ÖIAG: Nachrang für den Verkehrsminister

Alois Stöger
Alois Stöger(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Vor wenigen Monaten war er noch Ablösekandidat. Dann wurde Alois Stöger überraschend SPÖ-Verkehrsminister. Bei der neuen ÖIAG darf er dennoch nicht mitmischen – wegen parteiinterner Animositäten.

Es hätte so schön sein können. Eine Geschichte mit überraschenden Wendungen, eine Geschichte mit Happy End. Teil eins der Story war jedenfalls schon vielversprechend. Er handelt von Alois Stöger, der von 2008 bis 2014 SPÖ-Gesundheitsminister war. Ein recht farbloser Minister, wohlgemerkt, und so galt Stöger schon 2013 als fixer Ablösekandidat.
Es kam anders, ganz anders: Anfang September 2014 wurde Alois Stöger in der Regierungsmannschaft sogar aufgewertet. Er übernahm das wichtigste SPÖ-geführte Ministerium, jenes für Verkehr, Innovation und Technologie – und dieses verwaltet immerhin Milliardenbeträge.
Mit seinem Verbleib in der Regierung hatte keiner gerechnet, mit dem Karrieresprung schon gar nicht. Aber SPÖ-Chef Werner Faymann war angesichts des bevorstehenden Parteitages im November eben schon ziemlich nervös: Um die Genossen in Oberösterreich gefügig zu machen, gab es also ein Avancement für den oberösterreichischen Gewerkschafter Alois Stöger.
Schön für ihn. Doch es sollte noch schöner kommen – Teil zwei der feinen Lazarus-Story, nämlich. Dieser zeichnete sich erst vergangene Woche ab. Da hatte sich die Regierung endlich auf eine „Reform“ der Staatsholding ÖIAG geeinigt. Das große Novum besteht dabei im sogenannten Nominierungsausschuss, der Aufsichtsratsmitglieder für OMV, Telekom Austria und Post ernennen soll – jedenfalls jene, die die Interessen der Republik Österreich vertreten sollen. Und siehe da: Alois Stöger sollte, so hieß es von Anfang an, in diesem mächtigen Ausschuss sitzen. Zweifellos eine neuerliche Aufwertung des Ministers – wiewohl diese auch eine gewisse Logik hat: Immerhin ressortieren die Telekom Austria und die Post zu seinem Ministerium.
Doch aus dem Happy End für Stöger wurde nichts. Ganz plötzlich wurde vor wenigen Tagen lapidar mitgeteilt: Von der SPÖ-Regierungsmannschaft wird Staatssekretärin Sonja Steßl in den Nominierungsausschuss gehen.
Das ist schon eine ordentliche Überraschung.
Aber warum nur? Die offizielle Begründung ist denkbar unspektakulär. Man habe beschlossen, so verlautet aus dem Bundeskanzleramt, dass bloß Staatssekretäre in den Ausschuss entsandt werden. Das klingt einleuchtend: Denn auch von ÖVP-Seite kommt Staatssekretär Harald Mahrer in den Ausschuss – und nicht Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.
Staatssekretäre statt Ministern also, soll sein. Aber was war das Motiv dahinter? In SPÖ-Kreisen wird darüber bereitwillig Auskunft erteilt. Genossen erzählen, dass Faymann und seine rechte Hand, Minister Josef Ostermayer, Stöger nicht sonderlich zugetan sein sollen. Klar, wenn man die Welt (respektive die Partei) in zwei Lager teilt: Da gibt es dann bloß Faymann-Sympathisanten versus Anhänger von dessen „Gegner“, ÖBB-Chef Christian Kern. Stöger steht unter schwerem Verdacht, auf Kern-Seite zu stehen.

