In Deutschland gibt es den "gläsernen" Bankkunden

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Informationsaustausch: Seit 2005 können in Deutschland staatliche Stellen die Daten von Bankkunden abfragen. Datenschützer sind empört.

Wien/Höll. Deutschland hat bereits 2005 das Bankgeheimnis für In- und Ausländer abgeschafft. Seit damals ist es möglich, dass staatliche Stellen auf die Daten von allen Bankkunden zugreifen können. Das passiert ohne richterliche Erlaubnis. Auch ein konkreter Verdacht auf eine strafbare Handlung ist nicht notwendig. Die Kontoinhaber werden über die Abfrage nicht informiert. Alle Banken sind verpflichtet, eine eigene Datei zu führen, in der die Kontostammdaten enthalten sind.

Gespeichert werden die Kontonummer, das Eröffnungs- und Auflösungsdatum sowie die Namen und Geburtsdaten von Verfügungsberechtigten des Kontos.

Auf die Datei können Gerichte, Staatsanwaltschaften, die Polizei, Finanzämter, Zollfahnder und Sozialversicherungen zugreifen. Einsicht nehmen können zudem die Behörden, die für die Vergabe der Sozialhilfe, der Wohnraumförderung, der Ausbildungsförderung, des Erziehungsgelds und des Wohngelds zuständig sind. Datenschützer sprechen vom „gläsernen Bankkunden“. Nach mehreren Klagen entschied 2007 das Bundesverfassungsgericht, dass die Rechtslage verfassungskonform ist.

In den vergangenen Jahren hat sich die Anzahl der Kontoabfragen zu Privatpersonen mehr als verdoppelt. Allein 2012 gab es einen Anstieg um 15,5Prozent auf 72.000 Abfragen. Besonders neugierig sind die Finanzämter. Sie fragen nicht nur nach, wenn die Richtigkeit der Angaben auf dem Steuerbescheid angezweifelt wird. Auch das Eintreiben von Schulden ist so leichter möglich.

Es geht nicht nur um Steuerbetrug

Sehr viele Abfragen gibt es auch, wenn es um die Überprüfung der Sozialhilfe und des Arbeitslosengeldes geht. Seit 2013 ist es auch Gerichtsvollziehern möglich, in die Kontodatei Einblick zu nehmen.

Wichtig dabei ist, dass die Behörden nur Auskunft über die Stammdaten erhalten. Keine Informationen gibt es über die Kontostände und die Umsätze. Nur bei einem konkreten Verdacht auf Steuerbetrug und andere strafbare Handlungen müssen die Banken auch diese Daten herausgeben.

Seit der Abschaffung des Bankgeheimnisses haben Finanzämter und andere Behörden aber die Möglichkeit, Konten und Wertpapierdepots zu finden, die gegenüber dem Staat verschwiegen wurden. Wurde etwas geheim gehalten, wird meist schnell ein offizielles Verfahren eingeleitet. Dann bekommen die Behörden auch Informationen über die Kontostände und die Umsätze.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2013)

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