Japan steigt in den "Währungskrieg" ein

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Symbolbild(c) REUTERS (SHOHEI MIYANO)
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Japan will gewaltsam Inflation erzeugen. Einzig: Die USA und England sind hier um Jahre voraus - die EZB versucht bereits den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik. Und China stellt sich gegen Japans Kurs.

Wien. Wenn „Männer fürs Grobe“ in den Chefsessel einer Notenbank gehoben werden, ist die Lage meist prekär. Und dass Haruhiko Kuroda – Japans neuer Zentralbankchef – so ein „Mann fürs Grobe“ ist, daran besteht kein Zweifel. Zum Amtsantritt gab der Wunschkandidat der Regierung die Marschrichtung unmissverständlich bekannt: In Japan soll es bergauf gehen – mit Geldmenge und Inflation. Und zwar um das Doppelte. Binnen eines Jahres (siehe Artikel unten).

Einzig: Japan ist ein wenig spät dran mit seinem Einstieg in das, was der brasilianische Finanzminister Guido Mantega schon vor Jahren einen „Währungskrieg“ getauft hat. Großbritannien, die USA und – überraschenderweise – die Schweiz sind schon um einiges weiter. Eurozone und EZB wiederum üben derweil den Ausstieg.

Die Fed geht voran

Der Brasilianische Finanzminister beschwert sich nicht grundlos über den „Währungskrieg“. Vor allem die schwer verschuldeten Westländer versuchen seit 2008, durch massive Gelddruckprogramme der Deflation durch Kreditabbau (Delaveraging) entgegenzuwirken – und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Viel dieses „frischen“ Geldes schwappt allerdings in die aufstrebenden Länder wie Brasilien – und sorgt dort (trotz relativ hoher Zinsen) für Inflation.

Hinter dem Gelddrucken steckt ein simples Kalkül: Inflation führt zu schwacher Währung führt zu Exportvorteilen und leichter zu begleichenden Staatsschulden. Aber: Diese Strategie ist sehr umstritten, ihre Erfolge bisher gering – ihre Gefahren aber enorm. Die großen Zentralbanken haben in den vergangenen Jahren ihre Bilanzsummen durch das „Drucken“ von Geld heftig aufgebläht (siehe Grafik). Das Problem: In einer gesunden Marktwirtschaft kauft eine Zentralbank keine Schuldtitel des eigenen Landes. Denn die ultimativen Papiergeldkatastrophen (Hyperinflationen) waren meist auf die „Staatsfinanzierung durch die Notenpresse“ zurückzuführen. Der Europäischen Zentralbank ist dies sogar explizit verboten – die US-Zentralbank Fed wiederum hat auch die Aufgabe, die Arbeitslosenquote zu drücken. Und dieses schwammige Mandat rechtfertigt so ziemlich jede „geldpolitische Maßnahme“. Nach fünf Jahren Krise ergibt sich folgendes Bild:

Die Federal Reserve geht unter ihrem Chef Ben Bernanke und mit ihrer Technik des „Quantitative Easing“ voran. Ihre Bilanz hat sich zwar relativ zu 2008 weniger stark ausgeweitet als manche andere. Schon 2011 hat die Fed aber mehr als 60 Prozent der frischen US-Staatsschulden „gedruckt“. Heuer könnten es mehr als 90 Prozent werden. Das führt zu einer künstlichen Knappheit von US-Schuldtiteln auf dem Markt und einer potenziell massiv verzerrten Marktstruktur. Gerüchte, wonach die Fed urplötzlich die Zinsen anheben und das „Gelddrucken“ einstellen könnte, kann man ins Land der Märchen verbannen: Die Wirtschaft würde kollabieren.

Positive Zeichen für den Euro

Ein wenig anders die Lage in Europa: Mario Draghi hat zwar angekündigt, „alles“ tun zu wollen, um den Euro zu retten. Zu neuen Staatsanleihenkäufen ist es zuletzt aber nicht gekommen. Das Ergebnis: Die EZB-Bilanz beginnt zu schrumpfen. Ob dieser Trend nachhaltig ist, bleibt aber abzuwarten. Außerdem hat die Schweizerische Nationalbank den Franken durch die „Untergrenze“ von 1,20 effektiv an den Euro gebunden – und zur Verteidigung dieser Grenze die Franken-Geldmenge (und die Notenbank-Bilanz) stark ausgeweitet.

Aber auch aus der Schweiz kamen zuletzt Euro-positive Nachrichten. Die SNB konnte wieder Euro abstoßen, der Markt hat diese absorbiert. Trotzdem: Der Anstieg der Notenbank-Bilanz relativ zu 2008 ist alarmierend.

Ähnliches in London. Die Bilanz der Bank of England ist seit 2008 um mehr als das Dreifache angeschwollen – ein Ausstiegsszenario ist bisher aber nicht in Sicht.

Und Japan? Die aggressive neue Geldpolitik ist darauf ausgelegt, schnell aufzuholen. Was aber, wenn sie nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, wenn die Probleme nur „exportiert“ werden? Was kann Japan dann noch machen – außer noch mehr Geld zu „drucken“? Und wie reagiert der mächtige Nachbar China? Der Chef des gigantischen chinesischen Staatsfonds, Gao Xiqing, schießt jetzt schon eine ziemlich deutliche Warnung Richtung Tokio: „Seine Nachbarn als Mülleimer zu nutzen und einen Währungskrieg zu starten, ist gefährlich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2013)

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