Griechenland: Knapp vor Etappensieg, Ziel weit weg

Griechenland Knapp Etappensieg Ziel
Griechenland Knapp Etappensieg Ziel(c) EPA (Paris Papaioannou)
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Die Verhandlungen um den Schuldenschnitt für Griechenland stehen kurz vor dem Durchbruch. An den eigentlichen Problemen ändert das aber nichts.

Griechenland verhandelt momentan über den dringend erforderlichen Schuldenschnitt seiner privaten Gläubiger. Den Schuldenerlass in Höhe von 50 Prozent sollen private Gläubiger wie Banken, Versicherungen und Hedgefonds freiwillig schultern. Die Gespräche wären bisher "produktiv" gewesen, wurde verlautbart. Am Freitag soll eine große weltweite Telekonferenz mit Vertretern zahlreicher Banken starten. Diese sollen über die Details des Schuldenschnitts informiert werden, der angeblich fast unter Dach und Fach ist. Griechische Medien gehen davon aus, dass die angestrebte Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) spätestens am Montag fertig sein könnte.

Diese Absichtserklärung bedeutet aber noch nicht, dass der langwierige Prozess des griechischen Schuldenschnitts damit zu Ende ist. Ob der erfolgreich wird, hängt davon ab, wie viele Banken und andere Besitzer griechischer Staatsanleihen mitmachen und auf Geld verzichten. Angepeilt ist, dass die Summe von 100 Milliarden Euro erreicht wird.

Schuldenschnitt: Höher als 50 Prozent?

Die privaten Gläubiger sollen bestehende Anleihen in neue tauschen, dabei auf Teile ihrer Forderungen verzichten und auch niedrigere Zinsen in Kauf nehmen. Freitag früh deuteten Informationen aus Bankkreisen auf einen Zinssatz zwischen 3,5 und 4,6 Prozent hin, die Laufzeit soll demnach 30 Jahre betragen. In den ersten Jahren soll der Zinssatz niedriger sein, dann soll er stufenweise steigen. Abhängen soll der Anstieg der Zinsen vom griechischen Wirtschaftswachstum - wobei fraglich ist, wann die Wirtschaft des Landes überhaupt wieder wächst.

Der Schuldenschnitt dürfte die Banken nach Schätzungen griechischer Finanzexperten mehr als die 50 Prozent kosten, von denen häufig die Rede ist: Die reellen Einbußen könnten aufgrund der geringeren Zinsen bis zu 68 Prozent der ursprünglichen Anlagen betragen.

Wenig Hoffnung an der zweiten Front

An der zweiten Front im griechischen Schuldendrama sieht es momentan hingegen gar nicht gut aus. Bis zum EU-Gipfel am 30. Jänner wird die sogenannte Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission einen Fortschrittsbericht zu den Sparbemühungen des Landes vorlegen. Sollte sich die Lage verschlechtert haben, müsste das zweite Paket zur Griechen-Rettung im Umfang von 130 Milliarden Euro noch einmal aufgestockt werden.

Im Bereich des öffentlichen Diensts sollten 30.000 Beamte abgebaut werden. Tatsächlich dürften es aber nicht mehr als 1000 Stellen sein. Das Ziel, bis 2015 insgesamt 150.000 Beamte abzubauen, scheint angesichts dieser Zahl äußerst unrealistisch. Damit scheint schon jetzt klar zu sein, dass die Griechen ihre Sparversprechen wieder nicht einhalten können.

Zu viele Beamte, aber zu wenig Finanzbeamte

Erst am Donnerstag hatte Griechenland-Experte Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universität in Linz Zweifel am politischen Willen der griechischen Führung geäußert. Die Reformen würden chaotisch verlaufen. Griechenland könne viele seiner Versprechen nicht einhalten, sagte er im "Ö1"-Interview. So würden im Staatsdienst viel weniger Menschen entlassen als geplant. Als Grund führt er an, dass diese Personen wohl Parteimitglieder seien oder Parteien nahestünden.

Auf der anderen Seite würden ausgerechnet im Kampf gegen die Steuerhinterziehung Beamte fehlen. Durch den Einstellungsstopp fehle das Personal, um Steuererklärungen zu prüfen und säumiges Geld, etwa von Supermärkten oder Baufirmen, einzutreiben. Das Privatisierungsprogramm käme ebenfalls nur zögerlich voran. Es sei schwierig zahlungskräftige Käufer für den Hafen von Piräus oder die Telekom zu finden.

EU-Kommissar Rehn warnt vor Scheitern

Indes warnt der europäische Währungskommissar Olli Rehn vor einem Scheitern der Hilfe für Griechenland. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" sagte er, es sei jetzt "entscheidend", dass die großen europäischen Parteien ihre Kollegen in Griechenland endlich davon überzeugen, Reformen verbindlich umzusetzen. "Sonst könnte dieses Programm scheitern", gab er zu bedenken.

(phu/Ag.)

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