Für Steuerflüchtlinge wird es in der Schweiz immer unangenehmer. Ihr neues Ziel könnte laut einem Medienbericht Miamis Finanzviertel Brickell sein.
In Miamis Finanzdistrikt Brickell soll nicht nur das Wetter schön sein, sondern auch das Steuerklima äußerst mild. Einem Bericht der Schweizer "Handelszeitung" zufolge zieht es immer mehr deutsche Kunden, die bislang ein Konto bei einer Schweizer Adresse besaßen, nach Florida. Der Stadtteil Brickell mit mehr als 300 einschlägigen Instituten hat laut dem Bericht an Attraktivität gewonnen, seitdem die Schweiz den Banken die "Weißgeldstrategie" (siehe Kasten) verordnete.
"Dass manche Kunden Miami ansteuern, ist plausibel", zitiert die "Handelszeitung" den Sprecher einer großen Zürcher Traditionsbank. Der deutsche Steuerexperte Hans-Lothar Merten meint: "Miami ist sehr attraktiv, zumal dort auch einiges Know-how in Sachen Vermögensverwaltung vorhanden ist." Und weiter: "Bis heute interessieren sich die Banker in Miami nicht für die Herkunft der ihnen zufließenden Vermögen". Zurzeit liegen mindestens 100 Milliarden Dollar von ausländischen Kunden in Florida, wie die Florida Bankers Association mitteilt.
Der französische Schauspieler Gerard Depardieu (links) ist nun offiziell Russe. Der Wechsel der Staatsbürgerschaft begründet sich durch die hohen Steuern, die Depardieu in Frankreich zahlen müsste.Depardieu ist mit seiner Steuerflucht aber kein Einzelfall: Hier eine Auswahl prominenter Steuerflüchtlinge. (c) Reuters (Alexei Nikolsky)
Neo-Parteichef Frank Stronach hat seinen offiziellen Wohnsitz im Schweizerischen Zug - einem Kanton mit sehr günstigen Steuerbedingungen für Ausländer. Die Schweiz führte die Pauschal-Besteuerung in den 1930er Jahren ein, um reiche Ausländer ins Land zu locken.Dass das gelungen ist, zeigen auch andere Fälle... (c) Reuters (Heinz-Peter Bader)
Ingvar Kamprad, der Gründer des schwedischen Möbelhauses Ikea, ist überhaupt der reichste Schweizer. Er lebt seit den 1970er Jahren in der Ortschaft Epalinges, weil er nach eigenen Angaben die hohen Steuern in Schweden nicht zahlen wollte. (c) EPA (CLAUDIO BRESCIANI)
Auch die Sängerin Tina Turner hat es wohl aufgrund der Pauschalbesteuerung in die Schweiz gezogen. Das System bringt jedes Jahr rund 600 Millionen Franken in die Kassen. Insgesamt leben in der Schweiz mehr als 4000 Pauschalbesteuerte. (c) AP (Hermann J. Knippertz)
Auch dem deutschen mehrfachen Formel-1-Ex-Weltmeister Michael Schumacher verschaffte die Pauschalbesteuerung Steuervorteile in Millionenhöhe. Sollte diese abgeschafft werden, werde er die Schweiz möglicherweise verlassen, teilte Schumacher mit. "Ich bringe etwas in die Schweiz ein, wovon jeder, der in der Schweiz lebt, profitiert", so Schumacher. (c) EPA (MIGUEL GUTIERREZ)
Auch Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel hat seinen Hauptwohnsitz in der Schweiz - ebenso wie sein Konkurrent, der Brite Lewis Hamilton. (c) EPA (MIGUEL GUTIERREZ)
Der österreichische ehemalige Formel-1-Fahrer Gerhard Berger wählte einst eine andere Steueroase: Monaco. Diese war bei österreichischen Sportlern äußerst beliebt ... (c) Gepa (Franz Pammer)
.. wie auch das Beispiel des Weltklasse-Tennisspielers Thomas Muster zeigte. (c) APA (Herbert Pfarrhofer)
Andere wiederum, wie Franz Beckenbauer, zog es nach Österreich, das weltweit ebenfalls zu den beliebtesten Steueroasen zählt. 2008 wurde er deshalb - ebenso wie Schumacher übrigens - vom damaligen deutschen Finanzminister Peer Steinbrück gerügt. "Ich finde, sie sind verpflichtet, dieser Gesellschaft etwas zurückzugeben", so Steinbrück. (c) AP (Christof Stache)
Wer die Steuerflucht antritt, muss aber auch aufpassen. Der deutsche Tennis-Spieler Boris Becker verlegte seinen Wohnsitz in den 1980er Jahren ebenfalls nach Monaco - obwohl er tatsächlich in München lebte. Er wurde wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 1,7 Millionen Euro zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 500.000 Euro Geldstrafe verurteilt. (c) Gepa
Die deutsche TV-Moderatorin Margarethe Schreinemakers versaute sich mit ihrer Steuerflucht nach Belgien die Karriere. Als sie sich zu den Vorwürfen im TV live äußern wollte, brach der TV-Sender Sat.1 die Sendung ab und Schreinemakers war ihren Job los. (c) AP (Hermann J. Knippertz)
Depardieu & Co.
Was so manchen Schweizer Banker sicherlich verärgert: Gerade die USA gingen in den vergangenen Jahren besonders hart gegen die Steueroase Schweiz vor. Erst vor kurzem wurde das älteste Schweizer Geldhaus Wegelin & Co. von einem US-Gericht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zur Zahlung von mehr als 70 Millionen Dollar verdonnert ("DiePresse.com" berichtete). Das Traditionshaus muss zusperren.
Weißgeldstrategie der Schweiz
Seitdem die USA und EU den Druck erhöhten, verfolgt die Schweiz eine "Weißgeldstrategie". Geldhäuser, die bisher bei Steuerhinterziehung weitgehend wegschauen konnten, sollen die Steuerehrlichkeit von neuen Kunden genauer prüfen müssen. In Zweifelsfällen müssen sie die Annahme von Geld verweigern, heißt es im Gesetzesentwurf.
Zugleich will Bern aber das Bankgeheimnis von 1934 aufrechterhalten, das für viele Schweizer auch Ausdruck der Souveränität ihres Staates ist. Bilaterale Steuerabkommen sollen das ermöglichen. Bisher ist das mit den USA, Großbritannien und Österreich geglückt. Der deutsche Steuerpakt ist gescheitert.