Trump und das Klima: Angst vor dem Dominoeffekt

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MOROCCO-US-ELECTION-COP22-DEMOAPA/AFP/FADEL SENNA
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Der Wahlausgang in den USA ist ein schwerer Rückschlag für die globale Klimapolitik. Wenn sich in der Folge auch China und Indien von ihren Zielen verabschieden, ist der Kampf gegen die Erderwärmung wohl gescheitert.

Wien. Nach der Klimakonferenz in Paris musste alles sehr schnell gehen. Die beteiligten 195 Staaten sollten das Abkommen im September ratifizieren, damit es noch Anfang noch Anfang November in Kraft treten konnte – eine Woche vor der Präsidentenwahl in den USA. Die Eile hatte einen guten Grund: Falls Donald Trump gewinnt, sollte er keine Möglichkeit haben, das gemeinsam Erreichte zu torpedieren.

Nun zieht der Immobilienunternehmer tatsächlich ins Weiße Haus ein. Und was er vom Kampf gegen die Erderwärmung hält, ist nur zu gut bekannt: Der Klimawandel sei ein „Schwindel“, erfunden von den Chinesen, um der amerikanischen Industrie zu schaden. Für so etwas dürfe sein Land kein Geld ausgeben. Im Wahlkampf versprach er folgerichtig, 100 Mrd. Dollar an Klimaschutzinvestitionen zu streichen und stattdessen wieder fossile Energieträge zu forcieren: „Wir werden die Kohle retten“.

Nun rächt sich, dass der Vertrag von Paris so wenig unverbindlich  geblieben ist. Zwar bleiben die USA formal verpflichtet: Sie können erst nach drei Jahren aussteigen, mit einer „Kündigungsfrist“ von einem Jahr – macht in Summe genau die vier Jahre der Amtszeit eines US-Präsidenten. Aber das hilft wenig: Das Abkommen basiert auf Freiwilligkeit, Sanktionen gegen eine Nichteinhaltung der genannten nationalen Ziele gibt es keine. Trump und seine Republikaner können also problemlos den „Clean Power Act“ von Noch-Präsident Obama rückgängig machen.

Dieses Gesetz sah eine Reduktion der amerikanischen CO72-Emissionen um rund 27 Prozent bis 2025 vor (auf Basis der Werte von 2005). Und die in Paris vereinbarten Gelder für die Dritte-Welt-Länder, um  die schlimmsten Folgen der Erderwärmung bei ihnen abzumildern?  Diese Überweisungen werde er stoppen, hatte Trump schon im Wahlkampf angekündigt.

Kein Wunder, dass die Teilnehmer der gerade laufenden Klimakonferenz in Marrakesch am Mittwoch in eine Schockstarre verfielen. Auch Tränen flossen. Eigentlich sollten auf dem Treffen die nächsten Schritte eingeleitet werden, vor allem die erste Erhöhung der nationalen Ziele – denn mit den bisherigen Zusagen, sind sich die Forscher ziemlich einig, steuert die Welt nicht auf eineinhalb bis zwei Grad Celsius Erwärmung, sondern auf drei Grad zu. Nun steht sogar das in Frage. Erinnerungen werden wach an die Konferenz in La Hague im Jahr 2000: Auch damals funkte eine US-Wahl dazwischen. George W. Bush gewann knapp, kündigte ein halbes Jahr später das Kyoto-Protokoll auf und stürzte die Klimapolitik in eine Krise, von der sie sich nie richtig erholt hat.

Aber ist ein politischer Richtungswechsel in den USA tatsächlich so entscheidend? Dass Amerika sich überhaupt ernsthaft um eine Reduktion bemüht, ist eine sehr junge Entwicklung aus der zweiten Amtszeit von Obama. Davor musste die internationale Klimapolitik immer ohne US-Unterstützung auskommen. Zwar produzieren die Amerikaner pro Kopf mit 16.600 Tonnen bei weitem am meisten Kohlendioxid (bei den Europäern sind es 7300 Tonnen). Aber in Summe sind die USA nur für 15 Prozent des weltweiten Ausstoßes verantwortlich. Der Anteil Chinas ist mit 29 Prozent fast doppelt so hoch. Entscheidend ist daher, wie Peking auf den Kurswechsel reagiert. Die bisherigen Erfahrungen verheißen nichts Gutes. Zwar ist auch in Peking die Überzeugung gereift, man müsse etwas gegen die unkontrollierte Erderwärmung unternehmen. Aber konkrete Maßnahmen setzte das Regime immer nur im Gleichschritt mit Washington, aus Angst, höhere Auflagen könnte der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft schaden.

Was nun die Angst vor einem Dominoeffekt schürt: China könnte in Reaktion auf das US-Wahlergebnis ebenfalls auf die Bremse steigen und seine Ziele über Bord werfen. Was wiederum die ohnehin nicht sonderlich ambitionierten Inder und Russen zum offiziellen Rückzug veranlassen könnte. Am Ende könnte die EU mit ihren bisher sehr ehrgeizigen Plänen isoliert dastehen. Gegen einen solchen Alleingang würde die europäische Industrie Sturm laufen – und er wäre auch ökonomisch tatsächlich schwer verkraftbar.

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