Die Sehnsucht nach dem Euro wächst

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Dänemark, Schweden und Island wünschen sich derzeit die stabile EU-Währung. Keine Euro-Begeisterung gibt es indessen in der Schweiz.

KOPENHAGEN. Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten wecken in Dänemark, Schweden und Island nun Sehnsüchte nach dem Euro. „Erstmals kann die Bevölkerung sehen, dass das Nein zum Euro Konsequenzen hat“, sagt der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen und stellt ein neues Referendum über den Beitritt zur Gemeinschaftswährung in Aussicht. Auch sein schwedischer Kollege Fredrik Reinfeldt meint, dass es „in unsicheren Zeiten“ beruhigender wäre, zu den Euro-Ländern zu zählen. Die schwedische Krone ist in den letzten Tagen stark unter Druck geraten.

Und auch Island wünscht sich nach den Turbulenzen der letzten Wochen eine EU-Annäherung samt Übernahme des Euro. Zu heftig hat die nationale Finanzkrise an der eigenen Währung gerüttelt. Angeblich, so heißt es, hatte die Regierung sogar in Brüssel vorgesprochen und gebeten, den Euro als offizielles Zahlungsmittel einführen zu dürfen. Dies wurde aber abgelehnt.

Keine Euro-Begeisterung gibt es indessen in der Schweiz. Die Eidgenossen sehen in Zeiten der Krise sogar einen Vorteil in ihrer eigenen Währung, dem Franken.

Die dänischen Wähler haben in einer Volksabstimmung im Jahr 2000 den Euro abgelehnt, die Schweden folgten dem Beispiel drei Jahre später. Die Warnungen vor negativen Folgen, die die Euro-Anhänger in den Wahlkämpfen ausmalten, bewahrheiteten sich in den vergangenen Jahren nicht. Im Gegenteil: bei Wachstum, Arbeitslosigkeit und Inflation standen die Skandinavier lange besser da als die Länder des Euro-Raums, und dass das Zinsniveau minimal höher war als jenes der Europäischen Zentralbank, erschien den meisten als geringer Preis für die währungspolitische Selbstständigkeit. Doch nun klafft gerade die Zinsschere weit auseinander: Während die EZB den Leitzinssatz auf niedrigen 3,75 Prozent hält, musste die Nationalbank in Kopenhagen den ihrigen auf fünf Prozent hinaufsetzen, um Angriffe auf die Dänenkrone abzuwehren. Für den durchschnittlichen dänischen Hausbesitzer macht das ein paar tausend Kronen mehr an monatlichen Ausgaben aus.

Hinzu kommt der „Verlust politischen Einflusses“, wie Rasmussen sagt: „Als sich die 15 Euro-Länder in Paris trafen, wäre ich auch gerne dabei gewesen“, gibt Rasmussen offen zu. So mussten er und Reinfeldt ein paar Tage später in Brüssel abnicken, worauf sich die anderen geeinigt hatten.

Referendum im nächsten Jahr

„Unser Außenseiterstatus ist schädlich“, ist Rasmussen überzeugt. Sein Drehbuch sah eigentlich ein Referendum über die dänischen Vorbehalte in der EU-Verteidigungs- und Justizpolitik schon in diesem Herbst vor, dem dann eine neue Euro-Abstimmung im kommenden Jahr hätte folgen sollen. Das Nein der Iren zum Lissabon-Vertrag hat diesem Plan aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Erst wenn das „irische Problem“ gelöst ist, kann das dänische angegangen werden, wobei der Euro nun Vorrang bekommen könnte. „Noch in dieser Legislaturperiode“ will der Regierungschef die Dänen über die Gemeinschaftswährung abstimmen lassen, das hieße vermutlich 2010, vielleicht auch schon im nächsten Jahr.

Ein dänisches Ja könnte auch Schweden beeinflussen, glaubt Reinfeldt. „Wir beobachten mit großem Interesse, was dort passiert.“ Andere Spitzenpolitiker aus Regierung und Opposition bezweifeln, dass ein schwedisches Referendum in den nächsten Jahren aktuell werden könne, zu nahe liege noch das Nein von 2003.

Ein „Blitzvotum“ über den Euro werde es auch in Dänemark nicht geben, stellt Rasmussen klar. Er will sich nicht dem Vorwurf aussetzen, die Krise auszunützen. Einstweilen gibt er sich damit zufrieden, dass die Turbulenzen allen vor Augen geführt haben, was es kostet, wenn man draußen steht.

AUF EINEN BLICK

Vorteile des Euro. Die Gemeinschaftswährung ist allein wegen ihrer Verbreitung, aber auch wegen der gemeinsamen Stützung durch 15 Teilnehmerländer stabiler als jede kleinere Währung. Der Euro ist deshalb nicht den gleichen Spekulationen ausgesetzt wie etwa die schwedische oder dänische Krone. Dazu kommt, dass Anleger dahin tendieren, in unruhigen Zeiten ihr Geld eher in einer großen, stabilen Währung anzulegen als in einer kleinen, volatilen Währung.

Nachteile für Kleinwährungen. Kommt eine wenig verbreitete Währung unter Druck, muss die nationale Zentralbank rasch gegensteuern. Oft geschieht dies über eine Zinsanhebung, um dem Kursverfall entgegenzuwirken. Dies bedeutet steigende Kreditkosten und einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2008)

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