Porr: Konzern-Chef verzweifelt gesucht

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Die Suche nach einem neuen Porr-Chef gestaltet sich eher zäh. Das liegt daran, dass die Interessen der Großaktionäre schwer auf einen Nenner zu bringen sind. Und dass die SPÖ Wien glaubt, mitreden zu müssen.

Lustig ist das alles ganz sicher nicht. Eher mühsam. Die Eigentümer von Österreichs drittgrößtem Baukonzern, der Porr AG, stehen vor einem Rätsel: Wer soll neuer Konzernchef werden? Seit Mitte Juni kiefeln sie schon an dem Problem. Damals hat der langjährige Konzernchef Wolfgang Hesoun so mir nichts, dir nichts bekannt gegeben, dass er per 1. September in die Siemens-Chefetage wechseln wird. Seitdem ist in der Porr Hektik angesagt.

Dort werden Hofübergaben nämlich gerne von langer Hand geplant: Hesoun beispielsweise ist im Konzern jahrelang als „Kronprinz“ seines Vorgängers Horst Pöchhacker aufgebaut worden. Für Hesoun selbst gibt es allerdings keinen Thronfolger. Mit seinem spontanen Abschied war ja keinesfalls gerechnet worden.

Nutzt nichts, ein neuer Chef muss her. Headhunter Spencer Stuart wurde also gebeten, Kandidaten für den Job zu finden, und das war wohl auch kein Honiglecken. Denn die Großaktionäre der Porr AG sind eher selten auf einer Linie, um das einmal vorsichtig zurückhaltend zu formulieren.

Die Großaktionäre, das sind: die der Bank Austria nahestehende B&C-Gruppe, die 38,70 Prozent an der Porr hält, der Tiroler Unternehmer Klaus Ortner, dem 28,73 Prozent gehören, die türkische Renaissance-Gruppe mit einem 10,22-prozentigen Anteil und die Wiener Städtische Versicherung mit 9,18 Prozent.

Die österreichischen Großaktionäre geben sich schon seit Jahren einen Kampf um Macht und Einfluss im Konzern – was diesem eher nicht so gutgetan hat. So wurde die vom Konzernvorstand urgierte Kapitalerhöhung jahrelang von den Großaktionären verhindert – weil irgendeiner stets seine Zustimmung an Bedingungen knüpfte, die anderen diese aber aus lauter Misstrauen strikt ablehnten. Die Kapitalerhöhung fand dann im Herbst 2009 doch endlich statt. Friede ist deswegen noch lange nicht eingekehrt.

Kein Wunder also, dass sich die Suche nach einem Hesoun-Nachfolger wie ein Strudelteig zieht: Die Interessen der Großaktionäre könnten auch in dieser Frage unterschiedlicher nicht sein.

Unternehmer Klaus Ortner soll einen ausgewiesenen Fachmann an der Konzernspitze wünschen. Die B&C-Gruppe wiederum würde einen Manager bevorzugen, der entweder kein Alpha-Tier ist oder zumindest der Gruppe nahesteht. Also einer, bei dem sich die B&C-Gruppe leichttäte, eigene Interessen durchzuboxen. B&C befürwortet überhaupt einen Umbau des Konzerns in eine Holding, unter der operative Tochtergesellschaften zusammengefasst sind. Dies würde den künftigen Porr-Chef deutlich entmachten.

Wiener-Städtische-Chef Günter Geyer wiederum ist in einer recht angenehmen Position: Der Versicherungskonzern will sich demnächst von seinen Porr-Anteilen trennen. Wer die Porr in Hinkunft leitet, kann Geyer also relativ egal sein. Und doch dürfte er – wenn die konzerninternen Gerüchte stimmen – nicht unwesentlich daran beteiligt sein, dass neuerdings auch die Politik bei der Wahl des Porr-Generals in spe mitmischt: Die SPÖ Wien ist da plötzlich recht umtriebig geworden.

Ganz abwegig ist das nicht: Die Wiener Städtische hat traditionell ein überaus enges Verhältnis zur Gemeinde Wien. Und die Wiener Stadtwerke, die der Stadt Wien gehören, halten rund 4,5 Prozent an der Porr. Vor Jahren schon berichteten Medien, der Wiener SPÖ-Chef Michael Häupl strebe nach mehr Einfluss im Baukonzern.

