Überforderte Zentralbank

Symbolbild
Symbolbild(c) AP (Michael Probst)
  • Drucken

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble glaubt nicht daran, dass die EZB ab 2013 alle Finanzinstitute der Eurozone überwachen kann. Auch die heimische FMA hat sich kritisch gegenüber den EU-Plänen geäußert.

Wien/Berlin/Ag./Red. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hat sich skeptisch gezeigt, dass die Pläne der EU-Kommission für eine umfassende Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank wie vorgesehen ab Anfang 2013 in Kraft treten können. Binnenmarktkommissar Michel Barnier plädiert dafür, dass die EZB ab diesem Zeitpunkt mit der Aufsicht europäischer Banken beginnt. Spätestens 2014 soll sie nach seinem Willen allen Instituten in der Eurozone auf die Finger schauen.

Schäuble hält das für utopisch. „Die EZB selbst hat gesagt, dass sie gar nicht das Potenzial hat, um 6000 Finanzinstitute in der Europäischen Union in absehbarer Zeit zu beaufsichtigen“, sagte er am Montag in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. „Ich habe eben Zweifel, dass es so schnell kommt.“ Schäuble setzt sich dafür ein, dass sich die EZB auf die 25 größten systemrelevanten Banken konzentriert. Für kleine Banken wären dann weiterhin die nationalen Aufsichtsbehörden – in Österreich die FMA – zuständig.

Haftungsfrage scheint geklärt

Die gemeinsame Aufsicht ist ein wichtiger Schritt in Richtung „Bankenunion“. Darunter wird unter anderem verstanden, dass sich kriselnde Finanzinstitute direkt beim permanenten Euro-Rettungsschirm ESM Hilfsgelder leihen können. Lange war unklar, ob damit auch die Haftung für diese Hilfen beim ESM, also den Euro-Mitgliedsländern, bleibt. Mittlerweile schaut es ganz danach aus: Eine gemeinsame Aufsicht sei Voraussetzung dafür, den „Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Bankenrisken zu unterbrechen“, so Schäuble im Radio.

Auch die heimische FMA hat sich bereits kritisch gegenüber den Plänen der EU-Kommission geäußert. Dass die Bankenaufsicht Anfang 2013 steht, sei eine „Illusion“, sagte FMA-Vorstand Helmut Ettl vergangene Woche in Alpbach („Die Presse“ berichtete).

Michael Barnier will am 12. September sein Konzept für eine Bankenunion offiziell vorstellen. Dazu zählen auch die Errichtung eines Abwicklungsfonds für Banken und eine gemeinsame Einlagensicherung der Euroländer. Eine direkte Kapitalisierung von Banken durch EFSF und ESM würde die betroffenen Länder spürbar entlasten, weil die Hilfen nicht zu den Staatsschulden addiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.