Keine Spur von Panik an den Börsen

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Symbolbild(c) AP (Lefteris Pitarakis)
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Marktreaktionen. Die Finanzmärkte hatten die Wahlergebnisse von Griechenland und Frankreich schon "eingepreist", die vielfach befürchteten Kursstürze bleiben aus.

Wien/Ju/Ag. Ein sozialistischer Premier in Frankreich, Griechenland de facto unregierbar: Gut waren die Voraussetzungen, die die Finanzmärkte Montagfrüh für den Start in die neue Woche vorfanden, wohl nicht. Aber die Großinvestoren hatten mit diesem Ausgang offenbar längst gerechnet, denn die unmittelbare Reaktion der Märkte auf die Wahlausgänge in Griechenland und Frankreich war praktisch null: Am frühen Nachmittag lag der wichtigste deutsche Börseindex DAX nur leicht im Minus, der österreichische ATX und der europäische Eurostoxx waren sogar im Plus. Ebenso der Euro. Das ist keine Konstellation, die Krisenstimmung signalisiert.

Arm dran waren nur jene „Nerverln" unter den Anlegern, die sich von den beiden Wahlergebnissen und der schlechten Performance der asiatischen Börsen in Panik treiben ließen und ihre Aktien noch vor Börsenbeginn auf außerbörslichen Plattformen auf den Markt warfen: Sie verloren viel Geld. Der deutsche DAX sackte eine Stunde vor Börseneröffnung schlagartig um fast 2,5 Prozent nach unten, bevor er dann unaufhörlich bis zur „Wasserlinie" zu steigen begann. Bestätigt wurde damit wieder einmal eine der Börsenregeln des Altmeisters Andre Kostolany, der gemeint hat, man soll sich erst einmal Übersicht verschaffen, wenn jemand im Kino „Feuer" schreit. Die, die sofort panisch zur Tür rennen, würden nämlich mit hoher Sicherheit niedergetrampelt.

Kein großer Kurswechsel in Frankreich

Die Gelassenheit der Börsianer hat vor allem einen Grund: Auf den Finanzmärkten glaubt niemand, dass Frankreich seinen Kurs unter dem neuen Premier wesentlich ändern oder gar auf echten Kollisionskurs mit Deutschland gehen wird. Hollande habe zwar einige radikale Schritte (etwa Steuererhöhungen) angekündigt, die er auch werden „liefern" müssen, gleichzeitig habe er aber auch durchblicken lassen, dass Frankreich grundsätzlich am vereinbarten Schuldenabbau-pfad für die kommenden Jahre festhalten wolle. Das sieht für die Börsianer nicht nach radikalem Antisparkurs aus.

Ein sicheres Zeichen, dass die Märkte in Frankreich derzeit keine Gefahr sehen: Die fünf Aktien mit den stärksten Kurszuwächsen im europäischen Eurostoxx-Index waren Banken, darunter die französischen Großinstitute BNP Paribas und Societe Generale. Die Banken waren damit die Hauptverantwortlichen dafür, dass der Eurostoxx deutlich im Plus notierte.

Ähnlich auch die Reaktion der Anleihenmärkte: Die Rendite französischer Staatsanleihen gab am Montag sogar leicht nach, Frankreich muss am Tag nach der Wahl des Sozialisten Hollande also weniger für seine Staatsschuld bezahlen als am Tag davor.

Anders sah die Lage naturgemäß in Griechenland aus: Dort brach die Börse in Athen um sieben Prozent ein. Große Verlierer waren die Banken, die teilweise Kursverluste von mehr als 20 Prozent erlitten. Gleichzeitig zog die Rendite für zehnjährige griechische Staatsanleihen relativ stark auf 21,84 Prozent an. Der griechische Markt ist aber offenbar zu klein, um die europäischen Hauptmärkte wesentlich zu beeinflussen.

Griechenland-Wahl stärkt den Euro

In Griechenland gehen die Börsianer offenbar davon aus, dass sich das Land nach dem Erstarken ultraradikaler Kräfte nicht mehr lange im Euro wird halten können. Das ist eine Katastrophe für die Griechen (zumindest für jene, die noch über Geldguthaben im Inland verfügen), aber nicht für den Euro: Der legte nach dem griechischen Wahlergebnis sogar leicht zu.

Finanzexperten wundern sich darüber nicht: Sie gehen davon aus, dass ein Euro ohne Krisenländer sehr stark aufwerten würde. „In der Sekunde, in der sie verkünden, dass Griechenland aus dem Euro raus ist, wird der Euro auf 1,36 Dollar steigen", sagte der britische Finanzexperte Morgan McDonnell am Montag zur Nachrichtenagentur Bloomberg. Derzeit steht er bei 1,30.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2012)

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