EU-Verhandlungen zu Banken-Abwicklung vorerst gescheitert

EU-Verhandlungen zu Banken-Abwicklung vorerst gescheitert
EU-Verhandlungen zu Banken-Abwicklung vorerst gescheitert (c) EPA
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Die Sitzung wurde nach fast 20 Stunden abgebrochen. Ein neuer Anlauf soll am Mittwoch gestartet werden. "Wir sind nahe an einem Ergebnis", sagt der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Die EU-Finanzminister haben die Marathonverhandlungen über Regeln zur Abwicklung zusammengebrochener Banken ohne Ergebnis abgebrochen. Die Minister konnten sich am frühen Samstagmorgen in Luxemburg auch nach fast 20 Stunden Sitzung nicht auf neue Vorschriften einigen. "Wir sind nahe an einem Ergebnis, aber wir haben noch kein endgültiges Ergebnis", sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Am Mittwoch solle ein neuer Anlauf unternommen werden, um eine gemeinsame Position zu dem Gesetzespaket für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament festzulegen.

Im Mittelpunkt des Streits stand der Beitrag der Eigner und Gläubiger, mit dem eine Krisenbank saniert werden soll. Für Deutschland sei entscheidend, dass diese künftig die Risiken einer Pleite trügen und nicht länger der Steuerzahler, sagte Schäuble. Außerdem dürfe es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen unter den Banken der EU-Staaten kommen.

Neben Deutschland lehnten auch Österreich und die Niederlande die schwächeren Vorgaben ab, über die zuletzt diskutiert wurde. Frankreich und Schweden war das Regelwerk Diplomaten zufolge dagegen zu strikt. So war im Gespräch, mindestens acht Prozent der Verbindlichkeiten einer Bank wie Aktienkapital, Anleihen oder Kundeneinlagen im Krisenfall einzusetzen, um Verluste abzudecken.

Die Meinungen gingen auch darüber auseinander, inwieweit die Mitgliedstaaten selbst festlegen können, ob Bankanleihenbesitzer oder vermögende Sparer zur Kasse gebeten werden können. Auf dem Tisch lag ein Vorschlag, bis zu fünf Prozent der Verbindlichkeiten von der Verlustabdeckung, dem sogeannten Bail-in, wieder ausnehmen zu können. Die Minister stritten stundenlang über ein komplexes Zahlenwerk. Dieses müsse noch mal durchgerechnet werden, erklärte der spanische Finanzminister Luis de Guindos. Allerdings herrsche Einigkeit über die Reihenfolge, mit der Eigner und Gläubiger zur Kasse gebeten werden sollen: Zuerst müssen Aktionäre bluten, dann die Besitzer von Anleihen und an letzter Stelle die Einlagen über 100.000 Euro. Privatpersonen sowie kleine und mittlere Unternehmen wären erst am Schluss an der Reihe.

Der irische Ressortchef und amtierende Ministerratsvorsitzende Michael Noonan hatte die Sitzung immer wieder unterbrochen, um mit einzelnen Kollegen nach Kompromissmöglichkeiten zu suchen. Schäuble zufolge ist ein Stolperstein vor allem, dass die Nicht-Euro-Staaten wie Schweden andere Bedingungen haben als die Euro-Länder. Noonan sagte: "Wir brauchen ein ganzes Treffen nächste Woche, es gibt keine Garantie, dass wir zu einem Abschluss kommen." Der federführende EU-Kommissar Michel Barnier nannte es "schwierig", die Positionen der einzelnen Staaten auf einen Nenner zu bringen.

"Wir sind einer Einigung nahe", zeigte sich der französische Finanzminister Pierre Moscovici zuversichtlich. Die Minister hätten "90 Prozent des Weges" bis zu einer Einigung hinter sich gebracht, es seien "nur noch sehr wenige Punkte zu klären". Der Kompromiss soll noch vor dem EU-Gipfel geschmiedet werden. Das zweitägige Spitzentreffen beginnt am Donnerstag (27.6.) in Brüssel.

Die Debatten zogen sich den ganzen Freitag und die Nacht auf Samstag hin. Lange stritten die Staaten um Sonderwünsche. So will Großbritannien statt eines Fonds an seiner Steuer festhalten, die Banken zahlen müssen. Schweden möchte seine weitreichende Regeln behalten.

Die EU-Staaten hatten sich vorgenommen, das Abwicklungsgesetz bis Ende Juni in die Wege zu leiten. Sollte das nicht gelingen, müsste das kleine EU-Land Litauen die Verhandlungen weiterführen. Sobald sich die EU-Staaten einig sind, stehen die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament bevor.

Die Vorschriften sind der wichtigste Pfeiler der Bankenunion, mit der eine Bankenkrise verhindert werden soll. Hinzu kommt die zentrale Bankenaufsicht für die Eurozone unter der Leitung der Europäischen Zentralbank (EZB), eine Reform der Einlagensicherung und ein neues Instrument für Hilfen des Rettungsfonds ESM an Krisenbanken.

(APA/Reuters/dpa/AFP)

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