Lufthansa-Aufsichtsrat: Posse um Mayrhuber

Wolfgang Mayrhuber
Wolfgang Mayrhuber(c) EPA (WOLFGANG KUMM)
  • Drucken

Der Österreicher Wolfgang Mayrhuber soll Aufsichtsratschef der Fluglinie werden. Am Montag zog er nach Kritik zuerst zurück. Am Abend hatte sich dann aber wieder alles geändert.

KÖLN/Wien/Red. Eines ist sicher, die heutige Hauptversammlung der deutschen Fluglinie und AUA-Mutter Lufthansa wird spannend. Vor allem was eine Frage betrifft: Wird der Österreicher und ehemalige Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber wie geplant neuer Aufsichtsratschef? Bis Sonntag wäre diese Frage mit einem klaren „Ja" beantwortet worden. Am Montag wurde die Situation jedoch kurzfristig unübersichtlich.
Zu Mittag kam erst einmal der Paukenschlag. Mayrhuber ziehe seine Kandidatur zurück, gab die Lufthansa bekannt. Einen Tag vor der Hauptversammlung Deutsche Medien sprachen von einem Eklat. Tatsächlich war es ein positives Beispiel dafür, dass in einer Aktiengesellschaft immer noch die Eigentümer - sprich Aktionäre - das letzte Wort haben sollten.

Kontrollierter wird Kontrollor?

Denn Grund für den Rückzug Mayrhubers war die Kritik von großen internationalen Investoren. Sie kritisierten etwas, was etwa beim scheidenden Lufthansa-Aufsichtsratschef Jürgen Weber noch ganz normal war: Der 71-Jährige war jahrelang Lufthansa-Vorstandschef und wechselte dann wie einst üblich flugs in den Aufsichtsrat.

Dieser direkte Wechsel vom Vorstand ins Kontrollgremium ist seit 2009 in Deutschland aber gesetzlich verboten. Aus gutem Grund: Wie soll ein Konzern Fehler der Vergangenheit aufarbeiten, wenn derjenige, der für die Fehler hauptverantwortlich war, nun oberster Kontrollor ist?

Seither muss ein scheidender Manager also eine zweijährige „Abkühlungsphase" absolvieren. Auch Wolfgang Mayrhuber. 2010 räumte er das Lufthansa-Cockpit, jetzt wollte er wieder einchecken. In der Zwischenzeit hat der 66-Jährige aber weiterhin kräftig Bonusmeilen gesammelt. Als Aufsichtsrat bei Infineon, der Schweizer Großbank UBS, der Münchner Rück, BMW oder der AUA ist er viel unterwegs - und ohnehin schwer ausgelastet, kritisieren nun die Investoren wie Union Investment und Templeton. Auch Institutional Shareholder Services (ISS) machte öffentlich gegen Mayrhuber mobil. Die Organisation berät große Fondsgesellschaften und gilt als äußerst einflussreich.
Doch ganz so wollte man die Sache bei der Lufthansa anscheinend nicht belassen und führte eilige Gespräche mit den Investoren. Und in diesen Gesprächen sei festgestellt worden, dass sich alles um ein großes Missverständnis handelt, heißt es aus Lufthansa-Kreisen. Die US-Fonds hätten nämlich ihre strengen Corporate-Governance Regeln fälschlicherweise auf das duale deutsche System (Vorstand und Aufsichtsrat) angelegt. In den USA gibt es ja immer nur ein „Board of Directors". Dieses „Missverständnis" habe jedoch ausgeräumt werden können.

Und so vermeldete die Lufthansa am Abend auch hochoffiziell: Wolfgang Mayrhuber werde „an seiner Kandidatur doch festhalten. Für das deutsche dualistische System nicht passende Corporate Governance Abstimmungsempfehlungen waren die Ursache für zunächst andere Indikationen."

Kritik der Investoren bleibt

Aber selbst wenn die Großaktionäre am Dienstag aller Voraussicht nach doch für Mayrhuber stimmen werden, bleibt viel von ihrer Kritik an ihm bestehen. Noch immer schlage sich die Airline mit seinem zweifelhaften Erbe herum, heißt es. Auch innerhalb des Konzerns ist Mayrhubers Rückkehr mehr als umstritten. So wird Mayrhuber vorgeworfen, er habe sich seinerzeit zu sehr darauf konzentriert, marode Airlines wie die AUA aufzukaufen, statt etwas mehr Schub für den Ausbau der Billigtochter Germanwings zu geben.
Mitte April veröffentlichte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" sogar einen anonymen Brief von führenden Lufthansa-Mitarbeitern. Er las sich wie eine Abrechnung mit der Ära Mayrhuber. Einzig die Gewerkschaften dürften immer auf ein Comeback Mayrhubers gehofft haben. Bekanntlich liegen sie mit Vorstandschef Christoph Franz regelmäßig im Clinch, Streiks inklusive. Diese hat es zu Mayrhubers Zeiten nicht gegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.