Erstes Google-Smartphone: Es hört alles, es weiß alles

Erstes Google-Smartphone: Es hört alles, es weiß alles
Erstes Google-Smartphone: Es hört alles, es weiß alles(c) EPA (ANDREW GOMBERT)
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Mit dem Moto X lässt sich Google von der Tochter Motorola das ideale Tor in seine Welt bauen.

Wien. Vor eineinhalb Jahren legte Google 12,4 Milliarden US-Dollar (8,8 Mrd. Euro) auf den Tisch, um den angeschlagenen Handyhersteller Motorola Mobility zu übernehmen. Es war der bis dahin größte Zukauf der einstigen Suchmaschine. Zum Vergleich: Das Videoportal YouTube landete etwa um ein Zehntel des Kaufpreises im Einkaufskorb des Internetriesen.

Das Geschäft warf damals viele Fragen auf: Denn Motorola hatte zwar jede Menge wertvolle Mobilfunkpatente zu bieten. Angesichts der schwindenden Bedeutung der Marke und der schlechten Zahlen schienen die 12,4 Milliarden Dollar aber dennoch viel zu hoch gegriffen. Wofür genau nahm Larry Page so viel Geld in die Hand?

Seit Donnerstagnacht ist die Antwort klar: Motorola Mobility baute Google mit dem Moto X das erste Smartphone ganz nach den Vorstellungen des Internetkonzerns. Das Moto X soll sich mit Apples iPhone und dem Samsung Galaxy S messen können. Vor allem aber soll es eines sein: das perfekte Tor in die Welt von Google.

Das Handy hört immer mit

Wer ein Smartphone besitzt, weiß: Telefonieren und SMS-Schreiben nehmen nur noch einen Bruchteil der Zeit in Anspruch, die man mit dem Gerät verbringt. Das Handy ist längst persönlicher Assistent, mobile Straßenkarte und Antwortgeber auf fast alle Fragen geworden. Der Lieferant all dieser Dienste ist meist Google. Schon das mobile Betriebssystem Android ist als Einstiegsdroge für Google konzipiert worden. Mit dem Moto X soll der Schritt ins Universum des Internetgiganten so einfach werden wie nie zuvor.

Möglich wird das durch die spannendste Neuerung, die immer aktive Sprachsteuerung. Selbst wenn das Gerät im Ruhemodus ist, hört das Google-Smartphone immer darauf, was sein Besitzer sagt. Fallen dabei die magischen Worte „Okay, Google now“, ist es sofort einsatzbereit. Ähnlich wie Apples Sprachassistent Siri beantwortet Google Now dann die Fragen seines Nutzers, ohne dass ein Griff an das Gerät notwendig wäre. Aber das Moto X soll noch mehr können. Es verknüpft jede Menge Daten von Google, weiß etwa, wann die nächsten Meetings bevorstehen, und drängt zum Aufbruch, wenn sich auf dem Weg dorthin ein Stau anbahnt. Für den „immer wachen“ Sprachassistenten hat Motorola einen von zwei zusätzlichen Chips reserviert. Sonst wird das Gerät von einem Dualcore-Prozessor mit 1,7 GHZ mit zwei GB Speicher sowie einem Quadcore-Grafikchip angetrieben.

Die zweite Besonderheit: Jeder Käufer kann sich sein Moto X mehr oder weniger frei gestalten. 16 Gehäuse und sieben Farben und etliche kleinere Möglichkeiten zur Individualisierung stehen zur Auswahl. In den USA, wo das Gerät Ende August zu einem Preis von 630 Dollar (ohne Vertrag) auf den Markt kommen soll, wird das Moto X damit in 2000 Kombinationen verfügbar sein. Anders als die meisten Konkurrenzprodukte wird das Gerät auch in den USA hergestellt. Statt aus China kommt das Google-Handy aus einem alten Nokia-Werk in Texas.

Google verärgert alte Partner

Für Motorola Mobility ist es eine Chance, sich neu zu erfinden. Das „alte“ Motorola ist auf dem Handymarkt so gut wie tot. Trotz massiver Jobverluste (5000 Mitarbeiter mussten gehen, seit Google an Bord ist) schrieb das Unternehmen im vergangenen Quartal immer noch 342 Millionen Dollar operativen Verlust. Auf dem Smartphonemarkt ist Motorola mit einem Anteil von einem Prozent kaum wahrnehmbar. Google muss Motorola auf Vordermann bringen.

Dafür riskiert der Konzern jedoch eine Menge Ärger mit seinen bisherigen Partnern. Denn ein Teil des Erfolgs von Google im mobilen Geschäft basierte darauf, dass Android für alle Gerätehersteller offen war. Man werde Motorola nicht bevorzugt behandeln, beteuerte Google seit dem Zukauf stets. Zumindest das Android-Team hat sich daran gehalten. Das Google-Handy muss sogar mit einem Handicap starten: Anrufe von Motorola sollen von Android zuletzt teilweise nicht mehr beantwortet worden sein, erzählen Insider. Skurrile Folge: Das erste Google-Phone, das der Konzern (über seine Tochter Motorola) selbst baut, muss mit einer alten Version des hauseigenen Betriebssystems starten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2013)

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