Bahn fahren, Nerven sparen?

Erich Forster
Erich Forster(c) Die Presse
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Die private Westbahn wird drei Jahre alt. Doch zu feiern gibt es nicht viel. Vor allem Ex-Monopolist ÖBB macht Westbahn-Chef Erich Forster zu schaffen. Jetzt hat er gleich zwei Beschwerden bei der Wettbewerbsbehörde eingebracht.

Kummer ist Erich Forster irgendwie gewohnt. Die private Westbahn, deren Chef er ist, begeht demnächst ihren dritten Geburtstag – aber Jungspund-Feeling gibt es dort eher nicht. Dazu war der Nervenverschleiß in den ersten drei Lebensjahren eindeutig zu groß.

Da wäre zunächst einmal die recht hohe Fluktuation in der Chefetage: Westbahn-Gründer Stefan Wehinger musste nach Differenzen mit Ko-Gründer Hans Peter Haselsteiner schon ein halbes Jahr nach Start der Westbahn gehen. Dann kam der Haselsteiner-Vertraute Clemens Schneider. Dieser wurde dort allerdings nach knapp eineinhalb Jahren von Haselsteiner wieder abgezogen – und in den Immobilienkonzern Conwert gesetzt. Jetzt ist Erich Forster, der von Anfang an dabei war, alleiniger Chef des Unternehmens.

Gewinnprognose revidiert

Auch nicht lustig. Jahr für Jahr musste die Prognose, wonach die Westbahn Gewinne schreiben wird, revidiert werden. Zuerst hieß es, dies werde 2012 passieren. Dann wurde auf 2013 verschoben, dann auf 2014. Jetzt soll es 2015 so weit sein. Forster: „Wir haben im Oktober erstmals schwarze Zahlen geschrieben, wir entwickeln uns wirklich gut.“

Aber noch gibt es jede Menge Ärger. Vor allem mit dem einstigen Monopolisten und nunmehrigen Mitbewerber ÖBB. Klar, dass die Bundesbahnen über ihren Konkurrenten wenig begeistert sind. Und sie haben das die Westbahn auch von Anfang an spüren lassen. Die Rechtsstreitigkeiten über Hürden, die die ÖBB der Westbahn in den Weg gelegt haben, füllen mittlerweile unzählige Aktenordner.
Jetzt ist wieder etwas dazugekommen. Die Westbahn hat in den vergangenen Wochen bei der Wettbewerbsbehörde gleich zwei Beschwerden gegen die ÖBB eingebracht.
Beschwerde Numero eins ist mit 13. November datiert. Und ihre Vorgeschichte ist einigermaßen amüsant – sofern man als Steuerzahler über eine hohe Frustrationstoleranz verfügt.

Ärgernis Vorteilskarten

Sie beginnt im März des vergangenen Jahres. Damals hatte die Westbahn ein neues Geschäft gewittert: Präsenz- und Zivildiener bekommen ja schon seit Längerem ÖBB-Vorteilskarten. Das müsste auch vonseiten der Westbahn möglich sein. Dachte Forster. Er schrieb sogleich an das Verteidigungsministerium (das für die Präsenzdiener zuständig ist) und bekam auch prompt eine Antwort. Inhalt: Für 2013/14 sei der Zug leider schon abgefahren. Aber für den Vergabezeitraum März 2014 bis Februar 2015 gebe es noch Möglichkeiten. Die Westbahn möge ein Anbot legen. Bis spätestens 14. August 2013.

Gesagt, getan. Und das Anbot war auch recht günstig. Motto: Wenn das Ganze schon kein großartiges Geschäft ist, potenzielle Kunden wären damit wenigstens gewonnen. Doch das Angebot wurde abgelehnt. Die schriftliche Begründung: Das Ministerium habe „nach umfassender Berechnung und einem Vergleich mit dem Mitbewerber festgelegt, das Angebot nicht anzunehmen“.

Forster nahm es stoisch zur Kenntnis, war halt nichts. Vor wenigen Wochen änderte sich aber seine Gemütslage. „Da bin ich in Rage gekommen“, sagt er. Da machte nämlich eine recht dramatische Agenturmeldung die Runde: Für Zivildiener werde es keine ÖBB-Vorteilscard mehr geben. Grund dafür sei, „dass die ÖBB eine deutlich höhere Abgeltung vom Innenministerium verlangen als bisher“.
Wen es betrifft? Keine Bange. Schon tags darauf gab es Entwarnung. Es werde verhandelt, hieß es, und man wird sich schon irgendwie einigen. Erich Forster ist aber immer noch reichlich unentspannt und wittert ein System dahinter – auch bei den Präsenzdienern: „Die ÖBB unterbieten uns mit Dumpingpreisen. Und holen sich das Geld vom Ministerium zurück.“

In der Beschwerde an die Wettbewerbsbehörde heißt es, es sei „evident“, dass die ÖBB „als Marktbeherrscher ihre wirtschaftliche Vorrangstellung ausgenutzt haben, um die Beschwerdeführerin (Westbahn, Anm.) aus dem Markt zu drängen.“

Keine Schalter für Westbahn-Tickets

Die andere Beschwerde an die Wettbewerbsbehörde ist einen Monat älter. Und darin geht es darum, dass es der Westbahn nur möglich ist, Tickets online zu verkaufen. Bahnhofschalter, Automaten, Callcenter der ÖBB bleiben dem Neuling verwehrt. Das ist offenbar eine weit verbreitete Praxis. In Deutschland gibt es deswegen auch schon ein Kartellverfahren gegen die Deutsche Bahn. Mitbewerber haben dort ebenfalls beklagt, dass sie nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, Fahrkarten zu verkaufen.

Jetzt ist also die Wettbewerbsbehörde im dreijährigen Streit zwischen ÖBB und Westbahn am Zug. Zuvor war es der Schienenregulator – der die mysteriös von den ÖBB eingeführten hohen Stationsentgelte und Geschwindigkeitsaufschläge untersagte. Auch der Verwaltungsgerichtshof war schon am Wort. Er hat Gebührenerhöhungen durch die ÖBB als „möglicherweise“ diskriminierend gegenüber Konkurrenten bewertet.
Jetzt ist noch der Rechtsstreit über sogenannte Infrastrukturbenützungsentgelte offen. Und eben auch die Beschwerden bei der Wettbewerbsbehörde. „Wenn das alles erledigt ist“, sagt Forster, „können wir endlich wirklich Wettbewerb machen.“

ÖBB-Chef Christian Kern ist ob der permanenten Streitigkeiten mit dem Mitbewerber jedenfalls schon einigermaßen ungehalten: „Wir sind wirklich nicht an allen Problemen der Westbahn schuld“, sagt er.
Verärgert ist er vor allem über die Beschwerde in puncto Präsenz- und Zivildiener, die für ihn offenbar auch nicht gerade das Megageschäft darstellen: „Wenn die Westbahn Karten verkaufen möchte, die zu 85 Prozent rabattiert werden, dann werden wir das sicher nicht verhindern“, so Kern.

Sonst ist er auffallend darum bemüht, sich versöhnlich zu geben: etwa bei den Möglichkeiten für die Westbahn, Tickets zu verkaufen. Kern: „Die Infrastruktur dafür kostet natürlich Geld. Wenn die Westbahn bereit ist zu zahlen, werden wir vernünftig darüber reden können.“
Nachsatz des ÖBB-Chefs: „Es ist Zeit, diesen Kindergarten zu beenden. Wir werden jedenfalls unseren Beitrag dazu leisten.“

Das ist einmal eine gute Nachricht für Erich Forster.

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