Die Anzeichen dafür sind relativ diffus, für Faymann & Co. aber offenbar ausreichend: Zunächst einmal versteht sich Stöger blendend mit dem ÖBB-Chef, die Zusammenarbeit beider soll hervorragend laufen.
Und da war dann auch noch die Sache im September 2014. Damals hatte der Landeschef der SPÖ Oberösterreich, Reinhold Entholzer, ins Linzer Café Central eingeladen – zu einer Diskussionsveranstaltung mit Christian Kern. Zeitungen berichteten damals und zitierten einen Anwesenden mit: „Den kann ich mir als Bundeskanzler vorstellen.“ Entholzer bekräftigte übrigens vor wenigen Tagen: Kern sei sehr wohl eine Alternative zu Faymann.
Merke: Die Politik ist ein undankbares Geschäft. Da hält Faymann trotz allem an seinem oberösterreichischen Minister fest, befördert diesen sogar. Und just die Oberösterreicher heizen die Obmanndebatte weiter an.
Ob Alois Stöger still und heimlich mit von der Königsmörder-Partie ist? Man weiß es nicht – in der Obmanndebatte hat er bislang geschwiegen. Aber vorsichtshalber soll ihm nicht auch noch zusätzliche Macht via Nominierungsausschuss zuteilwerden. Da ist die berechenbarere Sonja Steßl dem Kanzler um Eckhäuser lieber.
Groß muss also Faymanns Ärger sein, weil er Stöger 2014 im Regierungsteam behalten hat. Und dass Stöger als Verkehrsminister durchaus geschätzt wird, macht die Sache auch nicht besser.
Im Ministerium wird Stöger zwar als „etwas schrullig“ belächelt: Er habe eine Vorliebe für Schokobananen und spaziere des Öfteren gedankenverloren im Haus herum, wird prustend erzählt. Außerdem bringe er Beamte regelmäßig mit seiner i-Tüpferl-Reiterei auf die Palme: Für jedes Thema werde einfach unglaublich viel Zeit aufgewendet, bei Gesetzesvorlagen werde jedes Wort, jede Satzstellung hinterfragt.

Alois Stöger ist ein Minister, der den großen Auftritt eher meidet – international erst recht, weil sein Englisch gerade einmal für Small Talk reicht. Dafür nimmt er jedes Wochenende Berge von Akten mit nach Hause. „Er ist wahrscheinlich der erste Verkehrsminister, der die Universaldienstverordnung der Eisenbahner bis ins letzte Detail studiert hat“, erzählt ein Mitarbeiter. Intern wird er demnach hinter vorgehaltener Hand „der Verwaltungsdirektor“ genannt.
Gerade dieses Faible für Gesetzestexte, Verordnungen und technische Details führen aber dazu, dass erstaunlicherweise just die Grünen vom Verkehrsminister durchaus angetan sind.
Der grüne Verkehrssprecher Georg Willi erzählt etwa, dass Stöger ihn 14 Tage nach seinem Amtsantritt zu einem Gespräch eingeladen hat. „Das hat mehr als eine Stunde gedauert.“ Und: „Von seiner Vorgängerin Doris Bures gab es eine solche Einladung nie.“
Willi schwärmt jedenfalls regelrecht von Stöger: „Ich sehe den Wechsel im Ministerium von Bures zu Stöger sehr positiv. Bei Bures hatte man den Eindruck, dass die Parteilinie wichtiger ist, Stöger geht es um die Sache.“ Nachsatz: „Auch die Mitarbeiter im Ministerium atmen auf über diesen Stilwechsel. Sie dürfen jetzt offener an die Dinge herangehen.“
Nicht, dass Stöger frei von jeder Ideologie wäre. Die Grüne Gabriela Moser, die als langjährige Verkehrssprecherin acht Minister erlebt hat, ist schon der Meinung, dass Stöger „vor allem die Linie der Gewerkschaft vertritt“. Kunststück: Der gelernte Maschinenschlosser Stöger war ja auch seinerzeit Vorsitzender der oberösterreichischen Gewerkschaftsjugend, später Sekretär der Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie.
Dennoch findet ihn auch Moser „persönlich sehr bemüht, sehr korrekt. Er hat halt innerparteilich einen schweren Stand.“
Keine schöne Geschichte.

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