Erste-Chefanalyst Mostböck hält nichts davon, dass Ratingagenturen nach dem "Rasenmäherprinzip" vorgehen. Es müsse stark differenziert werden.
Erste-Group-Chefanalyst Friedrich Mostböck übt Kritik an der aus seiner Sicht ziemlich undifferenzierten Herabstufung der Bonität von Österreich und acht weiteren Euroländern durch Standard & Poor's (S&P), darunter Frankreich. Beim Staatsschulden-Abbau seien alle Nationen gefordert, neben der Eurozone auch Großbritannien, die USA und Japan. Die Eurozone sei nur "leichter angreifbar" mit einer Währung, aber "17 verschiedenen Zinsen".
Durch S&P seien "jetzt viele Regierungen wachgerüttelt", sagte Mostböck am Montag: "Der Politik muss es gelingen, mit einer effektiven Fiskal- und Finanzpolitik den Schulden gegenzusteuern - auch wenn kein Grund zur Hysterie besteht." Sollte Nachschussbedarf beim Euro-Rettungsschirm EFSF bestehen, seien vor allem Deutschland und Frankreich gefordert.
"Es steht jetzt 2:1 für Österreich"
Österreichische Staatsanleihen könnten sich infolge des Downgradings durch die Ratingagentur S&P zeitweise durchaus verteuern, meint der Erste-Chefanalyst, doch sei hier zuletzt vieles schon eingepreist gewesen. Nach wie vor würden die Investoren heimische Staatsbonds jedoch recht lange halten: "Phasenweise kann es aber schon zu höheren Zinsen führen."
Es bestehe überhaupt kein Grund in Hysterie zu verfallen, wenn nun eine von drei Agenturen Österreich um eine Stufe herabgesetzt habe, betont Mostböck: "Es steht jetzt 2:1 für Österreich - die zweitbeste Note ist noch immer sehr gut." Daher sollte man "nicht die Nerven verlieren".
Ratingagentur mit Rasenmäherprinzip
Er halte aber nichts davon, dass Ratingagenturen "tabula rasa nach dem Rasenmäherprinzip" machen, kritisiert Mostböck, der auch dem Vorstand der European Federation of Financial Analysts Societies (EFFAS) angehört: "Es muss pro Staat sehr, sehr stark differenziert werden - auch zwischen Österreich und Frankreich. Österreich zum Beispiel hat das deutlich bessere AA+-Rating als Frankreich."
Der Ansatz der Verallgemeinerung sei schon 2009 falsch gewesen, als Osteuropa in einem Topf geworfen worden sei. Auch jetzt dürfe eine Ratingagentur nicht auf triviale Weise die europäische Politik über einen Kamm scheren. Aber der Druck sei durch die Herabstufung durch S&P jetzt einmal da. Da müsse sich die Politik, auch ohne Ratingagenturen, etwas einfallen lassen zum Abbau der Schulden - inklusive Großbritannien, den USA und Japan.
(APA)