Wer für die Krise bezahlen wird

(c) Reuters (Cathal McNaughton)
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Die Optionen liegen auf dem Tisch: höhere Steuern, Vermögensabgaben, weniger Mittel für die Beamten oder sparen bei den Sozialausgaben. Die Regierung muss entscheiden, wie sie das Defizit einbremst.

Wien. Die Diskussion in der SPÖ über die Einführung höherer Vermögenssteuern ist erst ein Vorgeschmack. Zwar sind sich derzeit die Spitzen von SPÖ und ÖVP einig, dass es keine Steuererhöhungen geben darf. Aber es ist gut möglich, dass dieser Konsens nicht lange anhalten wird. Die weltweite Wirtschaftskrise sorgt für ein sprunghaftes Anschwellen des Budgetdefizits. Unklar ist derzeit eigentlich nur noch, wie sehr das Budget aus dem Ruder laufen wird. Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien, ist vorerst noch optimistisch: „Die Konjunkturpakete bewegen sich in einem Rahmen, der noch vertretbar ist. Man kann die Krise durchaus finanzieren, ohne neue Steuern einzuführen“, so Felderer zur „Presse“. Man müsse nur „ein wenig vorsichtig mit dem Geld umgehen“. Andere sehen da deutlich schwärzer. So rechnet der Budgetexperte Gerhard Lehner schon nächstes Jahr mit einem Minus von vier Prozent des BIP – und mit der Notwendigkeit, bald kräftig gegenzusteuern.

Die Frage ist nur: Wie wird gegengesteuert? Und wer muss letztlich die Zeche für die Krise bezahlen? Handlungsoptionen gibt es mehrere – und alle sind gleichermaßen unangenehm. Die einfachste Variante ist immer, die Steuern zu erhöhen. Nur: Die Große Koalition hat gerade mit viel Mühe eine Steuerreform beschlossen. Jetzt das Rad der Zeit zurückzudrehen würde bedeuten: Der Mittelstand, der gerade zu Recht entlastet wurde, müsste wieder die Zeche zahlen. Denn bei den mittleren Einkommen ist das meiste Geld zu holen (siehe Grafik).

Niedrige Vermögenssteuern in Österreich

Die Einführung von Vermögenssteuern, wie jetzt von Teilen der SPÖ gefordert, wäre da schon die logischere Variante, zeigen doch internationale Vergleichsstudien, dass Vermögen in Österreich sehr niedrig besteuert ist (Einkommen dafür sehr hoch). Auch da gäbe es mehrere Varianten. Zunächst die Besteuerung der Vermögen selbst. Die ist jedoch in Österreich vom früheren SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina abgeschafft worden, eine Wiedereinführung fordert außer Voves aber kaum jemand.

Anders schaut es bei der Besteuerung von Vermögenszuwächsen aus. Dass Gewinne aus Aktien- und Immobiliengeschäften ähnlich den Sparbuchzinsen besteuert werden sollen, darüber gab es vor einem Jahr schon eine Einigung in der Gusenbauer-Molterer- Koalition. Diese Pläne könnten jederzeit reaktiviert werden. Betroffen wäre vor allem der Mittelstand, der Immobilien und Wertpapiere als Altersvorsorge anschafft.

Viel zu holen wäre bei der Grundsteuer: Diese wird immer noch nach fiktiven Einheitswerten aus den 70er-Jahren berechnet, die weit vom Verkehrswert entfernt sind. Eine „Reichensteuer“ wäre die Anhebung der Einheitswerte allerdings nicht. Hauptbetroffen wären die Landwirtschaft (so sie keine Ausnahmeregelung bekommt), Eigenheimbesitzer und Wohnungsmieter. Denn die Grundsteuer ist Teil der Betriebskosten und wird auf die Mieter abgewälzt.

Felderer bezeichnet eine Vermögenszuwachssteuer als „kontraproduktiv“. Es gäbe sie ohnehin bereits auf alle Kapitalerträge. Er könne sich nur vorstellen, die einjährige Frist, bis zu der Gewinne aus Aktienverkäufen zu versteuern sind, auf zwei oder drei Jahre zu verlängern. „Damit könnte man professionelle Spekulanten von jenen trennen, die das Geld langfristig beispielsweise zur Pensionsvorsorge anlegen.“

Will man Steuern weder erhöhen noch neu einführen, so gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit, das Budget wieder ins Lot zu bringen: Der Staat muss seine Ausgaben kürzen. Wobei man das jetzt von Politikern aller Couleurs angepriesene Wundermittel Verwaltungsreform getrost vergessen kann: Es dauert Jahre, bis eine Verwaltungsreform finanziell etwas bringt – am Anfang kostet sie sogar etwas.

In Wahrheit hat der Staat zwei Möglichkeiten zu sparen: bei den Beamten (zwei Stunden zusätzlicher Unterricht für die Lehrer wären da erst ein Vorgeschmack) und bei den Sozialausgaben. Da wären es dann Arbeitslose und Pensionisten, die die Zeche für die Krise zu zahlen hätten. Die Regierungsspitze hat bisher nur gesagt, was sie nicht will, nämlich keine neuen Steuern. Aber irgendwann wird sie sagen müssen, wer für die Krise tatsächlich bezahlen soll.

APA, Finanzministerium

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2009)

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