Vom Bau der Nord Stream 2 profitiert Deutschland

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Polens Präsident, Andrzej Duda, forderte die deutsche Bundesregierung auf, den Ausbau der Ostsee-Pipeline zu stoppen. Mit der Fertigstellung wird Deutschland zum Hauptverteiler für russisches Erdgas in Westeuropa. Polen und andere Länder verlieren hingegen an Bedeutung.

Wien. Der geplante Ausbau der Ostseepipeline Nord Stream erzürnt den polnischen Präsidenten Andrzej Duda. „Die geplante Pipeline von Russland nach Deutschland durch die Ostsee bedroht die Energiesicherheit Polens, die der Slowakei und anderer Länder“, sagte er in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Er wünsche sich deshalb nicht nur „eine politische Missbilligung“ des Projekts seitens der deutschen Bundesregierung, sondern einen Baustopp.

Die Nord Stream ist seit Oktober 2012 in Betrieb. Im vergangenen Jahr wurde der Bau von zwei weiteren Leitungssträngen beschlossen (Nord Stream 2). An dem milliardenschweren Projekt sind der russische Gazprom-Konzern, die BASF-Tochter Wintershall, die Energiekonzerne E.On, Shell, Engie aus Frankreich und Österreichs größtes börsenotiertes Unternehmen, die OMV, beteiligt.

Und die Nord-Stream-Pipeline soll, anders als das bei South Stream der Fall gewesen wäre, nicht EU-Recht unterliegen, sondern eine rein russische Pipeline sein. Das heißt, Russland kann die Leitungskapazitäten allein nutzen und muss sie nicht auch anderen Lieferanten zur Verfügung stellen. Nur einer der Punkte, die beim Europarat im Dezember mehrere Regierungschefs auf die Barrikaden steigen ließen. EU-Recht müsse eingehalten werden, betonte etwa EU-Ratspräsident Donald Tusk: „Das ist eine klare Bedingung.“ Allerdings nicht für Deutschland. Verständlich, denn Deutschland ist neben Russland einer der großen Profiteure der Pipeline. Diese beginnt im russischen Wyborg und endet im deutschen Greifswald. Das erklärt auch die positive Haltung Berlins.

Was passiert mit Baumgarten?

Mit dem Ausbau erhält Deutschland eine neue Vormachtstellung, weil es zum Hauptverteiler russischen Erdgases in Westeuropa wird. Polen und die Ukraine hingegen werden als Transitländer für Gaslieferungen geschwächt. Und auch auf Österreichs Position wirkt sich der Bau von Nord Stream 2 stark aus. Denn der Erdgasknotenpunkt in Baumgarten an der March, der bisher die größte Drehscheibe für Gas aus Russland in Mitteleuropa war, verliert mit der Fertigstellung massiv an Bedeutung.

Ein Aspekt, der die Akteure nicht beunruhigen dürfte. Bundeskanzler Werner Faymann äußerte sich beim Europarat jedenfalls nicht zu Nord Stream 2. Und OMV-Boss Rainer Seele spricht im Zusammenhang mit dem Deal gerne von einem „durch und durch europäischen Projekt, das im Herzen Europas endet“. Doch bis dato ist nicht geklärt, wie der Gastransport von Greifswald nach Baumgarten bewerkstelligt und finanziert werden soll. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ist offenbar dennoch von den Vorteilen der engen Bindung an die Gazprom überzeugt. Er fährt, so berichtete „Die Presse“, im Februar nach Moskau, um den russischen Vizepremier, Dmitrij Kosak, zu treffen. Begleitet wird er von Seele. Nord Stream 2 ist mit Sicherheit ein Fixpunkt auf ihrer Agenda. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2016)

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