Fekter: "'Griechen raus' sagt sich am Biertisch so leicht"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) würde Griechenland mehr Zeit geben, wenn insgesamt nicht mehr Geld fließt. In Österreich plant Fekter eine Steuerreform - möglichst noch vor der Nationalratswahl.

Die Presse: Werden wir im Herbst auf den Wunsch Erwin Prölls zur Wahlurne schreiten, um über ein Berufsheer bzw. die Wehrpflicht abzustimmen?

Maria Fekter: Die ÖVP ist eindeutig für die Wehrpflicht. Wir denken nicht daran, sie abzuschaffen – wir wollen die Ausbildung effizienter gestalten. Wie das mit dem Demokratiepaket der ÖVP zusammenhängt, wird der Herr Vizekanzler am Dienstag erklären.

Das war jetzt ein Ja, oder?

Dazu möchte ich keinen Kommentar abgeben. Das wird der Vizekanzler ausführen.

Seit wann sind Sie so untertänig?

In dieser Frage ist die Kompetenz nicht bei der Finanzministerin.

Ganz so ist es nicht: Sie haben immerhin das Thema Bundesheer für die ÖVP verhandelt. Regierungskoordinatorin und Vizeparteichefin sind Sie außerdem auch noch.

Ich glaube, dass die authentische Interpretation, wie Juristen das nennen, von Michael Spindelegger kommen wird.

Und wenn wir Sie nach Ihrer persönlichen Meinung fragen?

Ich meine, dass es eine klare Mehrheit in der Bevölkerung für die Wehrpflicht gibt.

Die man bei einer Volksabstimmung oder -befragung überprüfen könnte?

Als Juristin bin ich bei diesem Thema vorsichtig, weil Volksabstimmung und Volksbefragung auseinanderzuhalten sind. Das tue ich. Mehr werden Sie von mir jetzt nicht zu hören bekommen.

Interessant ist die Rolle des niederösterreichischen Landeshauptmanns: Erwin Pröll hat die Wehrpflichtdebatte aufgewärmt, indem er sich für eine Volksabstimmung ausgesprochen hat. Kann es sein, dass der Vorstoß mit der Landtagswahl im März zu tun hat?

Ich glaube, dass ihn die letzten Unwetter in Niederösterreich dazu veranlasst haben. Erwin Pröll ist der Meinung, dass wir für den Katastrophenschutz ein Bundesheer mit Grundwehrdienern brauchen.

Bevor wir zum Euro kommen, über den Sie lieber sprechen wollen, noch eine andere Frage: Wären Sie wirklich bereit gewesen, Klubobfrau der ÖVP zu werden, damit Spindelegger ins Finanzministerium wechseln kann?

Es ist hinlänglich bekannt, dass ich eine sehr loyale Teamspielerin bin– vor allem, wenn es um Entscheidungen geht, die uns in der ÖVP nach vorne bringen.

Sie könnten also demnächst wechseln?

Ich wüsste nicht, dass derzeit personelle Änderungen geplant wären.

Schließen Sie aus, dass Sie im Zuge der nächsten Monate Klubobfrau werden?

Erst in der Vorwoche hat eine Regierungsumbildung stattgefunden– und ich gehe nicht davon aus, dass man das wöchentlich tut.

Gehen Sie davon aus, dass es vor der Nationalratswahl noch eine Steuerreform geben wird? Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl will den Mittelstand entlasten. Von Ihnen war immer wieder Ähnliches zu hören.

Wir haben gravierende Mängel im Steuersystem: Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen zahlen keine Steuern. Dann steigen wir gleich mit einem hohen Steuersatz– 36Prozent – ein. Das führt dazu, dass der Mittelstand die überwiegende Last trägt. Deshalb gibt es im Steuersystem einiges zu reformieren.

Was tun? Kommt eine Flat Tax?

Das wird sich wahrscheinlich nicht ausgehen. Mit einer reinen Flat Tax bekommen wir nicht das Steueraufkommen, das wir benötigen.

Welche Steuersätze schweben Ihnen dann vor? Sie haben einmal gesagt: 25Prozent als Eingangssteuersatz wäre logisch.

Wir haben schon eine relative Flat Tax in Österreich: 25Prozent bei der Sparbuchsteuer, bei der Wertpapier-, bei der Körperschafts- und bei der Stiftungssteuer. Den Eingangssteuersatz von 36 auf 25Prozent zu senken, wäre allerdings eine sehr, sehr deftige Steuerentlastung. Aber die Details stehen noch nicht endgültig fest.

Wann werden Sie mit einem Konzept an die Öffentlichkeit gehen?

Wenn wir fertig sind.

Wird das vor der Wahl 2013 sein?

Davon gehe ich schon aus.

Ein anderes Papier wird auch gerade vorbereitet, nämlich von Ihnen und dem Vizekanzler: Es soll einen Mechanismus für einen potenziellen Rauswurf von Euro-Sündern geben.

Als Vision: ja. Wir brauchen ein Vehikel, um Länder aus der Eurozone auszuschließen, wenn sie den anderen auf Dauer zur Last fallen. Aber die Umsetzung sehe ich nicht in den nächsten fünf Jahren.

Das ist aber eine Relativierung dessen, was der Vizekanzler gesagt hat.

Nein, gar nicht. Aber ich kenne die europäischen Abläufe: Zuerst gibt es einen Konvent im EU-Parlament, dann wird verhandelt, ratifiziert, und am Ende wird es in manchen Staaten auch Volksabstimmungen brauchen. Das dauert.

Die großen Probleme sind allerdings jetzt zu lösen. In Deutschland ist ein Streit darüber entbrannt, ob Griechenland überhaupt noch in der Eurozone zu halten ist. Was meinen Sie?

Am Biertisch sagt sich das so leicht: „Die Griechen sollen raus aus der Eurozone.“ Man muss aber die Folgewirkungen mitbedenken. Ein Rausschmiss würde vor allem an den Steuerzahlern hängen bleiben. Daher gibt es doch den Willen, die Eurozone zusammenzuhalten und die maroden Länder zu zwingen, ihre Reformen umzusetzen.

Kanzler Werner Faymann hat zuletzt einen zeitlichen Aufschub für Griechenland in Erwägung gezogen. Ist das auch für Sie denkbar?

Nicht ohne Wenn und Aber. Griechenland muss möglichst schnell wieder weg vom Tropf. Wenn die Griechen nicht mehr Geld brauchen, sondern nur mehr Zeit für eine Gesamtreform mit klarem Konzept, dann können wir darüber diskutieren.

Es gibt Ökonomen, die ein drittes Griechenland-Hilfspaket mittlerweile für unausweichlich halten. Können Sie das ausschließen?

Es kann doch nicht sein, dass wir unsere Pläne alle drei Monate über den Haufen werfen. Deshalb werden wir massivst darauf pochen, dass die Reformen aus dem zweiten Paket umgesetzt werden.

Zur Person

Maria Fekter, 56, ist seit April 2011 Finanzministerin, davor war sie Innenministerin (seit Juli 2008). Ihre politische Karriere startete die Juristin, Betriebswirtin und Unternehmerin 1986 als Gemeinderätin im oberösterreichischen Attnang-Puchheim. 1990 bis 1994 war sie Wirtschafts-Staatssekretärin, danach Nationalratsabgeordnete und Volksanwältin. Seit 2008 ist sie auch stellvertretende ÖVP-Chefin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2012)

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