Tatsache ist, dass die SPÖ Wien seit einigen Tagen eifrigst darum bemüht ist, einen Mann ihres Vertrauens in die Porr-Chefetage zu hieven. Und da werden nicht bloß Namen lanciert. Bei den Porr-Großaktionären wurde auch heftig interveniert. Für den früheren Generalinspektor der Wiener Sicherheitswache, Franz Schnabl, beispielsweise. Der SPÖler ist ja vor Jahren vom seinerzeitigen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser abgelöst worden. Mittlerweile ist Schnabl Sicherheitschef beim Autozulieferer Magna, wäre aber angeblich einem Wechsel in die Bauwirtschaft ganz und gar nicht abgeneigt. Was ihn allerdings für den Job qualifizieren soll, bleibt offen. „Das ist ja alles nur noch schrullig“, grantelt ein Porr-Aktionär.

Doch die SPÖ will das nicht so eng sehen. Und so ist auch der Name Josef Ostermayer gefallen. Auf den Medien-Staatssekretär ist die SPÖ wohl gekommen, weil Ostermayer jahrelanger, treuer Weggefährte von Werner Faymann ist – schon, als der Wiener Wohnbaustadtrat war. Ostermayers Kontakte zur Immobilienbranche und seine engen Bande zum Bundeskanzler dürften der Partei als Qualifikation reichen. Ostermayer will von all dem nichts wissen. Es habe zu dem Thema keine Gespräche mit ihm gegeben, lässt er ausrichten. Außerdem interessiere ihn der Job nicht, er sei mit seiner jetzigen Aufgabe „mehr als zufrieden“.

Handfestes Interesse am Porr-Job soll hingegen Christoph Matznetter haben. Der frühere SPÖ-Finanzstaatssekretär und nunmehrige Chef des Freien Wirtschaftsverbandes in der Wirtschaftskammer hätte, so seine Fürsprecher, exzellente Kontakte zur Wirtschaft. Matznetter selbst sagt dazu nur: „Ich habe mich nicht beworben und wurde logischerweise auch nicht zum Hearing eingeladen.“

Ach ja, das Hearing. Das fand am Dienstag dieser Woche statt. Die SPÖ-Kandidaten waren tatsächlich nicht geladen (was im Übrigen auch nicht notwendig ist). Vielmehr haben sich dort jene Kandidaten vorgestellt, die Stuart Spencer in die engere Wahl genommen hat. Ganz oben auf der Liste: Karl-Heinz Strauss, Chef des Immobilienentwicklers Strauss & Partner. Strauss führte im Vorjahr übrigens intensive Verhandlungen über den Erwerb von nennenswerten Porr-Anteilen – die sich (vorerst?) zerschlagen haben.

Ebenfalls in der engeren Wahl: Josef Mayböck, bis vor Kurzem Finanzvorstand des Linzer Anlagenbauers MCE, davor Manager bei der Strabag. Von der Strabag kommt auch Wolfgang Merkinger, der ebenfalls Chancen auf den Porr-Job hat. Die B&C-Gruppe pusht Thomas Jakoubek, seines Zeichens Chef der WED Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum sowie der BAI Bauträger Austria Immobilien GmbH – beide gehören zur Bank Austria. Aus der Wiener Städtischen stünde Vorstand Martin Simhandl zur Verfügung. Sollte der neue Job intern nachbesetzt werden, dann würde die Wahl auf Hesouns Kollegen Johannes Dotter fallen.

Nächste Woche soll es zur Entscheidung kommen. Glauben wir's einmal.

auf einen blick

Die Allgemeine Baugesellschaft A. Porr AG ist nach Strabag und Alpine der drittgrößte Baukonzern in Österreich. Rund 12.000 Mitarbeiter erwirtschaften einen Jahresumsatz von 2,5 Mrd. Euro, das Konzernergebnis liegt bei 31 Mio. Euro. Porr notiert an der Börse. Nur rund 13 Prozent der Anteile sind aber im Streubesitz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2010)

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