Internet ist nicht der Tod des stationären Handels

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Wie die Wirtschaftskammer den Einzelhändlern Angst und Scheu vor dem World Wide Web nehmen möchte und der Kaufkraftabfluss ins Ausland gestoppt werden soll.

Das Internet feiert dieser Tage seinen 20. Geburtstag. Und dennoch hat nur etwa die Hälfte der österreichischen Einzelhandelsunternehmen einen Webauftritt. Bei der letzten Befragung 2010/11 gaben nur 15 Prozent der befragten Händler an, einen Webshop mit Kaufmöglichkeit zu besitzen. Also kein Wunder, wenn etwa 60 Prozent des von österreichischen Kunden getätigten Onlineumsatzes ins Ausland abfließt. Es ist höchste Eisenbahn, dass sich die österreichische Wirtschaftskammer eine Gegenstrategie einfallen lässt und mit einer Roadshow ihrer Klientel die Veränderungen im World Wide Web nahebringt.

In Zeiten, in denen schon jeder zweite Österreicher im Internet einkauft, die Online-Shopper schon zehn Prozent vom stationären Handel abzweigen, kein unzeitgemäßes Unterfangen. Dabei möchte die Kammer ihre Mitglieder in erster Linie aufklären und Chancen und Möglichkeiten aufzeigen. Die Händler sollen mit einem Package konfrontiert werden, dass ihnen bei der Strategie bis zur Gestaltung, vom Marketing bis zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs und der Logistik Wahlmöglichkeiten anbietet. „Online muss auch zum Gesamtauftritt des Unternehmens passen. Wenn jemand im klassischen Bereich unterwegs ist und traditionellere Käuferschichten zu seinen Kunden zählt, wird vielleicht keine hochstilisierte Homepage notwendig sein", unterstreicht Bettina Lorentschitsch, Obfrau im österreichischen Handel, die Zielsetzung der Kammer mit einem praktischen Beispiel.

Klischees über Online

Im direkten Dialog mit ihren Mitgliedern möchte Lorentschitsch auch mit einigen Klischees aufräumen. So wird häufig behauptet, der Preis sei das Ausschlaggebende im Internet. „Stimmt nicht", sagt die Handelsobfrau und verweist auch die Buchpreisbindung, die die Preise für Bücher im Internet und stationär gleichgeschaltet hat. Was aber nicht verhindern konnte, dass die Buchhändler gewaltig unter Druck geraten sind. Marktführer Thalia kommt bereits mit weitaus geringern Geschäftsflächen zurecht als noch vor einigen Jahren. Ein weiteres Klischee sei die jungen Kunden kaufen von allen Altersgruppen am meisten im Internet. Diese Behauptung sei zwar richtig, was die Zahl der Käufe betrifft, sagt Lorentschitsch, aber das meiste Geld gebe dennoch das „Mittelalter", die kaufkräftigste Kundengruppe aus. Deshalb sei auch ein Ziel der Roadshow, die am 5. Juni in St. Pölten startet und am 11.11. den Abschluss in Wien findet, die Händler zu vertieften Kundenanalysen zu bringen. Mit dem Motto, „Was der Nachbar kann, kann ich auch" soll den Händlern die Angst und Scheu vor dem Internet genommen werden. Das Internet soll nicht als der Tod des stationären Handels gesehen werden, sondern als eine Chance zur Weiterentwicklung.

Es handle sich bei Online und Offline nicht um Gegensätze, sondern um Chancen mit Multichanneling, dem Verbinden der beiden Verkaufskanäle, für Kunden einen Mehrwert zuschaffen. Einen Online-Kauf im Geschäft umzutauschen oder umgekehrt, die Vorratsabfrage von Artikeln online, um sie für einen Kauf im Geschäft zu reservieren, sollte bald zum Standardrepertoire vieler heimischer Einzelhändler zählen.

Strenge Gesetzgebung in Österreich

Damit soll der Kampf gegen ausländisch dominierte Online-Plattformen wie Amazon erfolgreich gestaltet werden. Diese machen sich auch die oft „händlerfreundlichen" Rahmenbedingungen im europäischen Ausland zunutze. In Österreich ist es die teure Festplattenabgabe, die manche Produkte unverkäuflich macht. Auch die hohen Standards bei den österreichischen Arbeitsbedingungen im Vergleich zu den tariffreien Räumen in anderen Gegenden Europas fallen den Unternehmen auf den Kopf. Die einheitlichen europäischen Rahmenbedingungen beeinflussen den Kampf um den Kunden und daher ist Obfrau Lorentschitsch sogar geneigt, innerhalb Europas mehr Europa statt weniger Europa zu fordern. Sie hält auch ein einheitliches europäisches Steuersystem für wünschenswert, genauso wie die Harmonisierung der Entsorgungsgebühren.

Für Rene Tritscher, Geschäftsführer in der Bundessparte Handel der WKÖ, ist das aber nur ein Punkt, der dazu beitragen soll, in den nächsten Jahren den Umsatzkuchen im Onlinegeschäft zu drehen und weit mehr als 50 Prozent in Österreich zu erwirtschaften. Daneben sieht er aber hauptsächlich die heimischen Händler gefordert. Es muss ihnen gelingen, sich das nötige Rüstzeug für den Online-Business zu holen. Ansonsten könnte ein weiterer Kauftkraftabfluss zu Amazon, Zalando und Co. zahlreiche Arbeitsplätze im heimischen Einzelhandel wackeln lassen.

Handel goes WWW

Mit einer Roadshow will die Wirtschaftskammer Österreich, Sparte Handel, ihre Mitglieder über die nötigen Schritte informieren, im Netz erfolgreich zu sein.
Start am 5. Juni in St. Pölten >>> Weitere Informationen:

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