Griechenland: Kommt jetzt der Schuldenschnitt?

Griechenland, Schuldenschnitt, Deutschland
Griechenland, Schuldenschnitt, Deutschland(c) EPA (FOTIS PLEGAS G.)
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Nach der Wahl, so wurde stets vermutet, werde man in Deutschland über einen neuen Schuldenschnitt für Griechenland reden. Nun kommt das Thema langsam aufs Tapet.

Wien. Während des Wahlkampfes in Deutschland wurde viel diskutiert – nur über eines nicht: Griechenland. Die Tatsache, dass das größte Sorgenkind der Eurozone immer weiter im Schuldensumpf versinkt, hielten die wahlwerbende Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erfolgreich weitgehend aus der Debatte heraus. Aber schon damals war klar: Ist die Wahl erst einmal geschlagen, geht es ans Eingemachte. Denn Griechenland wird seine Schulden nie und nimmer zurückzahlen können.

Wenige Monate nach Merkels fulminantem Wahlsieg kommt das Thema wieder an die Oberfläche. Im deutschen Finanzministerium, berichtete am Wochenende der „Spiegel“, werde bereits an einem neuen Hilfspaket gearbeitet. Der Bericht zitiert aus einem „Positionspapier Griechenland“. Darin würde sowohl ein Schuldenschnitt als Variante genannt als auch ein „begrenztes Anschlussprogramm“, mit dem frisches Geld aus dem europäischen Rettungsschirm ESM fließen könnte. Das Paket könnte ein Volumen zwischen zehn und 20 Milliarden Euro haben. Bedingung sei die konsequentere Umsetzung von Reformen.

Zumindest einen weiteren Schuldenerlass wies das Finanzministerium in Berlin zurück.  „Es gibt keinen neuen Stand“, so ein Sprecher. Es gelte das, worauf der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wiederholt hingewiesen habe. Zuletzt hat Schäuble in der Wirtschaftswoche weitere drohende Hilfszahlungen an Griechenland im Sommer nicht als hohes Risiko eingeschätzt. Es könne noch einen Restfinanzierungsbedarf geben, jedes weitere Paket wäre aber sehr viel weniger umfangreich als die bisherigen Hilfen. Auch die griechische Regierung wies die Gerüchte um einen weiteren Schuldenschnitt bis dato zurück – mit dem Hinweis, dass so etwas Vertrauen zerstöre.

Zweites Hilfspaket läuft aus

Dass Griechenland weitere Hilfen braucht, ist schon weniger umstritten. Das Land ist mit rund 170 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts verschuldet, im Budget fehlen für die Jahre 2014 und 2015 elf Mrd. Euro. Und so forderte kürzlich der stellvertretende Regierungschef, Vizepremier Evangelos Venizelos, die Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) zu einem weiteren Entgegenkommen auf. Er garantierte zwar, dass Griechenland alle Schulden zurückzahlen werde. Über das Wann und Wie müsse aber „ernsthaft“ verhandelt werden. Eine Möglichkeit, für die auch Experten wie etwa der Chef des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Karl Aiginger, plädieren, ist eine Streckung der Kredite – also eine längere Laufzeit und/oder niedrigere Zinsen. Die Troika hat Griechenland bislang 240 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt.

Bereits einmal wurde Griechenland mit einem Schuldenschnitt unter die Arme gegriffen. Die 107 Mrd. Euro, die Griechenland im Jahr 2012 erlassen wurden, mussten allerdings private Investoren, vor allem Banken, schultern. Von einem weiteren Schuldenschnitt wäre vor allem die öffentliche Hand betroffen, was die Maßnahme so unbeliebt macht.

Ein Besuch der Experten der Troika in Griechenland Ende Dezember endete relativ ergebnislos. Über die Auszahlung weiterer bereits zugesagter Tranchen des Hilfspaketes wurde keine Entscheidung getroffen – dabei waren allein für den Dezember Zahlungen in Höhe von 2,6 Mrd. Euro vorgesehen. Am Wochenende berichteten griechische Medien, dass das Land mit zahlreichen Reformmaßnahmen, die mit den internationalen Geldgebern vereinbart waren, im Rückstand sei. Das zweite Hilfsprogramm für Griechenland läuft Ende 2014 aus. (ag./red.)

Zur Sache

Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds hat Griechenland bislang rund 240 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das dürfte aber nicht reichen. Im deutschen Finanzministerium wird Gerüchten zufolge bereits über ein neues Hilfspaket verhandelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2014)

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