Verfrühte E-Mail: Peinlicher Fehler der US-Notenbank

Verfruehte EMail Peinlicher Fehler
Verfruehte EMail Peinlicher Fehler(c) Reuters (Brendan McDermid)
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Die um fast 24 Stunden verfrühte Aussendung eines Sitzungsprotokolls an Großbanken wie Goldman Sachs ist angeblich versehentlich erfolgt.

Ein peinlicher Fehler der US-Notenbank Federal Reserve sorgt in der US-Hauptstadt Washington für Aufregung. Die Protokolle der März-Sitzung des für die Geldpolitik entscheidenden Offenmarktausschusses (FOMC) wurden zu früh an Banken wie Goldman Sachs verschickt, wie am Mittwoch bekannt wurde. Dass sich die Führungsspitze der Notenbank über den weiteren Kurs alles andere als einig ist, geriet dabei fast in Vergessenheit.

Die um fast 24 Stunden verfrühte Aussendung des Sitzungsprotokolls erfolgte am Dienstagnachmittag per E-Mail und laut ersten Fed-Informationen "versehentlich". Die US-Börsenaufsichten SEC und CFTC sind informiert. Die Fed selbst hat eine interne Untersuchung eingeleitet. In der Notenbank fiel der Fehler erst am frühen Mittwochmorgen auf, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt. Danach habe die Fed die Veröffentlichung der Protokolle überraschend von 14 auf 9 Uhr vorgezogen.

Informationen gingen vorab an Banken

Brisant daran ist, dass das Papier nicht nur an Kongress-Mitarbeiter versandt wurde, sondern auch an Mitarbeiter von Großbanken. Die Institute Barclays, BNP Paribas, Capital One, Citigroup, Goldman Sachs, HSBC, JPMorgan Chase, Nomura, PNC, UBS und Wells Fargo erhielten die Informationen vorab. Insgesamt gingen die Mitteilungen an rund 150 Einzelpersonen - ein Viertel davon sollen für Großbanken, Investmentfonds und Handelsvereinigungen arbeiten. Auffällige Handelsaktivitäten an den Börsen wurden bislang aber keine festgestellt. Grund dafür dürfte auch gewesen sein, dass aus der Mitschrift keine eindeutige Haltung der Top-Notenbanker erkennbar war.

Der Vorfall ist aber durchaus brisant: In den Protokollen, die immer im Abstand von einigen Wochen nach Sitzung und Zinsbeschluss des FOMC publik gemacht werden, finden sich stets detaillierte Informationen über Abstimmungsverhalten und Ansichten der Mitglieder. Dies erlaubt Experten und Beobachtern der US-Geldpolitik Rückschlüsse auf die künftige Geldpolitik der US-Notenbank wie etwa die Zinsentwicklung oder andere Maßnahmen. Wer früher als andere über diese Informationen verfügt, kann zum Beispiel einen Vorteil im Devisen-oder Staatsanleihenhandel haben und entsprechende Gewinne machen. Sie hätten die verfrühte Veröffentlichung auch erst bemerkt, als die Notenbank offiziell darauf hinwies, sagen aber einige Derjenige, die vorab informiert wurden.

US-Notenbank ringt um weiteren Kurs

Die Fed kauft derzeit Monat für Monat Staatsanleihen und Immobilienpapiere im Gegenwert von 85 Milliarden Dollar. Das auf diese Weise geschaffene Geld soll die Konjunktur ankurbeln und vor allem den Arbeitsmarkt stützen. Bernanke will erst dann den Fuß vom Gaspedal nehmen, wenn die Arbeitslosenquote wieder auf 6,5 Prozent gefallen ist. Aktuell liegt sie bei 7,6 Prozent. Einen Rückschlag gab es im März: Die US-Unternehmen schufen lediglich 88.000 neue Stellen. Im Februar waren es noch 268.000 gewesen.

Bei dem Treffen der Notenbanker am 19. und 20. März muss es den Protokollen zufolge jedenfalls eine sehr lebhafte Debatte über das weitere Vorgehen im Kampf gegen die Krise gegeben haben. "Ein paar Mitglieder waren der Ansicht, dass es im Lichte der Kosten und Risiken angemessen wäre, die Käufe im Verlauf des Jahres zu beenden. Einige andere erklärten, dass es - sollte sich die Lage am Arbeitsmarkt wie prognostiziert bessern - auch angemessen sein könnte, im Laufe des Jahres immer weniger zu kaufen und das Programm zu Jahresende zu beenden." Die Mehrheit des Ausschusses sei aber der Ansicht gewesen, dass die Vorteile des aktuellen Kurses die Kosten überwiegen würden. Allerdings waren bei dem turnusmäßigen Treffen der Notenbanker die jüngsten Daten vom US-Arbeitsmarkt noch nicht bekannt.

Miserable Jobzahlen in den USA

Vergangene Woche hatten miserable Jobzahlen aus den USA die Spekulationen über ein Ende der Wertpapierkäufe der Fed schon im Sommer mehr oder weniger zunichtegemacht. "Wir werden wohl bis zum Herbst warten müssen", erklärte am Mittwoch Commerzbank-Devisenexperte Ulrich Leuchtmann. Auch Fed-Chef Ben Bernanke hat zuletzt keine Signale gegeben, aus der ultralockeren Geldpolitik schnell auszusteigen: Am Montag sagte er auf einer Konferenz in Atlanta, die US-Wirtschaft sei zwar inzwischen wieder deutlich stärker als vor vier Jahren auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in den USA, "allerdings sind die Bedingungen eindeutig noch weit von dem entfernt, was wir gerne sehen würden".

(Red./APA/Reuters)

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