Streit zwischen Russland und Weißrussland: Kalium-Crash

Die russische Uralkali ist einer der größten Düngemittelkonzerne der Welt.
Die russische Uralkali ist einer der größten Düngemittelkonzerne der Welt. (c) REUTERS (VASILY FEDOSENKO)
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Mit seinem Strategieschwenk vorige Woche hat der russische Düngemittelriese Uralkali die ganze Branche erschüttert.

Moskau. Der Horror auf dem Düngemittelmarkt hat offenbar kein Ende. Gestern gaben die Aktien des deutschen Kaliherstellers K+S zwischenzeitlich wieder um fast zehn Prozent nach. Vorige Woche waren sie – ähnlich wie die anderer Mitbewerber, auch der russischen Hersteller Uralkali – ins Bodenlose gerasselt, nachdem Uralkali für den ganzen Markt einen Strategieschwenk angekündigt hatte. Uralkali, so das Management, wolle den Kalivertrieb nicht mehr in der Allianz BKK mit seinem weißrussischen Partner Belaruskali, mit dem man 42 Prozent des Weltmarkts kontrolliert, durchführen, sondern in Eigenregie. Der Preiskampf war eröffnet.

Nicht nur die Analysten reagieren. Auch Belaruskali, der Konzern in den Händen des von Diktator Alexander Lukaschenko geführten weißrussischen Staates, hat Schritte gesetzt. Konkret wurde der katarische Trader Muntajat als ein neuer Handelspartner gefunden. Muntajat sei bereit, etwa 40 Prozent der Jahresproduktion von Belaruskali auf „bislang nicht erfassten Märkten“ zu vertreiben. Analysten erwarten weitere aggressive Markteroberungen.

Aggression und Tohuwabohu allenthalben. Offensichtlich ist, dass der Haussegen zwischen Belaruskali und Uralkali völlig schief hängt. Dass dabei eine ganze Branche in Mitleidenschaft gezogen wird, wird in Kauf genommen. Und insofern erinnert der „Kaliumkrieg“ zwischen den beiden Nachbarstaaten an den Gaskrieg zwischen Russland und der Ukraine, der 2006 begann und zwischenzeitlich sogar zu Lieferausfällen in Europa führte. Auch im Gaskrieg übertrafen sich beide Seiten in gegenseitiger Schuldzuweisung.

Bei den Kaliumproduzenten steht vorerst Aussage gegen Aussage. Außer Zweifel steht indes, dass das Klima seit Langem vergiftet ist.

Russen könnten wieder zugreifen

Ein Blick zurück erhellt. Gerade nämlich, als Weißrussland nach der mit teuren Wahlgeschenken erkauften Wiederwahl Lukaschenkos Ende 2010 in eine katastrophale Wirtschaftskrise schlitterte und dieser händeringend nach Geld suchte, witterte Russland die Chance, über eine Privatisierung Zugriff auf Belaruskali zu erhalten. Das hatte auch politische Motive, schließlich ist Belaruskali eine der wichtigsten Geldquellen für Lukaschenko, den Russland gern gänzlich in Händen hätte. Uralkali-Chef Suleiman Kerimov bot 15 Mrd. Dollar (11,3 Mrd. Euro) für Belaruskali, Lukaschenko verlangte 30 Mrd. Dollar. Die Russen blitzten ab.

Dass sie nun durch den von Uralkali ausgelösten Preisverfall wieder zuschnappen könnten, ist eine der Vermutungen, die auf den Märkten kursiert. Man könnte die Versuche einer Akquisition von Belaruskali wieder aufgreifen, erklärte der Vertreter einer Investitionsgesellschaft, die auch in Uralkali investiert ist, gegenüber der Zeitung „Wedomosti“. Das schließt auch Andrej Schenk, Branchenexperte der Finanzgesellschaft „Investkafe“, nicht aus: „Aber Lukaschenko wird nicht billiger verkaufen, und wenn, dann nicht an die Russen“, sagt Schenk. „Und für Uralkali ist die jetzige Situation zu instabil, zumal sie sich in hohe Schulden stürzen müsste.“

Ob Belaruskali um seine Eigenständigkeit fürchten muss oder nicht: Eine Konsolidierung auf dem schon stark oligopolisierten Kaliummarkt sei nun der logische Schritt, so Uralkali-Chef Vladislav Baumgertner in einem Interview.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2013)

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