Griechen-Präsident erbost: "Wer ist Herr Schäuble?"

Der griechische Staatspräsident rügt den deutschen Finanzminister für seine Forderungen
Der griechische Staatspräsident rügt den deutschen Finanzminister für seine Forderungen(c) EPA (Maria Marogianni)
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Der deutsche Finanzminister Schäuble forderte einen überzeugenden Vertrauensbeweis. Sonst plädiere er für eine Verschiebung der Griechen-Hilfe.

In Griechenland gilt Staatspräsident Karolos Papoulias als Mann des Ausgleichs, als freundlich, sachlich und zurückhaltend. Seine emotionale Attacke auf den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble, dem er vorwarf Griechenland zu "verhöhnen", lässt daher erahnen, wie tief der Frust der Griechen über die zähen Verhandlungen zur Rettung ihres Landes vor dem Staatsbankrott und die immer neuen drakonischen Sparauflagen mittlerweile sitzt.

Der 82-Jährige hatte sich Schäuble wegen der harten Haltung Deutschlands im Kampf gegen den griechischen Schuldenberg vorgeknöpft. "Ich akzeptiere nicht, dass Herr Schäuble mein Land verhöhnt, als Grieche akzeptiere ich das nicht", sagte Papoulias am Mittwoch bei einem Besuch im Verteidigungsministerium in Athen. "Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland verhöhnt?"

Widerstand gegen Nazis

Papoulias, der selbst lange in Deutschland lebte, stammt aus Ioannina im Nordwesten Griechenlands. Als Jugendlicher schloss er sich dem Widerstand gegen die deutschen Nazi-Besatzer an. "Wir waren stets stolz nicht nur auf die Verteidigung unserer Freiheit, sondern auch auf diejenige Europas", sagte Papoulias bei seiner Schäuble-Attacke. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er Jus in Athen, München und Köln, weshalb er fließend Deutsch spricht.

Nach dem Studium arbeitete er von 1963 bis 1981 als Rechtsanwalt, von 1977 bis 2000 saß er für seine Heimatstadt Ioannina als Abgeordneter der Sozialisten im Parlament. Seine politische Karriere verdankt er nicht zuletzt seiner Freundschaft zum legendären Gründer der sozialistischen PASOK-Partei, Andreas Papandreou. Unter Papandreou, dem Vater des im November zurückgetretenen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, war er zweimal Außenminister.

Wenig Macht

Für das Amt des Staatspräsidenten wurde er 2005 allerdings von den damals regierenden Konservativen vorgeschlagen und mit Unterstützung der sozialistischen Abgeordneten im Parlament gewählt. Bei seiner Wiederwahl im Februar 2010 stimmten für ihn nicht nur die damals regierenden Sozialisten, sondern auch die konservative Nea Dimokratia und die ultrarechte LAOS-Partei.

Als Staatspräsident hat Papoulias vorwiegend repräsentative Aufgaben und wenig direkte Macht. Aus dem in Griechenland traditionell erbittert ausgetragenen Parteienstreit hält er sich heraus. Bei seinen Landsleuten ist der weißhaarige Politiker nicht zuletzt deshalb sehr populär. Bei seiner Wiederwahl vor zwei Jahren lagen seine Zustimmungswerte bei über 80 Prozent.

Am Mittwoch machte Papoulias nicht nur mit seinem Schäuble-Angriff, sondern auch mit einer symbolischen Geste im Kampf gegen den griechischen Schuldenberg von sich reden: Er verzichtete auf sein Gehalt.

(APA/Ag.)

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