"Blauer Montag": Kleine Geschichte des Nicht-Arbeitens

blaue Montag einem Unfug
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Seit dem 14. Jahrhundert machten die Handwerker am Montag blau. Mitunter drohte dafür die Todesstrafe. Heute ist der "blaue Montag" fast ausgestorben.

Noch heute spricht man vom "Blau machen", wenn man ohne triftigen Grund der Arbeit fern bleibt. Zurückzuführen ist die Redewendung auf den "blauen Montag" der Handwerker, die nach arbeitsreichen Wochenenden am Montag arbeitsfrei hatten. Die älteste urkundliche Erwähnung des Feierns der Handwerker am Montag findet sich in der Ordnung der Lübecker Pergamentmacher von 1330. Bis zum 19. Jahrhundert war der oft auch "gute" Montag heftig umstritten und immer wieder verboten - und mitunter unter Todesstrafe gestellt -, ehe er der Industriellen Revolution endgültig zum Opfer fiel. Heute ist es nur mehr bei Friseuren und in der Gastronomie sowie in Museen üblich, am Montag das Geschäft bzw. Lokal nicht aufzusperren.

Als eine Folge der Pest kam es im 14. Jahrhundert zu einem Arbeitskräftemangel, der auch das Handwerksgewerbe betraf. Die Gesellen, deren Lohn sich neben Geld aus Kost und Logie zusammensetzte, verlangten höhere Löhne als vor Ausbruch der Seuche. Da eine direkte Lohnerhöhung nicht möglich war, wählten sie laut Christiane Wanzeck ("Zur Etymologie lexikalisierter Farbwortverbindungen") "die indirekte Lohnerhöhung, indem sie die Wochenarbeitszeit verkürzten". Da Wochenlöhne üblich waren, hatten sie keine Lohneinbußen. Der freie Montag verbreitete sich dabei offenbar von Krakau und Breslau (entsprechende Verordnung im Jahr 1392) nach Prag (1410) und Wien (1419).

Montag, der Unglückstag

Aberglaube war im Mittelalter weit verbreitet. Unter anderem galt der Montag in bestimmten Gegenden als Unglückstag. So durfte man an diesem Tag keine neue Arbeit beginnen und keine Hochzeiten feiern.

"Unfug, der Armuth bringet"

Den Regierenden war der "blaue Montag" schon bald ein Dorn im Auge. Folgendes historisches Dokument belegt das gut. Im Edikt Friedrichs des Großen vom 24. März 1783 wurde auf den volkswirtschaftlichen Schaden des "blauen Montag" bei den Handwerkern hingewiesen:

"Um (...) diesen Unfug, welcher den Staat um eine zweymonatliche Arbeit, die Handwerks-Meister und Gesellen zu Üppigkeit und der darauf nothwenig erforderlichen Armuth bringet, auf das sicherste abzustellen," verpflichtet es die Gesellen, "an allen Montagen ebenso fleißig und lange, als in den übrigen Werk-tagen zu arbeiten."

Warum "blau"?

Eine Frage, die sich aufdrängt, lautet: Warum eigentlich "blau"? Hier gehen die Erklärungen weit auseinander. Eine ist in den Privilegirten Erfurtschen Zeitungsblättern des Courier und Staatsboten (Nummer 59) aus dem Jahr 1810 nachzulesen:

"Der blaue Montag, der hie und da von den Handwerkern gefeyert wird, ist erst im 16ten Jahrhundert entstanden. In den Fasten wurden die meisten deutschen Kirchen blau angeschlagen, und um eben diese Zeit fiengen die Handwerker an, die Fastenmontage durch die Unterlassung aller Arbeit zu feyern. Dieß thaten nicht blos die Meister, sondern auch die Gesellen und Knechte. Diese bedienten sich ihrer Muße, nach damaliger Sitte, zum Trunk und Essen, mit dem Zuruf, daß heute blauer Fraßmontag sey. Diese Nationalsitte, die nur Fastnachtslustbarkeit seyn sollte, dehnte sich bald auf alle Wochen, auch außer der Fastenzeit aus, und die Meister waren desto nachgiebiger, weil ihnen ebenfalls ein zweyter Ruhetag behagte. Davon entstand auch das Sprichwort: der Montag ist des Sonntags Bruder."

Das Montags-Auto

Auch der Ausdruck "Montags-Modell" für ein Auto, das wegen technischer Mängel laufend in die Werkstatt muss, ist auf den "blauen Montag" zurückzuführen. Denn eigentlich meint man den "Blauen-Montags-Wagen" - also ein aufgrund fehlender - weil nicht anwesender - Fachkräfte mangelhaft produziertes Auto.

Im englischsprachigen Raum sind die Begriffe "lemon" (Zitrone) und "friday afternoon car" (Freitagnachmittagsauto) für Montagsautos gebräuchlich.

Hat "Blau machen" nichts mit Farbe zu tun?

Doch die Herkunft des Ausdrucks "blauer Montag" ist nicht unumstritten. Die Schweizer Schriftstellerin Salcia Landmann (1911-2002) kam sogar zur Überzeugung, "dass ein blauer Montag oder blau sein rein nichts mit der blauen Farbe zu tun haben, sondern mit einer hebräischen Negation, nämlich b'lo oder b'law". Wörtlich übersetzt heißt das: "ohne ihn". Also: Es wird ohne die Handwerker gearbeitet.

Dieser Interpretation schloss sich auch der österreichische Soziologe Roland Girtler an. Er schrieb 1975 in seinem Buch "Rotwelsch: Die alte Sprache der Gauner, Dirnen und Vagabunden": "Blau sein = jiddisch belo ('ohne, schlecht'). Die berühmten Bezeichnungen blauer Montag und blau machen haben nichts mit der Farbe 'Blau' o.ä. zu tun, sondern in ihnen steckt ebenso das jiddische belo für 'ohne'. Der blaue Montag ist demnach der Tag ohne Arbeit, an dem eben nicht gearbeitet wird. Und ebenso deutet blau machen darauf hin, dass man in Distanz zur Arbeit geht."

Der Sprachforscher Siegmund Wolf führt das in seinem "Wörterbuch des Rotwelschen" noch weiter aus: "Im Rotwelschen ist lau 'böse, schlecht', überhaupt Bezeichnung des Negativen; dem entspricht jidd(isch) lo, lau 'nicht(s), nein, ohne'." Auch für "ein blaues Wunder" erleben gebe es das synonyme "ein böses Wunder erleben".

Der blaue Dienstag

In Österreich wurde oft nicht nur am Montag, sondern auch am Dienstag blau gemacht. Die Regierung ging daher Ende des 18. Jahrhunderts mit Verordnungen scharf dagegen vor. Den Gesellen drohten Strafen, Denunzianten wurden entlohnt. Trotz dieser Androhungen war der Erfolg aber gering.

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