"In der Krise wollen alle die besten Deals"

Krise wollen alle besten
Krise wollen alle besten(c) Reuters
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John-Lee Saez, Chef der Reisesuchmaschine Checkfelix, über seinen Mentor Hannes Jagerhofer, das lebensgefährliche Kitesurfen, das erfolgreiche Krisenjahr 2009, und warum er vor Kurzem zum ersten Mal in einem Reisebüro war.

Stimmt es, dass Sie dem Gründer von Checkfelix, Hannes Jagerhofer, das Leben gerettet haben und dann sein Geschäftspartner wurden?

John-Lee Saez: Das stimmt. Nachdem ich mein Studium in New York abgeschlossen habe, bin ich nach Miami gezogen. Statt mich dort nach einem Job umzusehen, ging ich erst einmal an den Strand zum Kitesurfen. Da sah ich einen Typen mit seinem Kiteboard mitten im Meer, der aussah, als würde er jeden Moment ertrinken – bei ihm war es eher Kitetauchen als Kitesurfen. Ich habe ihn aus dem Wasser gefischt und zurück an den Strand gebracht. Er bedankte sich überschwänglich und fragte, was ich hier mache. Ich sagte: Ich suche einen Job. Darauf er: Du bist angestellt. Ich habe einen Hubschrauber, kannst du damit Geld verdienen?

Sie haben also mit einem Hubschrauber ein Geschäft angefangen?

Ja, am Anfang hatten wir nur einen, dann hat Hannes noch einen zweiten dazugekauft.

Wie kam es zur Gründung von Checkfelix?

Einer der Hubschrauber ist abgestürzt, der Pilot kam ums Leben. Hannes hatte schon vorher eine Technologie von einem Kärntner Freund gekauft, ein Programm, das Informationen im Internet sammelt. Eines Tages rief er mich in Miami an und sagte mir: „Machen wir etwas damit.“ So fing es an.

Und Sie waren sofort begeistert?

Nein. Ich hatte kaum Ahnung vom Internet. Aber Hannes hat mich quasi dazu verführt. Er hat mich einige Male nach Österreich eingeflogen, und ich habe mich in Kärnten verliebt. Es war Sommer, das perfekte Set-up für Beachvolleyball, der See, die Berge. In Miami ist alles flach. Außerdem habe ich die Programmierer kennengelernt, die an Checkfelix arbeiteten. Und die haben mich wirklich inspiriert. Ich habe plötzlich realisiert, wie viel Potenzial in diesem Projekt steckt.

Hannes Jagerhofer hat Checkfelix 2011 an Kayak verkauft und ist ausgestiegen. Sie sind an Bord geblieben.

Wir unterhalten uns natürlich immer noch über Checkfelix, es ist ja sein Baby. Aber er hat jetzt andere Projekte.

Das Geschäftsmodell von Checkfelix ist „cost per aquisition“. Sie bekommen also Geld, wenn ein Kunde auf der Internetseite etwas bucht, die Checkfelix vermittelt hat.

Genau. Wenn unsere Partner nichts durch unsere Vermittlung verkaufen, bekommen wir auch nichts.

Aber was, wenn jemand nicht für dieses Service bezahlen will?

Dass jemand nicht bezahlen will, obwohl er technisch dazu in der Lage wäre, mit uns zusammenzuarbeiten, passiert praktisch nie.

Warum nicht? Immerhin verlangt Checkfelix bis zu 13 Prozent des Buchungspreises.

Weil wir den Anbietern „traffic“ – also Interessenten auf ihren Online-Seiten – bringen. Wenn man auf die Homepage eines Online-Reisebüros wie Expedia oder Opodo geht, bekommt man die Homepage des Hotels oder der Fluglinie nie zu sehen. Deswegen ist der Wert für den Anbieter auch sehr gering. Wir leiten den Kunden direkt zur Homepage des Anbieters weiter. Wir bringen den Hoteliers und Fluglinien also direktes Geschäft.

Für das diese dann aber auch zahlen müssen.

Ja, aber nur halb so viel, wie Online-Reiseagenturen verrechnen. Diese verlangen zwischen 15 und 25Prozent des Buchungspreises.

Es gibt derzeit einen starken Trend zur Monopolisierung. 2011 hat Kayak Checkfelix geschluckt, und jetzt schluckt die US-Mutter von Booking.com, Priceline, Kayak. Was bedeutet das für Checkfelix?

