"Hexenjagd": Star-Ökonom Rogoff teilt gegen "linke Blogger" aus

Kenneth Rogoff
Kenneth RogoffImago/Christian Thiel
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Ab einer Verschuldung von 90 Prozent haben Staaten ein Problem, heißt es in Rogoffs viel zitierter Studie - allerdings hat sich ein peinlicher Rechenfehler eingeschlichen. Der US-Forscher steht dennoch zu den Kernergebnissen.

Wenige Studien erhalten so viel Aufmerksamkeit wie jene der Ökonomen Kenneth Rogoff von Carmen M. Reinhart: Während der Euro-Schuldenkrise war die von ihnen aufgestellte "magische Grenze" von 90 Prozent in aller Munde, ab der die Staatsverschuldung zum Problem für das BIP-Wachstum werden soll. (Zum Download der Studie). Allein: Vor einem halben Jahr stellte sich heraus, dass sich ein fataler Excel-Fehler eingeschlichen hatte. Kritiker der Sparpolitik reagierten mit Schadenfreude, der Nobelpreisträger Paul Krugman schrieb in einem Blog: "Einige von uns haben nie daran geglaubt".

"Das war ein Massaker"

Nun hat Ex-IWF-Chefökonom Rogoff im Wirtschaftsmagazin "Capital" erstmals umfassend auf die Vorwürfe reagiert - und seine Kritiker scharf angegriffen: "Das war keine Debatte. Das war eine haltlose persönliche Attacke, von Leuten mit einer starken politischen Agenda", sagte der Harvard-Ökonom im Interview. "Es gab keinen Kampf. Das war ein Massaker." Rogoff sprach von einer "Hexenjagd" und einem "orchestrierten Angriff von linken Bloggern und Lobbyisten".

Rogoff räumt den Rechenfehler zwar ein, verteidigt aber das Ergebnis. Der Fehler "war peinlich, aber er hatte keine große quantitative Bedeutung", verteidigt sich der Ökonom. "Der wichtigste Punkt ist, nach der ganzen polemischen Hitze, dass mein Kernergebnis steht: Sehr hohe Schulden sind verbunden mit niedrigerem Wachstum." Rogoff warnt davor, Defizite zu verharmlosen: "Wenn irgendjemand denkt, dass Rekordschulden in Ordnung sind, dann liegt er falsch. Die Geschichte lehrt das Gegenteil", so Rogoff.

Rogoff befürchtet "soziale Explosion" in Europa

In der Euro-Schuldenkrise rät er zu einem massiven Schuldenschnitt. "Ich muss den Deutschen leider sagen: Ihr werdet euer Geld nicht zurückbekommen, nicht alles", sagte Rogoff. "Je früher ihr einen großzügigen Deal macht, desto besser ist es." Rogoff bezog sich nicht nur auf Griechenland, sondern die "ganze Peripherie" - also auch Länder wie Portugal, Spanien und Irland. "Ich fürchte, es wird eine soziale Explosion geben, bevor diese Länder aus der Schuldenkrise wachsen."

(Red.)

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