Deutsche Regierung will angeschlagene Hypo Real Estate retten

(c) AP (Uwe Lein)
  • Drucken

Wettlauf gegen die Zeit. Um den deutschen Immobilien-Finanzierer noch retten zu können, muss bis Eröffnung der Aktienmärkte am Montag eine Lösung gefunden werden. Die deutsche Regierung arbeitet an einer Lösung.

Die deutsche Bundesregierung zeigt sich entschlossen, durch die Krise des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate nicht das ganze Finanzsystem in eine Schieflage geraten zu lassen. Das sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag kurz vor Beginn der Koalitionsrunde in Berlin. 

"Wir werden nicht zulassen, dass die Schieflage eines Finanzinstituts zu einer Schieflage des gesamten Systems wird. Deshalb wird auch mit Hochdruck daran gearbeitet, die Hypo Real Estate zu sichern", sagte die Regierungschefin. Weiter kündigte sie an, dass diejenigen, die unverantwortliche Geschäfte gemacht hätten, zur Verantwortung gezogen würden. "Dafür wird die Bundesregierung sorgen. Das sind wir auch den Steuerzahlern schuldig."

Zuvor war das 35 Milliarden Euro schwere Rettungspaket für den deutschen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate geplatzt. Das angeschlagene DAX-Unternehmen kämpft nun ums Überleben. Die Zeit drängt: Eine Lösung müsste bis Eröffnung der Aktienmärkte am Montag gefunden werden. Nach Angaben eines Konzernsprechers gibt es Signale der irischen Regierung, dass sie Maßnahmen zur Stützung der in Irland angesiedelten Tochter Depfa prüfe, die die HRE in den Strudel der Finanzkrise gerissen hatte.

Kreditzusagen nicht mehr gültig

"Wir kämpfen darum, das Unternehmen zu erhalten", sagte HRE- Sprecher Hans Obermeier am Samstagabend der Deutschen Presse-Agentur dpa in München. Die Hypo Real Estate hatte kurz zuvor das Scheitern des Rettungspakets bekanntgeben müssen. Die Zusage der Finanzbranche für einen kurzfristigen Kredit von 15 Milliarden Euro sei nicht mehr gültig, hieß es.

Das Finanzministerium, das maßgeblich an dem Rettungspaket beteiligt war, war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Zunächst sei das Thema Hypo Real Estate eine Sache der Bankenaufsicht, hieß es. Zum weiteren Vorgehen teilte die Hypo Real Estate mit, man prüfe die drohenden Konsequenzen für die Einheiten des Konzerns. Es werde nach alternativen Maßnahmen gesucht.

"Rettung ohne Banken-Beteiligung nicht möglich"

Die großen Aktionäre hätten deutlich gemacht, dass sie das Unternehmen unterstützen wollten, sagte der HRE-Sprecher. Ein Großaktionär ist der US-Finanzinvestor J.C. Flowers. Er war im Frühjahr - zu drastisch höheren Aktienkursen - eingestiegen und hielt zuletzt einen Anteil von gut 24 Prozent.

"Wir können nur hoffen, dass sich alle Beteiligten der Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Lage bewusst sind", sagte der Konzernsprecher. Eine Rettung ohne Beteiligung der Banken wäre nicht möglich. Als Staatsfinanzierer verfüge die HRE über Vermögenswerte erstklassiger Qualität. Auch in der Immobilienfinanzierung hätten die Aktiva ein gutes Risikoprofil.

Mit dem vor einer Woche geschnürten Rettungspaket sollte die Hypo Real Estate kurzfristig einen Kredit von 15 Milliarden von der Finanzbranche erhalten und weitere 20 Milliarden von der Bundesbank, die bis in die zweite Jahreshälfte 2009 hinein reichen sollten. Diese Kredite sollten mit Bürgschaften abgesichert werden, von denen der Bund mit rund 26,5 Milliarden den Großteil tragen sollte.

Braucht Hypo Real Estate noch mehr Geld?

Nach Informationen der "Welt am Sonntag" stellte die Deutsche Bank aber fest, dass die HRE bereits kurzfristig deutlich mehr Geld brauche. Laut Deutscher Bank fehlten dem Vernehmen nach bis Jahresende bis zu 50 Milliarden Euro und bis Ende 2009 sogar 70 bis 100 Milliarden Euro.

Die Finanzbranche hatte sich erst in der Nacht zum Freitag nach einem zähen Ringen auf die Lastenverteilung bei ihrem Teil der Bürgschaften von insgesamt 8,5 Milliarden Euro geeinigt. Damit galt die Rettung der HRE eigentlich als gesichert. Der HRE-Sprecher hatte allerdings noch am Samstag eingeräumt, dass es noch keine unterzeichneten Verträge zu den Kreditlinien gab. "Die Banken zögern und überdenken das Paket insgesamt noch einmal", hatte die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" kurz vor der HRE-Mitteilung Finanzkreise zitiert.

"Regierung muss Ernst der Lage erkennen"

Die Finanzbranche sehe keinen weiteren Spielraum für eine größere Unterstützung der HRE, hieß es in der "Welt am Sonntag" zu den Informationen über einen höheren Liquiditätsbedarf. "Es ist allerhöchste Zeit, dass die Bundesregierung den Ernst der Lage erkennt", wurde ein Bankmanager zitiert.

Branchenbeobachter hatten nicht ausgeschlossen, dass die Finanzindustrie Druck auf den Bund ausüben wollte, damit er sich noch stärker bei der Rettung der Hypo Real Estate engagiert. Nach Informationen aus dem Umfeld der Verhandlungen strebte die Branche anfänglich eine Verstaatlichung der HRE an.

Die Hypo Real Estate war wegen Liquiditätsproblemen ihrer Staatsfinanzierungstochter Depfa in Schwierigkeiten geraten. Diese hatte systematisch ihre langfristigen Ausleihungen mit kurzfristigen Mitteln vom Geldmarkt refinanziert. Durch die Kreditkrise trocknete der Markt aber aus, so dass die Depfa plötzlich eine riesige Liquiditätslücke hatte.

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.