glücksspiel zuständig. Aber die Letztentscheidung für die Lizenzvergabe liegt beim Finanzminister.

Was tun? Dem Glücksspielbeirat folgen, der sich für die Casinos Austria (also Krems) ausspricht? Oder Erwin Pröll bei Laune halten?

Die Sache bleibt kompliziert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2014)

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