Eine Kommission soll klären, ob Konteninhaber vor der verhängten Zwangsabgabe gewarnt worden sind und deshalb hohe Beträge ins Ausland überwiesen haben.
Wien/Nikosia/Ag./Red. Zyperns Präsident, Nikos Anastasiadis, geht in die Offensive: Er will Vorwürfe bekämpfen, wonach Bankkunden und Unternehmen vor Verhängung der Zwangsabgaben gewarnt worden sind und rechtzeitig Geld ins Ausland geschafft haben. Die Anschuldigungen betreffen auch Familienmitglieder des Präsidenten.
Gestern, Dienstag, vereidigte Anastasiadis eine vom Parlament eingesetzte Kommission aus drei ehemaligen Richtern. Sie soll sich mit den Ursachen der schweren Krise befassen und zudem die Anschuldigungen einer Kapitalflucht von Anlegern untersuchen, die Mitte März – also noch vor einer Einigung auf das umstrittene Hilfspakt mit den internationalen Geldgebern – Insiderinformationen über bevorstehende harte Maßnahmen genutzt haben sollen.
Unter ihnen soll nach einem unbestätigten Bericht der zypriotischen kommunistischen Oppositionszeitung „Charavgi“ auch die Familie eines Schwiegersohns von Anastasiadis sein. Die Firma A. Loutsios and Sons Ltd., an der Verwandte des angeheirateten Mitglieds der Präsidentenfamilie nach Medienberichten beteiligt sind, soll wenige Tage vor der Schließung der Banken 21 Millionen Euro nach Großbritannien überwiesen haben. Das Unternehmen bestätigte die Überweisung, dementierte aber, dass es Informationen aus dem Präsidentenamt erhalten habe.
700 Mio. ins Ausland geflossen
Insgesamt sollen von Unternehmen kurz vor den strengen Beschlüssen der Euro-Gruppe für die Bankensanierung in Zypern Gelder in Höhe von rund 700 Millionen Euro ins Ausland geflossen sein. Griechische Medien berichten von 136 Firmen, die daran beteiligt sein sollen. Die Untersuchungskommission soll ihre Ergebnisse in drei Monaten vorlegen.
Schon fast fertig ist nach Regierungsangaben das Sparprogramm, mit dem Zypern seine Staatsfinanzen sanieren will. Es muss noch von der Geldgeber-Troika aus EU, IWF und EZB genehmigt werden. Eckpunkte des Sparprogramms sind nach Angaben der größten zypriotischen Zeitung, „Fileleftheros“, bis zu 12,5 Prozent weniger Gehalt für Staatsbedienstete, Pensionskürzungen von drei Prozent und zusätzliche Steuern beispielsweise auf Tabak, Alkohol und Treibstoffe sowie Privatisierungen und eine Mehrwertsteuererhöhung von 17 auf 19 Prozent.
Finanzminister tritt zurück
Die Zypern-Krise fordert indes auch das erste politische Opfer: Finanzminister Michael Sarris gab am Dienstag seinen Rücktritt bekannt. Sein Nachfolger soll der bisherige Arbeitsminister Charis Georgiades sein. Ein Regierungsmitglied in Nikosia erklärte zudem, die erste Hilfstranche des zehn Milliarden Euro schweren Hilfspakets soll im Mai fließen. Die Kapitalverkehrskontrollen wurden gestern wieder gelockert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2013)