Detroit: Das vorletzte Paradies der Autobauer

(c) REUTERS (REBECCA COOK)
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Mehr als 50 neue Modelle wird die Autoindustrie bei der Messe in Detroit heuer vorstellen. Die USA sind nach China der letzte große Hoffnungsmarkt für Wachstum.

Detroit. Auf die Amerikaner ist Verlass: Wenn sie Geld haben, dann geben sie es aus. Wenn es wenig ist, für neue TV-Geräte, wenn es viel ist, für neue Autos. Und es ist dank sinkender Arbeitslosigkeit und besserer wirtschaftlicher Aussichten recht viel: Im vergangenen Jahr legten die Autokäufe in den USA um acht Prozent auf 15,6 Millionen Neuwagen zu. Heuer sollen sie weiter steigen und mit 16,4 Millionen Stück fast wieder das Niveau von vor der Wirtschaftskrise erreichen.

Damit sind die USA das vorletzte Paradies für die Autobauer, die in Europa mit sinkenden Absatzzahlen zu kämpfen haben. Der Traum ist weiterhin China, der größte Automarkt der Welt mit stetigem Wachstum.

Zur Automesse in Detroit, die gestern begonnen hat und zwei Wochen dauert, fährt man also alles auf, was den Amerikanern weiteres Geld aus der Tasche locken könnte: Ford stellt einen überarbeiteten Pick-up vor – im Mittleren Westen der USA so etwas wie der Golf in Europa –, Mercedes präsentiert die neue C-Klasse, und Volkswagen plant einen neuen Geländewagen, um den steten Durst der US-Amerikaner nach großen Autos, den der aktuelle Touareg nicht stillen kann, zu befriedigen.

Mehr als 50 neue Automodelle werden die Hersteller in den kommenden Tagen in Detroit präsentieren, früher einmal das Zentrum der Automobilwelt, heute eine Stadt in der Pleite, die unter den Produktionsverlagerungen und den Änderungen bei den „großen drei“ der USA (GM, Chrysler, Ford) gelitten hat. Die meisten Modelle sind nur für den amerikanischen Markt gemacht und werden außerhalb der USA gar nicht angeboten – oder sind in erster Linie für den US-Markt konzipiert.

Mercedes mit plus 14 Prozent

Die neue C-Klasse von Mercedes etwa, die in der Nacht auf Montag vorgestellt wurde. Die USA seien der wichtigste Markt für das Modell, erklärte Daimler-Chef Dieter Zetsche. Das neue Modell – sportlicher, leichter, günstiger im Verbrauch – soll den Höhenflug der Deutschen fortsetzen: 2013 konnte Mercedes seine Absätze in den Vereinigten Staaten um 14 Prozent steigern. Damit kam jedes fünfte in den USA verkaufte Premium-Auto von Mercedes.

Auch BMW kann mit sich und den USA zufrieden sein. Die Bayern verkauften um neun Prozent mehr Autos als noch 2012. Die absoluten Zahlen zeigen freilich noch viel Potenzial nach oben: 463.000 Pkw der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce wurden neu zugelassen. Insgesamt verkauften die Münchner im vergangenen Jahr 1,964 Millionen Fahrzeuge – so viel wie nie zuvor in der Firmengeschichte. Zu verdanken hatte man das in erster Linie China, Russland, den USA und Brasilien.

VW, der größte deutsche und weltweit drittgrößte Autohersteller (nach Toyota und GM), plant in den USA massive Investitionen. Firmenchef Martin Winterkorn kündigte Investitionen von mehr als 5,2 Milliarden Dollar in Nordamerika in den kommenden fünf Jahren an. Ein Teil davon geht in die Neuentwicklung eines SUVs: Der Siebensitzer soll ab 2016 in den USA erhältlich sein. Das neue Modell und ein neuer, spezieller Golf, „Made in North America“, sollen helfen, die ehrgeizige Ziele Winterkorns zu erreichen: 2018 sollen in den USA eine Million Autos der Marken Volkswagen und Audi abgesetzt werden.

Die deutschen Autobauer schrieben in den USA in den vergangenen Jahren eine beachtliche Erfolgsgeschichte: Jeder achte verkaufte Neuwagen kommt mittlerweile aus Deutschland, im Premiumsektor ist es bereits jeder zweite.

Pick-up aus Aluminium

Überarbeitet präsentiert sich in Detroit der Golf der USA, der Ford F-150. Der Pick-up führt seit 32 Jahren die Liste der meistverkauften Autos an und ist für Ford das wichtigste Modell. Die Neuerung ist daher eine gewagte und auch radikale: Man wendet sich von der Stahlkarosserie ab, der neue F-150 besteht zu größten Teilen aus Aluminium. Dadurch wird er um 320 Kilogramm leichter und erfüllt künftige Verbrauchsvorschriften.

Viel Aufregung gab es um Toyota, das die Sportwagenstudie FT-1 vorstellte. Zum Auto, dessen Vorlage der legendäre 2000GT ist, gibt es noch keine genauen Daten, er wird aber als Porsche-Jäger beschrieben. (ag./red.)

Auf einen Blick

Die Automesse in Detroit hat am Montag für das Fachpublikum begonnen und dauert bis 26. Jänner. Die Show ist eine der wichtigsten der Autobranche, mehr als 50 neue Modelle sollen präsentiert werden. Dank besserer Wirtschaftsdaten kaufen die US-Amerikaner wieder mehr Autos, heuer werden es laut Experten 16,4 Millionen sein. Einige der größten Profiteure sind die deutschen Autobauer, allen voran Mercedes und BMW.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2014)

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