"E-Auto wird sich lange nicht durchsetzen"

EAuto wird sich lange
EAuto wird sich lange(c) AP (Thomas Kienzle)
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Audi hat die Arbeit an reinen Elektroautos eingestellt. Heinz Hollerweger, Leiter Entwicklung Gesamtfahrzeuge, über das Warum, die Defizite von Batterieautos und die Wünsche der Kunden.

Beim Genfer Autosalon hat man heuer vor allem auffällige Sportwagen gesehen, aber nicht viel Neues bei den Elektroautos. Ist der Hype wieder vorbei?

Heinz Hollerweger: Das ist wie bei jeder neuen Technologie, wie früher bei der Hinterradlenkung: Am Anfang ist der große Hype, alle springen auf, jeder stellt etwas vor. Jetzt gibt es bei den reinen Elektroautos eine gewisse Ernüchterung, weil nicht alles, was sich die Hersteller anfangs versprochen haben, haltbar ist – weder technisch noch aus Sicht des Marktes.

Dann sieht es aber schlecht aus für das E-Auto. Die Hinterradlenkung hat sich ja nie breit durchgesetzt.

Das stimmt, aber sie hat sich fahrzeugspezifisch durchgesetzt. Ein ähnliches Szenario erwarte ich auch für die Elektromobilität: Sie eignet sich für spezielle Fälle, beispielsweise die Mobilität in Ballungsräumen. Aber ich bin sicher, dass sie sich auf breiterer Front durchsetzen wird als die Hinterradlenkung.

Chevrolet hat gehofft, mit dem Elektroauto Volt einen Durchbruch zu schaffen. Mittlerweile hat man die Produktion deutlich zurückgefahren, weil das Interesse nicht so groß ist. Hat man überschätzt, dass Kunden bereit sind, so viel Geld für ein umweltfreundliches Auto mit vielen Defiziten – unter anderem die geringe Reichweite – zu bezahlen?

Die Kernfrage ist, was die Kunden brauchen und was sie wollen. Wir wissen, dass die Kunden nicht bereit sind, nur für ein Ökoimage sehr viel Geld zu bezahlen. Es müssen die Kosten, der Nutzen und der Benefit stimmen. Das ist der Grund, weshalb wir auf den A3 e-tron, einen Plug-in-Hybrid mit voller Alltagstauglichkeit, setzen. Alle Fahrzeughersteller testen derzeit verschiedene Konzepte. Wir werden sehen, ob etwas Vernünftiges herauskommt und welcher Ansatz sich durchsetzt.

Ist bisher nichts Vernünftiges herausgekommen?

Nicht alle Entwicklungen haben sich durchgesetzt, insofern ist aus der Sicht des Kunden bisher nicht etwas wirklich Vernünftiges herausgekommen.

Die österreichische Bundesregierung hat sich, wie die deutsche, sehr ehrgeizige Ziele für Elektroautos gesetzt. In Österreich sollen 200.000 bis zum Jahr 2020 auf der Straße sein, in Deutschland peilte man eine Million an. Jetzt hat man in Deutschland das Ziel auf 600.000 reduziert. Ist das eine realistische Größe?

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Etwa davon, wie stark die öffentliche Hand die Elektromobilität fördert – durch Steuererleichterungen zum Beispiel. Eine weitere Frage ist die der öffentlichen Ladeinfrastruktur. Die ist bislang kaum vorhanden. 600.000 Elektroautos sind in jedem Fall ein sehr ehrgeiziges Ziel für Deutschland.

Ist die Elektromobilität reif für den breiten Markt?

Von der reinen Fahrzeugtechnik her durchaus.

Und warum bietet Audi dann kein einziges Elektroauto an?

Weil der Kunde mehr erwartet, als ein reines Elektroauto heute bieten kann. Dazu gehört zum Beispiel eine Reichweite, die ihn nicht einschränkt – er möchte eben auch einmal 700, 800 Kilometer weit fahren. Von solchen Strecken sind wir bei Elektroautos weit entfernt. Deshalb wird sich das reine Elektroauto auch noch ganz, ganz lange nicht breit durchsetzen, sondern ein Nischenprodukt sein. Wir bei Audi glauben an eine Kombination der Vorteile von Elektroantrieb und Verbrennungsmotor: ein Batterieantrieb für die Innenstadt und ein Verbrennungsmotor für längere Strecken, so wie wir es im A3 Plug-in-Hybrid realisiert haben. Rein elektrisch kommt man mit dem A3 bis zu 50 Kilometer weit, in Kombination mit dem Verbrennungsmotor liegt die Reichweite bei über 800 Kilometern.