Ja, es gibt eine Konzentration in unserer Branche. Aber an Checkfelix wird sich dadurch nicht viel ändern. Außer, dass wir zu einem größeren Geldreservoir Zugang bekommen und so in der Lage sind, unser Produkt weiterzuentwickeln.

Sie sehen also keine Gefahr durch die gebündelte Marktmacht in Ihrem Sektor?

Nein.

Wie geht es Checkfelix derzeit? Sind Sie gut durch die Krise gekommen?

Eines unserer besten Jahre war 2009, am Höhepunkt der Wirtschaftskrise.

Wie das?

In der Krise wollen alle die besten und preisgünstigsten Deals. Überraschend ist aber, wie wir uns diesen Jänner entwickelt haben. Wir sind um 45 Prozent gewachsen, sowohl, was den Umsatz, als auch, was die Suchanfragen betrifft. Auch der Februar ist mit 33 Prozent Umsatzsteigerung sehr gut gelaufen.

Warum dieses plötzliche Wachstum?

Ich kann es mir eigentlich selbst nicht gut erklären. Wir haben in letzter Zeit nicht so viel in Werbung investiert. Ich glaube, unsere Bemühungen der letzten Jahre tragen jetzt einfach Früchte.

Checkfelix bietet derzeit nur Flüge, Hotels, Automietservice und Kreuzfahrten an. Ist darüber hinaus noch der Einstieg in ein anderes Geschäftsfeld geplant?

Wir arbeiten an einer Suchfunktion für Pauschalreisen. Da gab es bereits einige Versuche, die aber nicht sehr erfolgreich waren. In Frankreich hat Kayak jetzt so eine Suchmaschine herausgebracht, und sie soll auch für Checkfelix adaptiert werden.

Mit Pauschalreisen erobern Sie einen der letzten Bereiche, der bisher noch Offline- Reisebüros vorbehalten war.

Das stimmt.

Glauben Sie, dass die klassischen Reisebüros aussterben werden?

Sie müssen sich schon etwas einfallen lassen, wenn sie überleben wollen. Vor Kurzem wollte ich eine Reise für meine Frau arrangieren. Sie wollte etwas mit Delfinen machen. Natürlich kann man in keiner Reisesuchmaschine nach so etwas Speziellem suchen. Also war ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Reisebüro, hier in Wien. Sie haben mir einige Broschüren mitgegeben, und das war's. Ich habe dann selbst im Internet recherchiert und habe viel mehr herausgefunden als das Reisebüro. Also wenn die Reisebüros es nicht schaffen, ihre Kunden mit guten Ideen zu inspirieren, wird es für sie sehr schwierig werden.

Die Reisebüros sollten sich auf außergewöhnliche Kundenwünsche spezialisieren, die keine Suchmaschine finden kann?

Ja. Und das tun sie auch schon. In Frankreich bieten sie zum Beispiel Abenteuerreisen an. Eine Suchmaschine kann nie so spezialisiert sein.

Steckbrief

John-Lee Saez,
Der 33-jährige gebürtige Franzose ist Geschäftsführer der Reisesuchmaschinen Checkfelix und Kayak France.

In New York machte er einen Master in International Business und jobbte daraufhin zwei Jahre in Miami, wo er den Eventmanager und Unternehmer Hannes Jagerhofer kennenlernte.

2005 gründete Jagerhofer in Klagenfurt Checkfelix und machte Saez zum Geschäftsführer. Dieser baute Checkfelix zu Österreichs beliebtester Reisesuchmaschine mit 40.000 Nutzern aus.

Seit der Übernahmevon Checkfelix durch den US-Konzern Kayak vor zwei Jahren leitet Saez die Geschäfte von Checkfelix von der Kayak-Europazentrale in Zürich aus. Kayak erwirtschaftete 2012 einen Umsatz von rund 235 Mio. Euro und einen Gewinn von 38 Mio. Euro.
Clemens Fabry

Checkfelix

Die Reisesuchmaschine Checkfelix ist Österreichs Marktführer. Sie erzielte im Februar ein Umsatzplus von 33 Prozent.

2005 gegründet, verkaufte Hannes Jagerhofer Checkfelix 2011 an den US-Konzern Kayak, der wiederum Anfang 2013 von Booking.com-Betreiber Priceline geschluckt wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2013)

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