Effizienz: Stromkonzerne sind kreativ beim Energiesparen

Fließt weniger Warmwasser durch die Leitung spart das viel Energie.
Fließt weniger Warmwasser durch die Leitung spart das viel Energie.(c) BilderBox
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Ein kleines Plättchen sorgt offiziell für weniger Wasserverbrauch und zeigt zugleich die Lücken im Energieeffizienzgesetz auf.

Wien. Es war ein voller Erfolg im ersten Jahr seiner Gültigkeit: Das etwas sperrig betitelte Energieeffizienzgesetz. Damit werden heimische Energielieferanten seit dem Vorjahr dazu verpflichtet, für Einsparungen bei ihren Kunden zu sorgen. Eine Reduktion des Verbrauchs im Ausmaß von 0,6 Prozent ihre Absatzes müssen die Unternehmen pro Jahr vermelden – etwa 1500 Gigawattstunden. 2015 konnte mit 2700 Gigawattstunden bereits mehr als doppelt so viel an die bei der heimischen Energieagentur beheimatete Monitoringstelle gemeldet werden.

Der Löwenanteil der eingereichten Maßnahmen kam aus dem Bereich Heizung und Warmwasser, hieß es anlässlich einer ersten Bilanz im Februar. Und auch heuer dürften viele heimische Versorger sich auf dieses Feld konzentrieren. Besondere Beliebtheit erlangte bei vielen Unternehmen in den vergangenen Wochen dabei ein kleines Plastikplättchen mit ein paar eingestanzten Löchern – ein sogenannter Durchflussbegrenzer. Dieser kostet nur ein paar Cent, kann aufgrund des Gesetzes für die Firmen jedoch Gold wert sein.

Der Begrenzer verringert nämlich, wenn er in die Armaturen im Badezimmer oder vor den Duschkopf eingeschraubt wird, die Menge des verbrauchten Wassers. Und da die Bereitung von Warmwasser viel Energie verbraucht, bringt er auch ordentliche Einsparungen. Das Gesetz sieht dafür je nach Einbauort zwischen 230 und 530 Kilowattstunden vor, die sich die Firmen gutschreiben können. Zum Vergleich: Der durchschnittliche jährliche Stromverbrauch einer vierköpfigen Familie beträgt hierzulande 3500 Kilowattstunden.

Ein wirkungsvolles Stück Plastik also – allerdings nur, wenn es auch wirklich eingebaut wird. Laut dem Gesetz reicht es jedoch aus, wenn das Plastikplättchen an eine spezifisch ausgewählte Person versandt wird, damit die Einsparung voll angerechnet wird. Das sei eine Forderung der Wirtschaft gewesen, so Energieagentur-Chef Peter Traupmann. Alles andere hätte zu viel Bürokratie verursacht.

Tausende an Kunden verteilt

Die Folge dieser bürokratischen Erleichterung ist, dass viele heimische Versorger die Plättchen nun in großem Stil an ihre Kunden verteilen. So verschickte etwa die zu den Klagenfurter Stadtwerken gehörende österreichweit tätige Pullstrom die Begrenzer mit einem simplen Brief an ihre Kunden. Die EVN verteilte sie zu Tausenden an ausgewählte Kunden zusammen mit LED-Birnen in Energiespar-Kits. Und die bundesweite Vertriebstochter MyElectric der Salzburg AG plant gerade eine solche Verteilaktion.

Kritiker fürchten aber, dass derart das Gesetz umgangen wird. Die meisten der Plättchen würden in der Realität in Schubladen oder gar im Müll verschwinden. Die laut Gesetz angerechnete Energieeinsparung sei nur auf dem Papier vorhanden. Dort sei sie jedoch bares Geld wert. So können die Firmen mit der Methode nicht nur sehr günstig ihre Verpflichtungen erfüllen. Überschüssige Energiesparmaßnahmen können zudem auch auf speziell dafür entwickelten Börsen verkauft werden – zum aktuellen Preis von rund vier Cent je eingesparter Kilowattstunde. Ein Durchflussbegrenzer im Wert von ein paar Cent ist somit zwischen neun und 21 Euro wert.

„Durchflussbegrenzer sind eine sehr effiziente Maßnahme, die auch keinen Komfortverlust bringen“, sagt Traupmann. Allerdings werde der fehlende Nachweis des Einbaus bei einer Novelle sicherlich ein Thema werden. Möglich sei etwa, dass Einsparungen künftig nicht mehr zu hundert Prozent angerechnet werden könnten.

Bei den Unternehmen kann man die Kritik nicht nachvollziehen. „Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass unsere Kunden die Durchflussmengenbegrenzer im Sinn des Wassersparens einbauen“, heißt es von Pullstrom. Bei MyElectric will man die Verteilaktion „analog zum Gesetz“ aufbauen.

Bei der EVN sieht man das etwas differenzierter. „Wir haben spezifische Kundengruppen angeschrieben und ihnen das Angebot eines Energiespar-Kits gemacht.“ Erhalten hat die LED-Birnen und Durchflussbegrenzer aber nur, wer danach verlangt hat. „Wir wollen das nicht an irgendwen verschicken. Das kommt uns sinnlos vor“, heißt es.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2016)

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