Ungarn: Neues Gesetz gegen Banken

Ungarn, Viktor Orbán, Banken
Ungarn, Viktor Orbán, Banken(c) EPA (JULIEN WARNAND)
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Auf Österreichs Banken kommen neue Belastungen zu: Ungarn beschloss ein Gesetz zur Reduktion von Fremdwährungskrediten. Ärger gibt es für die Institute auch in Kroatien.

Budapest/Zagreb. Ungarns Premierminister Viktor Orbán diskutierte nicht lange. Er stellte den Banken ein Ultimatum. Bis Anfang November sollten die Kreditinstitute ihren Kunden einen günstigen Tausch von Fremdwährungskrediten in die nationale Währung Forint anbieten. Einen Großteil der Verluste, die dabei entstehen, sollten die Banken tragen. Die Finanzkonzerne präsentierten mehrere Alternativvorschläge, die von Orbán abgelehnt wurden. Schließlich verabschiedete das Parlament in Budapest am gestrigen Dienstag auf Antrag der Regierungspartei Fidesz ein neues Gesetz zur Reduktion von Fremdwährungskrediten.

Die von Orbán angeführte Fidesz-Partei verfügt im Parlament über eine Zweidrittelmehrheit und kann praktisch alle Gesetze im Alleingang beschließen.

Die Budapester Regierung führte bereits in der Vergangenheit Sondersteuern und andere Belastungen für die Banken ein. Dies kostete allein die österreichischen Institute über eine Milliarde Euro. Die Ungarn-Tochter der Raiffeisen Bank International verlor seit 2011 über eine halbe Milliarde Euro. Bei der Erste Bank summierte sich das Minus in Ungarn auf über 700 Millionen Euro. Die Bawag zog sich aus dem Land zurück. Österreichs Banken konnten am Dienstag die Belastungen durch das neue Gesetz noch nicht beziffern.

Banken machen hohe Verluste

Ungarn gehört zu jenen Ländern in Osteuropa, wo die Banken besonders viele Kredite in fremder Währung – meist in Schweizer Franken– vergeben haben. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise legte der Franken gegenüber der ungarischen Währung Forint um 70 Prozent zu. Viele Ungarn haben daher Probleme, ihre Darlehen zu tilgen.

Das neue Gesetz sieht vor, dass alle Kreditnehmer ab Anfang Dezember ihre Fremdwährungskredite zu einem günstigen Kurs umtauschen können. Bislang gab es eine solche Möglichkeit nur für Kreditnehmer, die mit ihren Ratenzahlungen mehr als drei Monate im Rückstand waren.

Der für den Umtausch gültige Kurs wurde von der Regierung mit 180 Forint pro Schweizer Franken und 250 Forint pro Euro festgelegt. Die Differenz zwischen dem Umtauschkurs und dem tatsächlichen Marktkurs wird auf ein Sammelkonto verbucht – die dafür anfallenden Zinsen teilen sich die Banken und der Staat je zur Hälfte. Außerdem sieht das neue Gesetz vor, dass die Finanzinstitute bis Ende April 2014 keine Zwangsversteigerungen durchführen dürfen.

Mit dieser Initiative möchte Orbán im Wahlkampf punkten. Im Frühjahr 2014 wird in Ungarn ein neues Parlament gewählt.

Unheil droht auch in Kroatien

Schlechte Nachrichten gibt es für die Banken auch in Kroatien. Nächste Woche will das Parlament in Zagreb ebenfalls ein Gesetz verabschieden, um Inhaber von Fremdwährungskrediten zu schützen. Demnach soll es gesetzlich fixierte Obergrenzen für die von den Banken festgelegten Zinsen geben. Die Institute sind darüber empört. Sie sehen darin eine Einmischung des Staates in den freien Wettbewerb. Der Europäische Bankenverband protestierte bei der kroatischen Regierung. Kroatischen Medienberichten zufolge befürchten die Banken Einbußen von 100 Millionen Euro.

Im Sommer verurteilte das Handelsgericht in Zagreb in erster Instanz acht kroatische Banken, darunter die Töchter von österreichischen Instituten. Demnach sollen die Banken bei der Vergabe von Fremdwährungskrediten „kollektive Interessen“ verletzt haben. Sie sollen die Kunden nicht zur Gänze über alle Risken aufgeklärt haben. Die Banken bestreiten das.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2013)

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