Ökonom: USA droht griechisches Schicksal

A customer counts U.S. dollar notes at a bank in Hanoi
A customer counts U.S. dollar notes at a bank in Hanoi(c) REUTERS (Kham)
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Amerika blieben maximal fünf Jahre zum Schuldenabbau, "sonst werden die Finanzmärkte die USA ins Visier nehmen", sagt US-Ökonom Eichengreen.

US-Ökonom Barry Eichengreen sagt das Ende des Dollar als alleinige internationale Leitwährung voraus. "Mit dem sinkenden ökonomischen Gewicht der USA steuert die Welt auf ein System mit mehreren internationalen Leitwährungen zu", prophezeit Eichengreen im Interview mit "Financial Times Deutschland". Historisch sei das nicht ungewöhnlich. "Es dürfte sogar ein stabileres internationales Finanzsystem mit sich bringen - doch die Frage ist, wie die Welt dorthin kommt."

Amerika blieben maximal fünf Jahre, um seinen Haushalt in Ordnung zu bringen, "sonst werden die Finanzmärkte die USA ins Visier nehmen wie Griechenland", sagt Eichengreen. "Ich denke nicht, dass dies bereits 2011 passieren könnte, auch nicht unbedingt 2012 - aber nicht viel später, wenn Washington nichts tut", so der Ökonom. Eichengreen hat in den USA am Freitag sein Buch "Exorbitant Privilege: The Rise and Fall of the Dollar and the Future of the International Monetary System" veröffentlicht.

Ein Dollar-Crash droht

Sollten die USA ihr massives Budgetdefizit nicht in Griff bekommen, drohe ein Dollar-Crash, der das Weltfinanzsystem ins Chaos stürzen könnte. "Wenn Investoren die Meinung erlangen, dass die US-Politik nicht gewillt ist, dem amerikanischen Volk die unangenehme Wahrheit ins Gesicht zu sagen, dann wird sich die Flucht aus dem Dollar beschleunigen", warnt Eichengreen.

Als kritischen Zeitpunkt betrachtet er den November 2012, wenn in den USA der US-Präsident gewählt wird. Finanzkrisen würden oft um Wahlen herum entstehen, zumal diese Phasen der Unsicherheit seien. Und er ist skeptisch: "Ich sehe weder beim Präsidenten noch bei den Führern der republikanischen Opposition die Bereitschaft, harte Entscheidungen zu treffen".

"Deutschland könnte D-Mark einführen"

Im November 2010 hatte Eichengreen im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gemeint, Deutschland könne die D-Mark relativ problemlos wieder einführen: "Deutschland ist eines der Länder, die - zumindest in der Theorie - ihre alte Währung wieder einführen könnten, ohne sich damit eine schwere Finanzkrise einzubrocken".

Seine Begründung: In Deutschland würde niemand glauben, dass die "Neue D-Mark" eine Weichwährung würde. Allerdings würde Europa um 50 Jahre in der Geschichte zurückgeworfen werden. "Die gesamte europäische Einigung würde revidiert", sagte Eichengreen damals.

Die Angst vor der Katastrophe

US-Finanzminister Timothy Geithner hatte erst am Donnerstag vor "katastrophalen ökonomischen Konsequenzen" im Falle der Zahlungsunfähigkeit seines Landes gewarnt. Diese steht im Raum, zumal die US-Verfassung regelt, dass die Regierung keine Schulden aufnehmen darf, wenn die Gesetzgebung dies nicht ausdrücklich erlaubt.

Aktuell hat der Kongress grünes Licht für eine Staatsschuld von insgesamt 14,3 Billionen Dollar (10,9 Billionen Euro) gegeben. Derzeit halten die USA bei einer Verschuldung von 13,95 Billionen. Laut Geithner wird die Schuldengrenzen möglicherweise schon im März erreicht. Eine Verweigerung der Republikaner könnte darin gipfeln, dass weiteres Schuldenmachen verboten wird.

Zur Person

Barry Eichengreen lehrt Ökonomie und politische Wissenschaften an der University of California in Berkeley. In den 1990er Jahren beriet der in Yale ausgebildete Professor zudem den Internationalen Währungsfonds IWF.

(Red.)

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