"Steigen Deutsche aus Euro aus, ist Europa gescheitert"

Steigen Deutsche Euro Europa
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Der deutsche Ökonom und Buchautor Markus Will warnt im DiePresse.com-Interview vor der Anti-Euro-Partei "Alternative für Deutschland".

Am Sonntag trifft sich in Berlin die 6000 Mitglieder umfassende "Alternative für Deutschland" zum Gründungsparteitag. Dahinter stehen keine polternden Rechtspopulisten, sondern honorige Volkswirte und konservative Publizisten. Ihr Frontmann, der Ökonom Bernd Lucke, gab der "Presse" Mitte März ein Interview. Laut Umfragen kann sich ein Viertel der Deutschen vorstellen, bei der Bundestagswahl im Herbst die Partei zu wählen. Der Buchautor Markus Will hat in seinem Thriller "Die Stunde des Adlers" (mehr dazu...) die Gründung einer Anti-Euro-Partei in Deutschland vorweggenommen. DiePresse.com hat ihn nun zu seiner Meinung befragt.

Sie haben in Ihrem Roman die Gründung einer Anti-Euro-Partei in Deutschland bereits vorweggenommen. Nun könnte erstmals tatsächlich eine deutsche Partei Erfolg haben, die eine Auflösung der Eurozone fordert. Was halten Sie davon?

Ich halte überhaupt nichts davon, weil diese - wie sie sich nennt - Alternative für Deutschland eben keine Alternative für die größte Volkswirtschaft der Eurozone ist. Die Eurozone ist und bleibt der wichtigste Wirtschaftsraum für Deutschland, auch wenn die relativen Handels- und Dienstleistungsströme wegen der immer wichtiger werdenden asiatischen Märkte abnehmen.

Ich habe es leider vorher gesehen. In Ihrem Land gibt es ja eine ähnliche Entwicklung. In meinem Thriller heißt sie Deutsche Mark Partei, die zurück zur D-Mark will. Und in Wahrheit ist der Euro-Austritt auch das einzige Thema der AfD. Alle anderen Aspekte ihres Wahlprogramms sind sehr bemüht und werden zudem von den etablierten Parteien abgedeckt.

Dahinter stehen aber diesmal keine polternden Rechtspopulisten, sondern honorige Volkswirte und konservative Publizisten. Macht das keinen Unterschied?

Das macht einen großen Unterschied aus, weil es das Ganze aus meiner Sicht noch schlimmer macht. Denn diese Leute müssten doch wissen, dass uns eine solche Entscheidung in einer tiefe Rezession führen würde, weil eine neue deutsche Währung massiv aufwerten würde und die Unternehmen über Jahren kaum exportieren könnten.

Dabei wäre das nur der wirtschaftliche Aspekt. Von der noch viel schlimmeren politischen Isolation haben wir noch gar nicht geredet. Glauben Sie, dass uns Deutsche dann noch jemand als Partner in der EU und auch in der Welt akzeptieren würde? Glauben Sie, dass noch irgend jemand etwas von uns Deutschen kaufen würde, was er nicht absolut zwingend braucht?

Ich kann dieses Apolitische dieser Ökonomen absolut nicht nachvollziehen. Wollte man beispielsweise ein Land wie Griechenland darben lassen? Exportieren können die Griechen nämlich nicht viel. Sie bräuchten weiter unsere massive Unterstützung. Und wie sollte es mit der deutsch-französischen Freundschaft weitergehen? Dazu hört man keinen Alternativvorschlag.

Die "Alternative für Deutschland" will als ersten Schritt die EU-Verträge verändern, Austritte ermöglichen. Was würde das für die Finanzmärkte bedeuten?

Den Finanz-Gau. In dem Moment, wo wir Deutschen aus dem Euro aussteigen würden, wäre Europa gescheitert. Mit allen Folgen für ein dann gar nicht mehr so friedliches Miteinander. Wenn man Verträge ändern will, dann müssen sie die Staaten noch näher zusammenbringen, beispielsweise in einer echten Fiskalunion unter teilweise Aufgabe nationaler Budgethoheiten.

Was halten Sie von dem Konzept der "Parallelwährungen" für die Südländer, das der Partei vorschwebt?

Für die Eurozone wäre das eine theoretische Überlegung aus der Parallelwelt weltfremder Ökonomen. Wie soll denn beispielsweise eine politisch schwache Pesete, Lira oder so im Außenhandel wirken?

Wie sollen die etablierten Parteien reagieren, um Anti-Euro-Parteien zu begegnen?

Schwierige Frage. Würde man einen Art Aufstand der etablierten Parteien organisieren, so würde man die AfD zum Märtyrer machen. Ließe man sie rechts liegen, nähme man sie nicht ernst. Ich glaube, es braucht eine starke Kommunikation von Kanzlerin und Kandidat, wie wichtig Europa für uns ist, das man nur mit Euro erhalten kann. Ohne Euro gibt es kein gemeinsames Europa.

Nach der Zypern-Rettung sprechen sogar EU-Politiker von einer grottenschlechten Kommunkationspolitik. Was müssen die Verantwortlichen künftig besser machen?

Zypern ist ein Sonderfall, auch in der Kommunikation. Die Bedeutung des Finanzsektors als Steueroase kann man nicht mit anderen Staaten vergleichen. Auch nicht mit Griechenland. Zypern zeigt auch, dass die Zeiten der diplomatischen Spielchen vorbei sind. Die Eurogruppe hätte klar sagen sollen: Alles über 100.000 Euro kommt in den Rettungstopf, bis es reicht.

Wie viele Kommunikationsfehler wie Zypern kann sich die EU noch leisten?

Man sollte jeden Fehler nur einmal machen. Insofern ist entscheidend, dass die Eurogruppe klar sagt, was geht. Wohlgemerkt nicht Deutschland. Das gilt gegenüber den beiden Clowns in Italien genauso wie für Mr. Hollande, der seinem Volk immer noch vormacht, sie seien eine Grande Nation. Aber das stimmt nicht mehr.

Was halten Sie von der Idee, künftig auch kleine Sparer bei der Rettung von EU-Staaten heranzuziehen?

Ich glaube, dass die Einlagensicherung bis 100.000 halten wird. Alles andere wäre der Abschied vom Geld wie wir es kennen, das als Tauschmittel und Wertaufbewahrung dient. Dennoch hat Eurogruppen-Chef Djisselbloem etwas Wahres gesagt; denn darüber hinaus gibt es keinen Grund zur Sicherung. Die Leute müssen schauen, dass sie ihr Geld von guten Banken aufbewahren lassen.

Der Autor

Der deutsche Ökonom Markus A. Will (1963) lebt seit 1998 in der Schweiz. Er betreibt gemeinsam mit seiner Frau eine Unternehmensberatung für Kommunikationsmanagement in der Nähe von St. Gallen und lehrt an der Elite-Universität HSG in St. Gallen als Privatdozent Kommunikationsmanagement.

Als Thriller-Autor hat er bisher drei Bücher verfasst: "Bad Banker" (2010), "Der Schwur von Piräus" (2011), "Die Stunde des Adlers" (2012). Alle drei Thriller drehen sich um die aktuelle Banken- bzw. Wirtschaftskrise.

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