Niedriger Ölpreis: Massenentlassungen in der Ölbranche

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Der weltgrößte Ölfeldausstatter Schlumberger streicht ölpreisbedingt 9000 Stellen. Analysten erwarten weitere Sparrunden im Sektor. Der Ölpreis könnte um weitere 50 Prozent fallen.

Houston/Wien. Der rasante Ölpreisverfall wirkt sich immer stärker auf die Energiebranche aus. So streicht der weltweit größte Anbieter von Dienstleistungen zur Ölförderung, der US-Konzern Schlumberger, 9000 Arbeitsplätze, wie der Konzern am späten Donnerstagabend bekannt gab. Das sind sieben Prozent der Belegschaft. Sonderlasten für den Stellenabbau sowie Abschreibungen drückten im vierten Quartal bereits auf das Ergebnis. Der Nettogewinn brach auf 302 Mio. Dollar ein, nachdem er vor Jahresfrist noch 1,66 Mrd. betragen hatte.

Seit Sommer sind die Ölpreise um knapp 60 Prozent gefallen und lagen am Freitag für die Nordsee-Sorte Brent bei knapp unter 50 Dollar je Barrel. Als Reaktion darauf reduzieren Schlumberger-Kunden ihre Investitionen und vergeben weniger Aufträge. Der Dienstleister bietet Fördertechnik und Ausrüstung an. Wegen der geringeren Nachfrage dürfte der Konzern aus dem texanischen Houston seine Investitionen heuer um ein Viertel kürzen.

Sorgenfalten überall

Der Ölpreisrückgang sorgt freilich in der ganzen Branche für Sorgenfalten. So wird der britische Ölkonzern BP Insidern zufolge hunderte Arbeitsplätze in der Nordsee-Produktion, in der ein Drittel der Mitarbeiter beschäftigt ist, streichen. Der ebenfalls in Großbritannien ansässige Öl- und Gasförderer Tullow schreibt für 2014 rund drei Mrd. Euro ab. Projekte werden entweder verschoben oder gar abgesagt. So kappt Norwegen Investitionen in das für die Skandinavier wichtige Ölfördergeschäft. Die britische Premier Oil verschiebt das Projekt Sea Lion im Wert von zwei Mrd. Dollar im Atlantik. Am Mittwoch haben Royal Dutch Shell und Qatar Petroleum mitgeteilt, den Bau einer petrochemischen Fabrik für zwei Mio. Tonnen im Wert von 6,5 Mrd. Dollar in Katar aufzugeben. Shell, Conoco-Phillips und Chevron wollen jeweils hunderte Mitarbeiter entlassen. Analysten schließen weitere Sparrunden nicht aus, sollte der Ölpreis unter 50 Dollar bleiben.

Unrentable Investitionen

Die Experten von Goldman Sachs haben errechnet, dass geplante Investitionen von 930 Mrd. Dollar in der Ölbranche derzeit nicht rentabel seien, weil der Selbstkostenpreis der Förderung bei diesen Projekten über 70 Dollar je Barrel liege. Diese Projekte hätten in den kommenden zehn Jahren elf Prozent des weltweiten Tagesfördervolumens erbringen sollen.

Trendwende oder Talfahrt?

Das Ölkartell Opec erwartet jedenfalls für 2015 die geringste Nachfrage seit mehr als zehn Jahren. Und stimmt die Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA), so wird sich daran – mit wenigen Ausnahmen, wie den USA – bis auf Weiteres auch nichts Signifikantes ändern, weil die wirtschaftliche Gesamtlage schlecht sei. Wie die IEA am Freitag erklärte, gleiche die allgemeine Schwäche der Wirtschaft den Effekt der niedrigen Preise aus. Zwar gebe es verstärkte Zeichen für eine Wende bei den Ölpreisen, weil Ölstaaten außerhalb der Opec im Jahr 2015 ihre Fördermengen nicht so stark anheben würden wie bisher erwartet. Doch die Preise würden kurzfristig wohl weiter fallen, erklärte die IEA.

Der jetzige Preis markiert ein Sechs-Jahres-Tief. „Eine Aussage, wie tief der Boden des Marktes liegt, ist reine Spekulation“, so die IEA. Laut Wagit Alekperow, Chef des russischen Ölkonzerns Lukoil, könnte der Preis auf 25 Dollar pro Barrel fallen. Die Preise werden heuer wohl unbeständig bleiben, sagte er am Freitag. (APA/est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2015)

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