Wird es diese Plug-in-Hybrid-Kombination bei Audi in allen Fahrzeugsegmenten geben?

Das wird die Entwicklung zeigen, wir sind auf jeden Fall darauf vorbereitet.

Dass andere Fahrzeughersteller durchaus reine Elektroautos anbieten, ist das nur Prestige?

Ich weiß nicht, wie andere ihr Prestige definieren. Für mich gilt: Das Fahrzeugkonzept muss zu den Bedürfnissen der Kunden passen und in Bezug auf die Nachhaltigkeit und die Wirtschaftlichkeit die Unternehmensziele erfüllen. Die reinen Elektroautos sind ja in der Gesamtrechnung nicht unter allen Umständen sehr umweltfreundlich, weil man viel CO2 braucht bei der Herstellung, der Verarbeitung und bei der Entsorgung der Batterien. Bei den drei Kriterien – Kundenwunsch, Marktfähigkeit, Nachhaltigkeit – hat das reine Elektroauto nicht so schnell eine Zukunft. Es gibt hier auch ernsthafte Wettbewerber, wie etwa unseren A3 g-tron, der mit regenerativ erzeugtem Gas betrieben werden kann.

Wie lange wird es noch dauern, bis das Elektroauto eine echte Alternative zum Verbrennungsmotor ist?

Bestimmt mehr als zehn Jahre, wir rechnen nicht mit einem schnellen Durchbruch. Schon allein deswegen, weil die großen Batteriehersteller viel Geld in die Lithium-Ionen-Technologie investiert haben. Die wollen jetzt einmal diese Technologie vermarkten und vor allem rentabel fertigen. Erst wenn die Anlagen abgeschrieben sind, werden sie den nächsten technologischen Sprung machen. Und wie der aussehen wird, wissen wir heute noch nicht.

Wann wird Audi wieder mit der Entwicklung reiner Elektroautos beginnen?

Das hängt im Wesentlichen von der Batterietechnologie ab. Für uns als Entwickler ist das reine Batterieauto nur noch ein kleiner Schritt, wenn wir die Plug-in-Hybrid-Technologie beherrschen. Wir müssen lediglich Platz für eine größere Batterie im Auto schaffen. Die Batterietechnologie muss aber entscheidend weiterentwickelt werden, bevor ein reines Elektroauto für uns sinnvoll ist .

Ist die Hybrid-Kombination nicht eine Augenauswischerei – dass man eben sagen kann, wir haben auch ein halbes Elektroauto im Angebot?

Nein, die Plug-in-Hybrid-Technologie ist für uns kein Feigenblatt, wir sind von der Technik und ihrem Kundennutzen überzeugt. 50 Kilometer rein elektrische Reichweite, wie sie unser A3 e-tron bietet, entsprechen den Kundenanforderungen für den Elektroantrieb: Man fährt emissionsfrei durch die Stadt, aber man kann dank des Verbrennungsmotors auch große Strecken zurücklegen.

Was ist eigentlich mit dem viel diskutierten Wasserstoffauto passiert?

Wasserstoff in einem Verbrennungsmotor zu verbrennen ist der falsche Weg, weil es viel zu kompliziert ist. Wasserstoff in Form einer Brennstoffzelle, das hätte schon Zukunft. Aber die große Herausforderung ist die Infrastruktur, die man zum Betanken braucht. Und die sehe ich hier, genauso wie beim Elektroauto, in den nächsten zehn Jahren nicht.

Womit werden unsere Autos denn in 40 Jahren fahren?

Das ist schwer zu prognostizieren. Es wird eine Vielzahl von Antriebskonzepten geben, ich glaube schon, dass der Verbrennungsmotor noch darunter sein wird. Aber wir werden großteils mit nachhaltig erzeugten, neuen Energieträgern fahren – mit Gas, Strom, Wasserstoff.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2013)

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