Das sozialistische Land leidet an der schlimmsten Nahrungsmittelknappheit seit 2008. Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht.
Im sozialistischen Venezuela werden die Lebensmittel knapp: Mehl, Fleisch, Zucker, Öl, aber auch Medikamente, seien immer schwerer zu bekommen, berichtet das "Wall Street Journal Deutschland" aus der Hauptstadt Caracas. Der Knappheitsindex der Zentralbank, der misst, wie viele Produkte in den Läden fehlen, ist im Jänner auf das höchste Niveau seit 2008 geschnellt.
Unternehmen klagen darüber, dass die Preisdeckelung für Grundnahrungsmittel, die Ende 2011 ausgeweitet wurde, nicht einmal mehr die Produktionskosten abdeckt. Wie es in dem Bericht heißt, werden teure Zutate daher oft für Produkte verwendet, deren Preis nicht vorgeschrieben wird. Ein Beispiel: Brot darf laut Gesetz nur drei venezolanische Bolivar (50 Cent) kosten. Belegte Brote, bei denen der Preis nicht festgeschrieben ist, verkaufen manche Bäcker aber um 20 Bolivar.
80 % der Lebensmittel werden importiert
Doch die Unternehmen sehen noch weitere Gründe für die angespannte Lage: Seit zehn Jahren gibt es in Venezuela eine Währungskontrolle, um Kapitalflucht zu verhindern. Die Einwohner dürfen nicht nach Belieben Geld in andere Währungen umtauschen. Diese Regelung würde den Import von Gütern erschweren. Weil die sozialistische Produktion nicht funktioniert, müssen 80 Prozent der Lebensmittel importieren werden. Ökonomen kritisieren außerdem, dass Präsident Hugo Chávez - der sich seit Wochen in Kuba von seiner Krebserkrankung erholt - während seines Wahlkampfs im Jahr 2012 zu viel Geld ausgegeben habe.
Die Regierung schiebt die Schuld dagegen auf Spekulanten: "Es gibt Teile in der Opposition, die wollen, dass jeder an einen totalen Mangel an Nahrungsmitteln glaubt", zitiert das "Wall Street Journal" Nahrungsmittelminister Carlos Osorio. Er ließ in den vergangenen Wochen Warenlager nach versteckten Vorräten durchsuchen und hat angeblich 17.000 Tonnen Lebensmittel konfisziert.
Inflationsrate droht weiter zu steigen
Venezuela stehen schwere Zeiten bevor: Das Budgetdefizit beträgt nahezu 20 Prozent des BIP, die Teuerungsrate ist noch höher - und damit die höchste in ganz Lateinamerika. Wie "Die Presse" berichtete, wertete die Regierung erst vor kurzem die Landeswährung Bolivar um fast 32 Prozent gegenüber dem Dollar ab. Damit kann der Staat seine Schulden bei heimischen Gläubigern zwar leichter zurückzahlen und seine Bau- und Sozialprogramme ohne grobe Streichungen weiterführen. Die Schwächung wird aber auch die Inflation weiter anheizen.
(Red.)