Erstmals seit 13 Tagen können Bürger wieder Geld in den Bankfilialen beheben. Es gelten aber zahlreiche Auflagen. Maximal 300 Euro pro Person dürfen abgehoben werden. Das erwartete Chaos blieb aus.
Erstmals seit 13 Tagen öffneten am Donnerstag in Zypern um 12 Uhr Ortszeit (11 Uhr MEZ) die Banken wieder. Der erwartete Massenansturm ist ausgeblieben. In den ersten Stunden nach der Wiederöffnung fielen die Schlangen vor den Filialen der Geldhäuser übersichtlich, wenn auch etwas länger als in normalen Zeiten, aus: Eine Art "Bank-Run light". Allerdings - die Bilder von nur kurzen Schlangen sind das eine, die Zahlen das andere. In welchem Ausmaß Sparer und Anleger Geld von ihren Konten abheben, lässt sich kurzfristig noch nicht absehen.
Noch gibt es massive Einschränkungen: Pro Person und Konto dürfen die Zyprer maximal 300 Euro pro Tag abheben - weniger als zunächst angenommen. Daueraufträge für die Zahlung von Löhnen über das Online-Bankingsystem sind wieder erlaubt. Damit sollen alle Angestellten ihre Gehälter erhalten.
In allen Radio- und Fernsehsendern riefen Sprecher von Behörden und Institutionen zur Ruhe auf. Polizeistreifen zeigten in der Innenstadt Präsenz und fuhren von Bank zu Bank, um Chaos und Kriminalität verhindern.
Zyperns Börse bleibt geschlossen
Die Börse in Zypern bleibt geschlossen. Bis zum 1. April werde nicht gehandelt, teilte der Börsenbetreiber am Donnerstag mit. Zuletzt hatte die zyprische Börse am 15. März geöffnet.
Einschränkungen
Der Beschluss der Zentralbank sieht Grenzen für Auslandsüberweisungen sowie Auflagen für Immobilienverkäufe und für die Abwicklung von Exportgeschäften vor. Die einschränkenden Maßnahmen sind vorerst für sieben Tage in Kraft. Dann wird die EU-Kommission über "die Notwendigkeit einer Verlängerung oder einer Überarbeitung der Maßnahmen" entscheiden. Die Maßnahmen werdenvermutlich Schritt für Schritt aufgehoben, sagte Außenminister Ioannis Kasoulides am Donnerstag. Bis sie vollständig außer Kraft seien, würde nach Einschätzung der Zentralbank wohl ein Monat vergehen. Ziel ist es, die Kapitalverkehrskontrollen so kurz wie möglich zu gestalten.
Präsident dankt für "besonnenes Verhalten"
Seit dem 16. März konnten sich die Menschen im griechischen Teil der Insel nur noch aus Geldautomaten mit Bargeld versorgen. Hintergrund war der Beschluss eines Rettungspakets, mit dem ein Zusammenbruch des Bankensystems und der Staatsfinanzen verhindert werden sollte.
Präsident Nikos Anastasiades hat der Bevölkerung über Twitter für das "besonnene" Verhalten während der zwölftägigen Bankenschließung gedankt. Das Präsidialamt rühmte in einer in Nikosia verbreiteten Erklärung das "große Verantwortungsbewusstsein" der Zyprioten.
Fünf Milliarden Euro bereitgestellt
Für die Öffnung der Banken wurde die zyprische Zentralbank mit fünf Milliarden Euro Bargeld ausgestattet. Das von der Europäischen Zentralbank bereitgestellte Bargeld ist am Mittwochabend in einem schwer bewachten Konvoi vom Flughafen Larnaka zur Zentralbank in Nikosia geführt worden.
Die Sicherheitskräfte seien vor der Öffnung der Banken in Bereitschaft, sagte der zyprische Polizeisprecher Andreas Angelides. "Wir haben alle nötigen Maßnahmen getroffen, damit die Leute geschützt werden. Wir fordern alle Leute auf, auch selbst aufmerksamer zu sein, wenn sie die Bank verlassen", sagte Angelides. Ein Sprecher des Genossenschaftsbanken rief die Menschen am Abend zur Ruhe auf: "Ich sage den Leuten: Keine Panik, keine Panik. Jeder wird das bekommen, was ihm zusteht."
Sparer belastet
Im einzelnen sollen nun Auslandsüberweisungen und Zahlungen mit Kreditkarten im Ausland pro Person und Bank zunächst auf 5000 Euro beschränkt werden. Für Beträge bis zu 200.000 Euro ist eine Genehmigung der Zentralbank notwendig. Zyprer sollen zudem pro Auslandsreise maximal 1000 Euro Bargeld mit sich führen dürfen. Festgeldanlagen dürfen nicht vorzeitig gekündigt werden. Dies soll verhindern, dass Kapital in großem Umfang aus Zypern abgezogen wird.
Nach dem am Sonntag verabredeten Rettungspakt soll das zweitgrößte Geldhaus des Landes, die Laiki-Bank, abgewickelt werden. Ein Teil ihres Geschäfts wird von der größeren Bank of Cyprus übernommen. Zudem werden auch Sparer mit Einlagen von über 100.000 Euro belastet. Das kleine Euroland erhält im Gegenzug milliardenschwere Finanzhilfen seiner Europartner, die dem Staatshaushalt zugutekommen sollen.
Rating gesenkt
Wegen der Gefahr eines Austritts Zyperns aus der Eurozone hat die Ratingagentur Moody's das sogenannte Währungsrating des Landes drastisch gesenkt. Das sogenannte "Country Ceiling" werde von der Bestnote "AAA" auf "Caa2" reduziert, teilte Moody's am Mittwoch in London mit. Im Normalfall haben alle Länder der Eurozone als Währungsrating ein "AAA". "Caa2" ist hingegen eine der schlechtesten Noten bei Moody's. Das klassische Länderrating, dass sich auf die Bonität des Landes bezieht, ist von dem Schritt nicht betroffen und liegt weiter bei "Caa3" mit einem negativem Ausblick.
Das Risiko eines Austritts Zyperns aus der Währungsunion sei hoch, begründete Moody's in einer Stellungnahme den Schritt. Die Folgen der Umstrukturierungen der beiden großen Banken und die beschlossenen Kapitalverkehrskontrollen könnten die Gefahr eines Austritts erhöhen. In diesem Fall würden weitere Herabstufungen durch Moody's drohen. Bei einem Austritt von Zypern aus der Eurozone und der Einführung einer neuen Währung würden alle zyprischen Wertpapiere an Wert verlieren. Dies dürfte zudem zu weiteren Verwerfungen im Bankensektor und in der Realwirtschaft führen.
Kurz vor Euro-Austritt
Der zyprische Außenminister Ioannis Kasoulidis hatte der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" offenbart, dass das Land in der vergangenen Woche kurz vor der Entscheidung gestanden sei, aus der Eurozone auszuscheiden. "Das war eine Möglichkeit, die wir zeitweilig ernsthaft in Betracht ziehen mussten." Es war das erste Mal, dass ein Minister eines Mitglieds der Eurozone zugab, sein Staat habe selbst einen Rückzug aus der gemeinsamen Währung erwogen. Der Chef des weltgrößten Anleihenhändlers Pimco, Mohamed al-Erian, befürchtet einen Massenansturm auf die Banken in Zypern und anderen Euro-Staaten. Das Risiko müsse genau beobachtet werden, sagte Erian. "Sobald ein Sturm auf die Banken erst einmal begonnen hat, macht es für alle Sinn, mitzumachen. Deshalb lässt er sich so schwer stoppen."
(APA/dpa/Reuters)