Eurokrise: „Es gibt Europa auch ohne Euro“

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Symbolbild(c) REUTERS (PAUL HANNA)
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Thomas Mayer, der scheidende Chefökonom der Deutschen Bank (DB), verabschiedet sich nicht leise, sondern mit einer provokanten Ansage zur Euro-Debatte: „Deutschland muss sich fragen, ob es den Euro will.“

Wien/Frankfurt/jil. Nur noch bis 31. Mai wird Thomas Mayer der Chefvolkswirt der Deutschen Bank (DB) sein. Er verabschiedet sich aber nicht leise, sondern erweitert die Euro-Debatte um eine Facette, die es in sich hat: Wenn die Eurokrise sich so weiterentwickelt wie bisher, dürfe ein Euro-Ausstieg Deutschlands kein Tabu mehr sein, so Mayer in einem Interview mit der deutschen Ausgabe des „Wall Street Journal“.

„2012 wird das Schicksalsjahr für den Euro werden“, so Mayer: „Es werden die Weichen dafür gestellt, ob er langfristig zum Erfolg wird oder ob er rückabgewickelt wird. Das wird davon abhängen, ob Italien und Spanien zu ihren Programmen stehen.“ Die Euro-Debatte in Deutschland könnte sich bis zu den Bundestagswahlen 2017 ziehen. Scharf ins Gericht geht Mayer mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er halte nichts von dem Merkelschen Satz: Scheitert der Euro, scheitert Europa. Sie solle diesen Satz zurücknehmen, so der Ökonom. „Es gibt Europa auch ohne Euro. In Europa hat es in den vergangenen Jahrhunderten schon so viele Währungen gegeben – warum sollte der Euro die letzte Währung sein?“

Auch das bisherige Krisenmanagement der EZB kritisiert Mayer: Man hätte für die Banken ein „perverses Anreizsystem“ geschaffen. Die südeuropäischen Banken würden billiges EZB-Geld in die Staatsanleihen des eigenen Landes stecken, während sie der Realwirtschaft den Geldhahn zudrehen. Das führe zu einer „Renationalisierung“ des Bankensystems.

Aber nicht nur der Euro, auch der Dollar sei in Gefahr, so Mayer: „Die letzten 70 Jahre haben die USA auf Pump gelebt. Aber 70 Jahre sind gar nichts in der längeren Wirtschaftsgeschichte. Die USA haben sich in dem Status eingerichtet, die wichtigste Reservewährung der Welt anbieten zu können. Sie haben die Möglichkeit, sich im Ausland in eigener Währung zu verschulden. Das heißt aber nicht, dass das immer so weitergeht. Wenn das Vertrauen verloren geht, war's das dann. Dann wird jemand anderes die Reservewährung anbieten.“


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