Deutschland: Koalitionsstreit um Finanzsteuer

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Die deutsche FDP will die geplante Steuer auf Finanzgeschäfte nicht mittragen. Kanzlerin Merkel verteidigt ihre Pläne.

In der deutschen Regierungskoalition aus FDP und CDU/CSU gibt es neuen Ärger um die geplante europäische Finanztransaktionssteuer. Die FDP meldet Bedenken am mühsam ausgehandelten Kompromiss an und verschärft damit den Streit in dem schwarz-gelben Bündnis. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte am Samstag ausdrücklich die Absicht Deutschlands und zehn anderer Euro-Staaten, die Steuer einzuführen.

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing, erklärte dagegen, der Vorschlag der EU-Kommission entspreche nicht den Vereinbarungen. "Wir werden die Erfüllung der beschlossenen Vorgaben einfordern", kündigte er an.

Zustimmung nach Deal mit Opposition

Vergangenen Sommer hatten SPD und Grüne im Gegenzug für ihre Zustimmung zum Fiskalpakt Merkel die Zustimmung zur Einführung einer Finanzmarktsteuer abgerungen. Die Kanzlerin benötigte für den Fiskalpakt eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und war deswegen auf Stimmen der Opposition angewiesen.

Die EU-Kommission rechnet in ihrem am Donnerstag vorgelegten Gesetzentwurf für die Steuer mit einem Rückgang des Volumens von Derivate-Geschäften um bis zu 75 Prozent. Die Urheber des Entwurfs versicherten, eine Abwanderung in steuerfreie Gebiete innerhalb und außerhalb der Europäischen Union sei kaum möglich. Die Kreditwirtschaft bekräftigte dagegen, eine Verlagerung des Handels durch die Steuer sei nicht zu vermeiden.

Merkel: "Es wäre besser, alle würden mitmachen"

"Sicherlich ist dies nur ein Anfang, denn es wäre besser, alle würden mitmachen", erklärte Merkel in ihrem wöchentlichen Video. Die Bundesregierung werde alles daran setzen, dass die Beratungen zur Einführung der Steuer zügig abliefen. Sie betonte: "Natürlich ist es ganz besonders wichtig, dass nicht nur Europa handelt, sondern dass alle Teile der Welt in eine solche Finanzmarktregulierung einbezogen werden."

Wissing warnte dagegen in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Chef des FDP-Finanzarbeitskreises Hermann Otto Solms, mit dem Vorhaben würden Kleinsparer benachteiligt. Außerdem drohten Wettbewerbsnachteile für den Finanzplatz Frankfurt. In mehreren Interviews lehnten weitere FDP-Politiker das Vorhaben ab. Mittelständische Betriebe und Kleinsparer müssten das Steueraufkommen letztendlich zahlen, sagte Wissing der "Süddeutschen Zeitung". "Das kann ja wohl nicht wahr sein."

Grüne: "Regierung steht in der Pflicht"

Der Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, verwies darauf, dass SPD und Grüne die Zustimmung zum Fiskalpakt an die Finanzmarkttransaktionssteuer gebunden hätten. "Die Bundesregierung steht in der Pflicht, die damals gemachten Zusagen einzuhalten", forderte er. Der FDP warf er Klientelpolitik vor: "Alles was Hedgefonds und Zockern am Finanzmarkt schaden könnte, wird abgelehnt."

Mit der Finanzmarktsteuer, die elf EU-Länder - darunter Österreich - einführen wollen, sollen Banken und andere Finanzinstitute an den Kosten der Finanzkrise beteiligt werden. Sie soll ab 2014 erhoben werden. Bislang schultern Steuerzahler das Gros der Schulden.

2 Mrd. Euro aus der Steuer einkalkuliert

Die EU-Kommission schätzt, dass die Steuer 30 bis 35 Milliarden Euro an jährlichen Einnahmen bringt. Welcher Anteil davon auf Deutschland entfallen kann, ist noch nicht absehbar. Schäuble hat für den Haushalt 2014 aber bereits zwei Milliarden Euro aus der Steuer einkalkuliert.

Das Magazin "Focus" berichtete im Voraus, über die Einnahmen der noch nicht endgültig beschlossenen Steuer werde bereits gestritten. EU-Kommissar Günther Oettinger sagte dem Magazin, ein Teil des Steueraufkommens solle in den EU-Haushalt fließen.

(APA/Reuters/Red.)

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