Wie frei ist die Notenbank?

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Symbolbild(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Von Ungarn verlangt die Europäischen Union eine politisch unabhängige Notenbank. Das Land müsse sich an die EU-Regeln halten. Dabei ist in Österreich der Regierungseinfluss viel höher.

Wien. Ideologisch liegen zwischen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Ungarns konservativen Regierungschef Viktor Orbán Welten. Doch beide versuchen alles, um ihren Einfluss auf die jeweiligen Notenbanken geltend zu machen. Bei Orbáns Vorstoß regte sich halb Europa auf. Bei Faymann dagegen halten sich die Proteste in Grenzen. Dabei greift Österreichs Regierung deutlich stärker in die Personalpolitik der Notenbank ein als die ungarische. Auf Druck der Europäischen Union ist das osteuropäische Land nun bereit, das Notenbankgesetz zu ändern.

Ein Sprecher von Orbáns Regierungspartei Fidesz sagte am Dienstag, die Novelle könnte „innerhalb der nächsten zwei Wochen“ verabschiedet werden. Um die Finanzkrise zu bewältigen, braucht Österreichs Nachbarland von der EU und vom Internationalen Währungsfonds Unterstützung in Milliardenhöhe. Doch das Geld soll erst fließen, wenn Orbán die Unabhängigkeit der Notenbank garantiert.

Ungarns Regierung wollte aus Kostengründen die Finanzaufsicht und die Notenbank zusammenlegen. Bankchef Andreas Simor sollte außerdem einen mächtigen Stellvertreter bekommen. Dieser wäre von der Regierung ernannt worden. Zudem sollte das Parlament Vertreter für einige Notenbankgremien nominieren. Orbáns Zugriff auf das Institut sorgte für eine Flut an Protesten.

Wer verletzt hier EU-Rechte?

In Budapest gingen tausende Menschen auf die Straßen. Die EU-Kommission stellte das osteuropäische Land an den Pranger. Ungarn müsse sich an alle EU-Regeln halten und die Unabhängigkeit der Zentralbank gewährleisten, verlangte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.
Auch US-Außenministerin Hillary Clinton schaltete sich in den Streit ein. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (ein deutscher Sozialdemokrat), sah in Ungarn rechtsstaatliche Prinzipien gefährdet.

In Österreich ist die Notenbank vom Gesetz her unabhängig. Doch alle relevanten Posten werden von den beiden Regierungsparteien vergeben. Im Notenbank-Vorstand sitzen jeweils zwei SPÖ- und ÖVP-Vertreter. Ihre Verträge laufen im Sommer 2013 aus. Da aber im nächsten Jahr gewählt wird, wollen SPÖ und ÖVP die Neubestellungen noch heuer fixieren. In der SPÖ hat Notenbank-Chef Ewald Nowotny (früher SPÖ-Finanzsprecher) Konkurrenz. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll Kanzler Werner Faymann die frühere EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell (die Frau von Arbeiterkammer-Chef Herbert Tumpel) favorisieren, weil Nowotny nicht mehr ganz auf SPÖ-Linie ist. Nicht nur im Vorstand, sondern auch im Generalrat, der wie ein Aufsichtsrat fungiert, geben ÖVP- und SPÖ-Vertreter den Ton an.


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