Amazon und E-Books: Die Feindbilder der Buchhändler

Online EBooks bringen klassische
Online EBooks bringen klassische(c) AP (JOERG SARBACH)
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Der stationäre Buchhandel musste in Österreich im vergangenen Jahr Federn lassen. Der Marktanteil der E-Books soll bis 2015 auf zehn Prozent anwachsen.

Bücher werden immer häufiger online bestellt oder gleich im E-Format gelesen. Überall haben die klassischen Buchhändler zu kämpfen. Wird es bald keine Buchläden mehr geben? Immer mehr Händler geben auf. Zuerst lieferte der weltgrößte Onlinehändler Amazon kostenfrei nach Haus, jetzt machen die elektronischen Bücher den Gang zum Buchhändler um die Ecke überflüssig. Wohin die Reise geht, zeigt sich schon schmerzhaft in den USA. Dort zog jüngst US-Branchenprimus Barnes & Noble die Reißleine: Firmenchef Mitchell Klipper kündigte an, dass er wohl jede dritte seiner zuletzt noch 700 Filialen binnen zehn Jahren schließen muss.

Auch in Österreich ist der stationäre Buchhandel im Vorjahr ordentlich unter die Räder gekommen. Er setzt zwar rund 750 Millionen Euro um, 2012 betrug der reale Rückgang jedoch stolze 5,5 Prozent, ermittelte die KMU-Forschung. Von allen Branchen erlitten die Buchhändler die größten realen Umsatzeinbußen im heimischen Einzelhandel. "Die Zahl der Buchhändler sinkt jährlich um drei Prozent aufgrund der Internet-Konkurrenz - Tendenz steigend", klagt Karl Pus, Obmann der Sparte Buch- und Medienwirtschaft in der Wirtschaftskammer in der Wiener Zeitung. Die zunehmend beliebten E-Books seien dafür ursächlich. Der E-Book-Markt, der derzeit zwar nur ein bis fünf Prozent des Gesamtumsatzes im Buchhandel ausmacht, werde bis 2015 allerdings zehn Prozent Marktanteil für sich beanspruchen, mehr als eine Verdoppelung.

Thalia auf Partnersuche

In Deutschland haben es vor allem Branchenschwergewichte wie Thalia und Weltbild/Hugendubel schwer. Der Umsatzrückgang im stationären Buchhandel betrug 3,7 Prozent. Als zu unrentabel erweisen sich die riesigen Buchtempel, für die in attraktiven Innenstadtlagen hohe Mieten gezahlt werden müssen. Die angeschlagene Douglas-Tochter Thalia setzt daher ihren Schrumpfkurs weiter fort und wird allein in diesem Jahr weitere vier Filialen schließen. Zuletzt schrumpfte der Umsatz bei Thalia in Deutschland um 2,1 Prozent auf 915 Millionen Euro. Derzeit wird eine Neuausrichtung vorangetrieben. In zwei bis drei Jahren soll sie abgeschlossen sein. Dann könnte die Buchhandelskette auch für einen möglichen Käufer attraktiv genug sein.

Auch in Österreich leidet Thalia unter der Internet-Konkurrenz - und inszeniert daher an ihren 36 Standorten Themenwelten mit Zusatzsortimenten. In den Regalen finden sich mehr Spielwaren, Spiele und Geschenkartikel. "Wir laden Kunden zum Stöbern ein und wollen sie inspirieren", sagt Thalia-Geschäftsführer Josef Pretzl. Zudem hat sich der Computerhändler DiTech in zwei Filialen in Wien eingemietet, der dritte Shop-in-Shop soll im März in Linz aufsperren, wo bereits das Reisebüro STA Travel über einen Shop in der Reiseabteilung verfügt. Dies ist Teil des neuen Thalia-Kurses, der Vermietungen und Shop-in-Shop-Partnerschaften vorsieht. Gleichzeitig werden Läden verkleinert, modernisiert, aber auch neu eröffnet, jedoch auf kleineren Flächen.

Geschäft mit E-Books legte 70 Prozent zu

In den USA ist die Situation schon allein wegen der fehlenden Buchpreisbindung eine andere. Der Wandel vollzieht sich dort viel drastischer. Mit Borders hatte bereits 2011 die zweitgrößte US-Buchhandelskette pleite gemacht: 400 Läden verschwanden auf einen Schlag, 10.700 Menschen wurden arbeitslos. Getrieben wird die Entwicklung von der zunehmenden Verbreitung von Tablet-Computern, auf denen sich elektronische Bücher leicht lesen lassen. "Wir sehen nun den Wandel, den wir erwartet haben", erklärt Amazon-Chef Jeff Bezos. "E-Books sind eine Multimilliarden-Dollar-Kategorie für uns und sie wächst schnell - etwa 70 Prozent im vergangenen Jahr."

WK-Branchensprecher Pus würde sich laut eigenen Angaben wünschen, "dass jeder, der bei Amazon bestellt, sich bewusst ist, was er tut. Amazon beschäftigt keine einzige Person in Österreich, zahlt demnach hier keine Steuern und führt auch keine Sozialabgaben ab. Das durchlöchert unser soziales Netz erheblich". Er betreibt selbst drei Buchhandlungen. Die 20.000 in der österreichische Buch- und Medienwirtschaft organisierten Arbeitsplätze seien durch den Kauf per Internet gefährdet, warnt Pus. "Jede Buchhandlung in Niederösterreich liefert Bücher zum selben Preis wie Amazon und ebenfalls innerhalb von 48 Stunden. Bei fast allen Kollegen kann man auch online bestellen. Daher gibt es, wenn man bei uns einkauft keine Nachteile für den Kunden, aber einen großen Vorteil für unser Land", ist sich Pus sicher. Dieser Aspekt, so Pus, sei den Kunden zu wenig bewusst. Wie er darauf reagiert? „Wir kleinen Buchhändler müssen halt zum Kaffeehaus werden, immer wollen die Leute ja auch nicht im Internet sein."

(APA/Red.)

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