SuperMarkt: Wein, Weib und Weiterwursteln

Symbolische Geldverbrennung
Symbolische Geldverbrennung(c) EPA (RAINER JENSEN)
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Während die Regierung über neue Steuern nachdenkt, verbrennt sie in der Verwaltung seit Jahren das große Geld. Faymann und Pröll schätzen das Sparpotential der heimischen Bürokratie auf 3,5 Milliarden Euro.

Als die nordirische Fußballerlegende Georgie Best vor vielen Jahren einmal gefragt wurde, was er denn mit seinem verdienten Geld so angestellt habe, meinte der Star von Manchester United knochentrocken: „Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst.“ Nach einem ähnlichen Prinzip scheinen auch die Finanzminister der Republik Österreich seit einigen Jahrzehnten hauszuhalten. Natürlich mit dem kleinen Unterschied, dass sie nicht ihr eigenes Geld verprassen, sondern jenes, das sie der Bevölkerung vorher abgeknöpft haben respektive noch abnehmen werden.

Zudem werden die eingenommenen Steuergelder auch nicht für Frauen, Drinks und flotte Autos aus dem Fenster geworfen. Sondern für eine überdimensionierte Verwaltung (Doppelgleisigkeiten und Beamtenprivilegien inklusive), ein auf Missbrauch angelegtes Gesundheitssystem, eine nicht mehr zu sanierende Bundesbahn, eine im Stile der alten Sowjets organisierte Landwirtschaft sowie andere „Staatsaufgaben“, die auf gar keinen Fall eingeschränkt werden dürfen, wie den Bürgern von der Politik allerorts erklärt wird. Weil nämlich andernfalls die Kaufkraft der öffentlich Bediensteten geschwächt werden würde. Und das wiederum wäre in einer Zeit der Wirtschaftskrise höchst kontraproduktiv.

Wesentlich produktiver scheint es offensichtlich zu sein, die Kaufkraft aller nicht öffentlich Bediensteten zu schwächen. Ihnen nimmt der Staat für seine Dienste allein in der Verwaltung 3,5 Milliarden Euro im Jahr zu viel ab. Auf diese Summe schätzen nämlich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) das Sparpotenzial in der heimischen Bürokratie. Derartige Summen Jahr für Jahr auszugeben, obwohl deren Einsparung für die Bewohner dieses Landes keinerlei Komfortverlust bedeuteten, wäre schon in der Hochkonjunktur ein ziemlich unangebrachter Luxus.


Irland spart bei Beamten. Zumal diese Woche das Beispiel Irland gezeigt hat, was passiert, wenn zu lange nichts passiert: Die Regierung in Dublin hat angekündigt, die öffentlichen Ausgaben im kommenden Jahr um 6,6 Prozent zu kürzen, um damit das Budget wieder einigermaßen in den Griff zu kriegen. Wie geht das? Den 310.000Beamten werden die Löhne um bis zu 15Prozent gekürzt, das Kindergeld um zehn, die Arbeitslosenhilfe um vier Prozent gekappt. Grundlage für das härteste Budget in der jüngeren Geschichte Irlands ist die um 7,5Prozent rückläufige Wirtschaftsleistung und die explodierende Staatsverschuldung. Nach Angaben der irischen Regierung wird es drei weitere Sparhaushalte geben müssen, um das Defizit wieder unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung drücken zu können. Ähnliche Szenen spielen sich in Lettland und wohl bald auch in Griechenland ab. Zudem nähern sich deutsche Städte auffallend rasch dem Rand der Zahlungsunfähigkeit.

Während den irischen Staatsdienern die Löhne radikal gekürzt werden, kündigen die Beamten der EU-Kommission nahezu zeitgleich einen Warnstreik an. Nicht so sehr, um Solidarität mit den irischen Kollegen zu bekunden. Sondern um mitten in der Wirtschaftskrise eine Lohnerhöhung von 3,7Prozent durchzusetzen. In Österreich konnten Beamtengewerkschafter und Regierungsvertreter einen Streik im allerletzten Moment noch einmal abwenden – und das obwohl sich die öffentlich Bediensteten mit vergleichsweise mickrigen 0,9Prozent mehr Lohn zufrieden geben müssen.

Bei den in der Marktwirtschaft täglich um den Arbeitsplatz kämpfenden Beschäftigten wird sich die Dankbarkeit über den bescheidenen Lohnabschluss vermutlich in etwas engeren Grenzen halten. Immerhin ist vielen „normalen“ Angestellten bekannt, dass nicht jene 111Millionen Euro das Problem sind, die sie die Beamtenlohnerhöhung kosten wird – sondern jene drei bis vier Milliarden Euro, die Jahr für Jahr in ihrem Namen für bürokratischen Popanz verschleudert werden, wie die Wirtschaftsforscher seit nahezu zehn Jahren vorrechnen.


Nach 35 Jahren in Pension. Hinzu kommen die nach wie vor aufrechten Privilegien im öffentlichen Dienst bzw. in der staatsnahen Wirtschaft. In der OeNB reichen für die meisten der 1027 Beschäftigten noch immer 35Dienstjahre aus, um mit 85Prozent des Letztbezugs in den Ruhestand zu gehen – bei einer durchschnittlichen Pension von 75.000Euro brutto im Jahr. Um das alles auch bezahlen zu können, hat die Notenbank 1,8 Milliarden Euro zurückgelegt. Nicht zu vergessen, dass sich das kleine Österreich im Verhältnis zur Einwohnerzahl um ein Drittel mehr Notenbanker leistet als die Schweiz. Oder – ebenfalls auf die Bevölkerungszahl umgelegt – um zwei- bis sechsmal so viele wie Großbritannien, Schweden, Japan oder Kanada. Die EZB steuert den gesamten Währungsraum übrigens mit 1350Mitarbeitern.

In den ÖBB wiederum liegt das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei 52,3Jahren – ebenfalls ein Ausfluss großzügiger Beamtenprivilegien. Zwei von drei der 42.000Eisenbahner sind unkündbar, weshalb der Abbau von Beschäftigten ohne Beschäftigung ausschließlich über Frühpensionierungen möglich ist. Allein im Vorjahr mussten die Steuerzahler die Renten der Eisenbahner mit 1,5Milliarden Euro subventionieren. Die Gemeinde Wien hat sich indessen entschlossen, die Wirtschaftskrise über einen Sonderurlaub für ihre 64.000Bediensteten abzufedern. Ab dem 57.Lebensjahr gibt es drei Tage zusätzlich (macht 33 Tage), für Beschäftigte ab dem 60. Lebensjahr kommen zwei weitere Tage dazu. Die Kosten dieser Aktion sind allerdings überschaubar – das Pensionsantrittsalter liegt bei 58Jahren.

Nun könnte man einwenden, dass all diese Dinge auf dem Boden geltenden Rechts gedeihen. Stimmt. Allerdings wird dieses Argument nicht mehr sehr viel wert sein, wenn das Geld zur Finanzierung derartiger Zusagen fehlt. Vielleicht wäre es an der Zeit, den Eingriff in „wohlerworbene“ (von wem eigentlich?) Rechte prüfen zu lassen. Bis zum Jahr 2034, wenn der letzte pragmatisierte Beamte in Pension geht, werden die „normalen“ Arbeitnehmer nicht warten können – die wenigsten von ihnen heißen Georgie Best.

franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2009)

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