Der Plan für den Euroausstieg

(c) Erwin Wodicka
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Ein britischer Ökonom gewann 250.000 Pfund für seine Anleitung zum Euro-Exit. Der Unternehmer Lord Simon Wolfson hat den Preis im Vorjahr mit 250.000 Pfund (313.184 Euro) ausgeschrieben.

London. Sollte ein Mitgliedsland den Euro verlassen, müssten die Planungen zunächst hinter verschlossenen Türen stattfinden. Die neue Währung würde mit einem Wechselkurs von 1:1 eingeführt – auf Bargeldzahlung zunächst verzichtet, bis neue Banknoten gedruckt seien. Dazu rät Roger Bootle in seinem Paper „Eine praktische Anleitung zum Euro-Ausstieg“, das am gestrigen Donnerstag mit dem „Wolfson Economics Prize“ ausgezeichnet wurde.

Bootle, Chef des Wirtschaftsberaters Capital Economics, setzte sich gegen 400 Bewerber durch und gewann einen Wirtschaftspreis, der sich im ersten Jahr seiner Ausschreibung umso größerer medialer Beliebtheit erfreut hat, je mehr sich die Krise in Europa ausgeweitet hat. Der Unternehmer Lord Simon Wolfson hat den Preis im Vorjahr mit 250.000 Pfund (313.184 Euro) ausgeschrieben, was ihn nach dem Nobelpreis zum am zweithöchstdotierten Wirtschaftspreis der Welt macht. Die Fragestellung lautete: Wie muss ein geordneter Ausstieg eines oder mehrerer Mitgliedsländer aus der Eurozone aussehen, um die größten ökonomischen Schäden zu vermeiden?

Langfristig auch Chancen

Gewinner Bootle sieht in seinem Ansatz langfristig auch Wachstumschancen. Nach der Einführung der neuen Währung würden Löhne, Preise und Bankeinlagen zum Kurs von 1:1 umgetauscht. Da rasch Zweifel am realen Wert der neuen Währung entstehen würden, sollten laut Bootle alle Banken geschlossen und zunächst auf bargeldlose Zahlungen umgestiegen werden, um einem „Bank Run“ und einer Hyperinflation vorzubeugen. Kleine Transaktionen wären noch für sechs Monate in Euro erlaubt.

Gleichzeitig müsste das Aussteigerland sofort Inflationsziele verkünden und sich harte Sparprogramme verordnen, die von unabhängigen Experten überwacht werden sollten. Die Inflationsanpassung der Löhne würde verboten, während sich Staatsanleihen, von denen auch die eigene Zentralbank kräftig kaufen sollte, sehr wohl an der Teuerungsrate orientierten. Schließlich soll der Aussteiger seine Schulden neu verhandeln, was höchstwahrscheinlich zu einem deutlichen Schuldenschnitt führen würde. All dies böte dem Land langfristig eine neue Basis, wieder ökonomisch zu wachsen.

Demokratie hinten anstellen

Die Pläne für den Austritt dürften aber nicht Gegenstand einer breiten politischen Debatte sein. „So wäre das politisch kaum durchsetzbar und es gäbe höchst negative ökonomische Folgen“, erklärte der Preisträger. Die Probleme politischer Legitimierung eines solchen Schrittes müssten in dieser entscheidenden Phase zurückstecken. Damit andere angeschlagene Länder nicht ins Visier der Märkte gerieten, müssten die verbleibenden Mitglieder der Währungsunion schnellstmöglich die volle fiskalische und politische Integration vorantreiben.

Chefjuror Derek Scott, der von 1997 bis 2003 den damaligen Premierminister Tony Blair in Wirtschaftsfragen beriet, begründete die Wahl die Jury: „Würden Politiker Roger Bootles Arbeit lesen, könnten sie ihre Zeit besser investieren, als weiter nach neuen Lösungen für die Eurozone zu suchen, die nicht funktionieren werden.“

Auf einen Blick

Roger Bootle, Chef des Unternehmensberaters Capital Economics, erhielt den „Wolfson Economics Prize“ für seine „Praktische Anleitung zum Euro-Austritt“. Zu seinen Schwerpunkten zählt unter anderem das Thema Inflation. [Archiv]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2012)


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