"EZB - Echt ätzend": Kapitalismuskritiker belagern EZB

Die Protestbewegung "Blockupy" legt das Frankfurter Bankenviertel lahm. Die Demonstranten protestierten auch vor Geschäften und am Flughafen.

Tausende Demonstranten der Protestbewegung Blockupy haben am Freitag in der Früh das Frankfurter Bankenviertel lahmgelegt. Die Veranstalter sprachen von mehr als 3000 Protestierenden, ein Polizeisprecher von 2500. "Die Blockade steht. Der Geschäftsbetrieb der EZB ist erfolgreich gestört", sagte Blockupy-Sprecherin Ani Dießelmann.

Die Demonstranten hielten Schilder mit Aufschriften wie "EZB - Echt ätzend" hoch und machten lautstark mit Rufen und Trommeln auf sich aufmerksam. Den Kapitalismuskritikern standen Polizisten mit Helmen und Hunden gegenüber, die Polizei hatte das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) weiträumig abgeriegelt. Ein Polizeihelikopter kreiste über dem Bankenviertel. Die Proteste seien weitgehend friedlich verlaufen, sagte der Polizei-Sprecher. Es habe einzelne Steinewerfer gegeben.

German riot police scuffle with protestors in front of the European Central Bank (ECB) head quarters during a anti-capitalism 'Blockupy' demonstration in Frankfurt REUTERS

"Widerstand im Herzen des europäischen Krisenregimes", lautet das Motto der diesjährigen Protestaktionen zahlreicher linker Gruppen, die sich zur Bewegung Blockupy zusammengeschlossen haben. Das Bündnis will gegen die Sparpolitik in Europa, Nahrungsmittelspekulationen von Banken und Mietpreiserhöhungen demonstrieren.

Die Demonstranten protestierten auch vor Großbanken, vor Geschäften in der Einkaufszone und am Frankfurter Flughafen.

Die EZB begeht am 1. Juni den 15. Jahrestag ihrer Gründung. Bereits am Mittwoch wurde abseits der Innenstadt ein großes Camp eingerichtet, das Platz für rund 1000 Aktivisten bietet. Nach der EZB-Blockade am Freitag ist am Samstag eine Großdemo geplant, zu der die Veranstalter bis zu 20.000 Menschen erwarten.

Vor einem Jahr hatten die ersten Blockupy-Tage Frankfurt tagelang in einen Ausnahmezustand versetzt. Es blieb aber weitgehend friedlich.

Ein Jahr "Occupy Wall Street": Am 17. September 2011 besetzten Demonstranten die Wall Street. Sie protestierten gegen die Macht der Banken. (c) EPA (SHAWN THEW)

Es begann mit der Aufforderung auf der Homepage des kanadischen und konsumkritischen Magazins "Adbusters": "Strömt am 17. September nach Lower Manhattan, baut Zelte, Küchen, friedliche Barrikaden und besetzt die Wall Street." (c) AP (Ringo H.W. Chiu)

Aus einer kleinen Demonstration mit gerade einmal 1000 Teilnehmern wurde eine Massenbewegung. Immer mehr Menschen rund um den Erdball schlossen sich der Bewegung an - unter ihnen auch US-Filmemacher Michael Moore (im Bild rechts). (c) AP (John Minchillo)

Ihr Slogan: "Wir sind die 99 Prozent, an uns führt kein Weg vorbei." (c) Reuters (Lucas Jackson)

Spätestens als die Protestler am 1. Oktober 2011 die Brooklyn Bridge besetzten, war ihnen weltweite Aufmerksamkeit sicher. 700 Menschen wurden vorübergehend festgenommen. Mit einem Schlag berichteten alle Medien darüber. Es war der Durchbruch. AP (Stephanie Keith)

Der 15. Oktober wurde zum globalen Protesttag. Auch in mehreren Städten Österreichs wurde demonstriert. Aktionen fanden in Steyr, Graz, Salzburg, Linz, Innsbruck, Salzburg und Wien statt. (c) AP (Hans Punz)

Von Beginn an wurden die schwammigen Ziele der Bewegung kritisiert. Auf der "Occupy"-Homepage stand etwa zu lesen: "Wir sind eine führungslose Widerstandsbewegung, die aus Menschen aller Hautfarben, Geschlechter und politischer Überzeugungen besteht." Ziel: "Ein Ende des Geizes und der Korruption des obersten Prozents der Bevölkerung." (c) Reuters (EDUARDO MUNOZ)

"Occupy"-Auftritte waren nicht immer gut durchdacht. Als etwa Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann bei einer Rede von "Occupy"-Aktivisten unterbrochen und ihm "irrwitzige Renditevorgaben" vorgeworfen wurden, erwies sich dieser als schlagfertig. "Etwas hinter einer Maske vorzulesen, finde ich feige", sagte er. Viele sahen ihn in diesem "Duell" als Sieger. (c) EPA (MARCUS BRANDT)

Sowohl in New York ... Reuters (EDUARDO MUNOZ)

... als auch in Frankfurt wurden die Camps der Demonstranten geräumt. Neben Aktivisten hatten vor allem Obdachlose eine vorläufige Unterkunft gefunden. Reuters (Alex Domanski)

Immer wieder kam es zu Ausschreitungen und Festnahmen. Etwa am "Action" Day, als die Eröffnung der New Yorker Börse verhindert werden sollte. Oder am Jahrestag (siehe Bild). Reuters (Adrees Latif)

Der US-Journalist Mark Binelli sieht einen Grund für den Niedergang der Protestbewegung darin, dass diese "lediglich eine elegante Geste der Verweigerung" gewesen sei. Auch der bewusste Verzicht auf Leitfiguren habe geschadet, sagt er laut "br.de". Reuters (Brendan McDermid)

Binelli kritisiert auch den langwierigen Entscheidungsprozess und schildert ein Beispiel aus eigener Erfahrung: "Der wichtigste Beschluss, auf den sich alle einigen konnten, war, ein weiteres Meeting abzuhalten." AP (Patrick Semansky)

Genau ein Jahr später hält diese Frau ein Schild mit der Aufschrift "still here" ("immer noch da") hoch. Im Zuccotti-Park nahe der New Yorker Börse, wo die Bewegung vor einem Jahr ihren Ausgang nahm, fanden sich aber nur mehr rund 300 Demonstranten ein. Reuters (Eduardo Munoz)

(APA/Reuters/dpa/AFP)