Alles ist besser als die Verstaatlichung von Banken

Die Sache sieht tatsächlich nicht sehr gut aus. Weltweit pumpen die Staaten eine Milliarde nach der anderen in das taumelnde Finanzsystem – und trotzdem reißen die Hiobsbotschaften aus den Banktürmen nicht ab.

Niemand kann heute sagen, wie tief das schwarze Loch wirklich ist, in dem die Staatshilfen verschwinden. Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass die Banken in den USA und in Europa durch die Finanzkrise bis zu 1100 Milliarden Dollar verlieren werden – es könnten laut IWF aber auch gut 2200 Milliarden sein.

Die Unsicherheit, wie viel Geld zur Bewältigung der Bankenkrise noch aufzubringen ist, treibt Finanzministern rund um den Globus den Angstschweiß ins Gesicht. Selbst Freunde der freien Marktwirtschaft halten neuerdings die „Vollverstaatlichung“ von Banken für eine tolle Sache. Nur so könne ein Kollaps von Banken und Staaten verhindert werden. Sie haben auch ein gutes Argument auf ihrer Seite: Wenn die Steuerzahler schon für die Misswirtschaft der Banken zu bezahlen haben, dann sollten sie auch Zugriff auf die Vermögenswerte jener Häuser haben, die sie retten.

Versagende Aufseher als Chefs?

„Natürlich“ müsse sich der Staat dann wieder von den übernommenen Banken „vertschüssen“. Klar – nur ist Politikern in dieser Frage keinesfalls über den Weg zu trauen. Hierzulande werden Staatsbetriebe vorzugsweise erst dann verkauft, wenn sie heruntergewirtschaftet wurden – siehe Austrian Airlines. Werfen Staatsbetriebe allerdings Gewinne ab, laufen besorgte Volksvertreter gegen den „Ausverkauf“ herausgeputzter „Staatsjuwelen“ Sturm. Warum sollte es ausgerechnet bei den Banken anders sein?

Zudem sind die Banken – zumindest in Österreich – noch keine Sanierungsfälle. Ihnen fehlt es derzeit an frischem Kapital, weil am Markt kaum Geld zu bekommen ist. In dieser Frage kann der Staat als „Lender of last resort“ gerne helfen – nicht mehr.

Auch drängt sich die Frage auf, warum Staaten, die bereits mit der Bankenaufsicht heillos überfordert waren, plötzlich mit dem operativen Geschäft betraut werden sollten? An dieser Stelle kommt üblicherweise die putzige Antwort, dass nun nicht die Zeit für „ideologische Grabenkämpfe“ sei. Soll heißen: Wer nicht glaubt, dass Beamte und Politiker, die nicht einmal in Zeiten der Hochkonjunktur mit sprudelnden Steuergeldern hauszuhalten wussten, nun Banken sanieren könnten, ist ein verbohrter Ideologe. Wer allerdings meint, der Staat sei plötzlich zum geborenen Unternehmenslenker geworden, löst die Eintrittskarte in den eleganten Klub der weltoffenen Pragmatiker.

Gerne übersehen wird, dass staatliche Banken in der Finanzkrise keine wirklich gute Figur gemacht haben. In Deutschland waren sie die ersten, die vor dem Ruin gerettet werden mussten (dasselbe gilt für Österreich mit der Hypo-Alpe Adria).

Private Eigentümer haben zwar gezeigt, dass sie mit der Führung von Banken scheitern können – der Staat hat allerdings nie gezeigt, Kreditinstitute oder andere Unternehmen erfolgreich führen zu können. ÖBB, Asfinag, AUA und ORF fallen kaum in die Kategorie staatlich geführter Vorzeigeunternehmen. Vom Schicksal der „Z“ und der Länderbank sowie der nicht auszurottenden Postenschacherei in staatsnahen Betrieben nicht zu reden.

De-facto-Bankrotteure jetzt mit der Verstaatlichung angeschlagener Banken aus der Verantwortung zu boxen, wäre ein schlimmer Fehler. Die Botschaft wäre klar: „Keine Sorge: Wann immer ihr euch verspekuliert, ist Papa Staat für euch da!“ Eine Art Vollkaskoversicherung, die der nächsten Finanzkrise den Weg ebnen würde. Wenn sich der Pulverdampf verzogen hat, gäbe es keinen Grund mehr für die Kreditwirtschaft, nicht wieder enorme Risken einzugehen.

Den Schaden selbst wegräumen

Nichts zu tun, ist freilich keine Alternative. Der Staat sollte angeschlagenen Instituten Geld leihen. Die Mittel sind mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlen, auch wenn es Jahrzehnte dauern sollte. Den Eigentümern der Banken wird damit die Möglichkeit gegeben, den angerichteten Schaden selbst zu beheben. Und das können sie zweifellos besser als Politkommissare, die plötzlich Bankmanager spielen sollen.

Die öffentliche Hand kann den angeschlagenen Banken auch deren faule Kredite und wertlos gewordenen Papiere abkaufen – allerdings nur unter der Bedingung, dass der mögliche Wertverlust von den Banken über Jahre hinweg abgestottert wird. Alles wäre also besser als eine groß angelegte Verstaatlichungswelle, die in einem neuen Milliardengrab endet, in das noch Generationen ihr Geld zu schaufeln haben.


franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2009)


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