Wegen der neuen Regierung und der Regierungserklärung im Nationalrat wird der Vizekanzler nicht nach Brüssel reisen.
Der neue Finanzminister, Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP), wird weder bei der Sondersitzung der Eurogruppe Dienstagabend noch bei der außerordentlichen Tagung der EU-Finanzminister zur Finalisierung der Eckpunkte der Bankenunion am Mittwoch in Brüssel vertreten sein. Grund ist die soeben gebildete neue Regierung und die Regierungserklärung im Nationalrat.
Spindelegger wird auch nicht am Treffen der Europäischen Volkspartei am Tag des EU-Gipfels der Staats- und Regierungschefs Donnerstagvormittag in Brüssel vertreten sein, hieß es am Montag auf Anfrage der APA im Büro des Vizekanzlers.
Bankenabwicklung im Fokus
Die EU-Finanzminister werden am Mittwoch aller Voraussicht nach den Feinschliff unter den jüngsten Kompromiss zur Bankenunion setzen. Die zwei Hauptpfeiler sind die gemeinsame Bankenabwicklung, die schon beschlossen ist und ab November 2014 für 128 systemrelevante Banken der Eurozone gilt, sowie der bis zuletzt umstrittene Bankenabwicklungs-Mechanismus, der für 250 Institute in Kraft treten soll. Neben den Systembanken wird er auch für die grenzüberschreitenden Finanzinstitute herangezogen. Der ursprünglich dritte Pfeiler der Bankenunion, der gemeinsame Einlagensicherungsfonds, ist nicht mehr auf der Agenda. Stattdessen wird es nationale Einlagenfonds geben, die für alle 8000 Banken der EU Gültigkeit haben werden. Dieser Fonds soll zum Einsatz kommen, wenn bei der Schließung einer Bank die kleinen Einleger mit unter 100.000 Euro betroffen sind.
Der Abwicklungs-Mechanismus umfasst vor allem einen innerhalb von zehn Jahren aufzubauenden Abwicklungsfonds. Dieser wird in einer Art solidarischen Stufenbau angelegt, bis 2025 aus den 18 nationalen Abwicklungsfonds ein gemeinsamer europäischer mit auch gemeinsamer Haftung für europäische Banken erreicht wird. Diese schrittweise Solidarität bedeutet, dass im ersten Jahr einer Bankschließung noch 90 Prozent der Begräbniskosten aus dem betroffenen nationalen Abwicklungsfonds und die restlichen 10 Prozent aus den 17 anderen Fonds kommen. 2020 ist die Verteilung beispielsweise schon 50 zu 50 Prozent. Sowohl Abwicklungsfonds als auch die nationalen Einlagensicherungsfonds werden aus jährlich je 0,1 Prozent der gedeckten Einlagen einer Bank gespeist, also je ein Prozent in zehn Jahren. Allerdings zahlt nicht jede einzelne Bank ein Prozent, sondern es kommt zu einer Risikogewichtung, wobei Institute mit risikoreichen Anlagen einen höheren Risikofaktor erhalten.
Abwicklungsbehörde noch unklar
Der Abwicklungsmechanismus beinhaltet neben dem Fonds auch eine Abwicklungsbehörde. Wie genau sich diese zusammensetzt, ist noch nicht völlig geklärt. Zuletzt hieß es, dass neben den 18 nationalen Aufsichtsbehörden und einem Vertreter der EZB auch ein Entscheidungsgremium aus fünf vom Rat gewählten Mitgliedern diesem Board angehören soll. Dieses Gremium soll seine Lösung für eine Bankschließung der EU-Kommission mitteilen, und wenn sich diese nicht innerhalb einer Frist dagegen ausspricht, muss sie umgesetzt werden. Andernfalls habe der Rat, also die Staaten, zu entscheiden. Das Vetorecht der Kommission wurde bisher von Deutschland abgelehnt.
Die genauen Regeln im Fall einer Abwicklung - also der Rechtsrahmen - soll ab 2015 stehen. Dabei geht es um die sogenannte "Haftungskaskade". Für die ersten acht Prozent einer Bilanzsumme ist das "bail-in" zuständig - das heißt, zunächst müssen die Aktionäre, dann die Anleihenbesitzer und dann die Einleger über 100.000 Euro herangezogen werden. Die nationalen Abwicklungsfonds kommen erst danach ins Spiel - sie sollten für maximal fünf Prozent der Bilanzsumme geradestehen müssen.
(APA)